Großartige Zahlen! Meine eigenen Erwartungen waren schon recht hoch und wurden trotzdem übertroffen.
Summiert man den Gewinn pro Aktie der letzten 4 Jahre ist man über den heutigen Kursen (13,39 + 9,34 + 12,18 + 7,11 = 42). Sowas findet man wohl kein zweites mal. Das der Kurs trotzdem zwischen 30 und 40 feststeckt muss man wohl hauptsächlich mit der Unbekanntheit des Unternehmen und der niedrigen Liquidität erklären. Für institutionelle Anleger ist die SWU dadurch schlichtweg keine Option, dadurch lässt sich der aus meiner Sicht große Unterschied zwischen Wert und Preis des Unternehmens erklären. Es sollte jedoch nur eine Frage der Zeit sein bis der Preis (der Aktienkurs) hier nachzieht.
Nachfolgend habe ich ein paar Punkte zu den Zahlen und ein paar generelle Punkte kommentiert. Würde mich über anderen Meinungen und Feedback freuen.
Negative Aspekte:
Politische Lage
Sucht man nach weiteren Gründen für aktuelle Abschläge beim Kurs, dann spielt sicher die (geo-)politische Lage eine Rolle:
- Die Politik von Viktor Orban könnte zu Kürzungen von EU Fördergeldern oder sogar einem EU-Austritt Ungarns führen. Für mich kein ganz unrealistisches Szenario.
- Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine hat die gesamte osteuropäische Region inklusive Rumänien und Ungarn stark destablisiert.
Verschuldung
Die (nominelle) Verschuldung konnte nicht reduziert werden, was im Umfeld steigender Zinsen zunehmend Auswirkungen auf zukünftige Ergebniss haben wird:
- Langfristige Verschuldung gleichbleibend bei ~43 Mio
- Kurzfristig Verbindlichkeiten von 22 auf 32 Mio gestiegen (Forderungen aus Lieferungen und auch Verbindlichkeiten aus Lieferungen sind jeweils um 10 Mio gestiegen, das könnte man also wohl gegenrechnen - somit gleichbleibende Schulden)
Zinsrisiko
Aktuell bezahlt man ungefähr 1 Mio. Euro pro Jahr. 31,8 Mio der langfristingen Schulden wurden in EUR aufgenommen, 6,5 Mio in Forint. Der Leitzins in Ungarn ist mittlerweile schon auf über 4% angestiegen, im Euroraum könnten mittelfristig auch kleinere Anhebungen anstehen. Denke die Kosten für den Zinsdienst werden somit mittelfristig steigen, wie stark kann ich nicht einschätzen.
Wechselkursrisiko
Das Jahresergebnis 2021 war begünstigt durch weniger schlechte Wechselkursänderungen (Forint betreffend) als in den Jahren davor. Wie das im Jahr 2022 aussehen wird ist unsicher, die Zinserhöhungen in Ungarn sollten hier stabilisierend auf den Forint Kurs wirken.
Positive Aspekte:
Operatives Geschäft
Die Stabilität in den Ergebnissen der letzten 4 Jahre zeigt das man mittlerweile hervorragend(!) aufgestellt ist. Gute Ergebnisse sind keine Überraschungen oder Ausreißer mehr, sondern man kann konstant auf hohem Niveau performen.
Gute Materialversorgung
Laut Bericht ist man von "keinerlei Lieferschwierigkeiten oder der weltweiten Rohstoffverknappung betroffen". Auch die "vorausschauende Einkaufsplanung und die Aufstockung unserer Lagerbestände" war positiv. Hier ist man scheinbar wirklich gut aufgestellt.
Umsatzwachstum
Ob dies in erster Linie auf vergangenen Kapazitätserhöhungen oder die Fähigkeit Preiserhöhungen an die Kunden weiterzubegen zurückzuführen ist weiß man zwar nicht. Beides wäre jedoch positiv.
Anziehendes Fördervolumen
Mehrfach wird darauf hingewiesen das zu Beginn von Förderperioden (aktuelle EU-Förderperiode 2021 –2027) sehr wenig abgerufen wird. Hier sind also im Laufe der nächsten Zeit mehr und mehr positive Impulse für das operative Geschäft zu erwarten. Das Tiefbau Geschäft könnte demnach potentiell aufkommende Schwächen im Hochbau abfedern.
Positiver Ausblick
Während man in vergangen Jahren immer sehr konservative Aublicke gegeben hatte ist der Ausblick diesmal überraschend positiv. Für mich bedeudet dies, dass im Normalfall, also wenn keiner der oben erwähnten negativen Risiken stark zuschlägt, die Erfolgsgeschichte weitergehen wird.
Insider Käufe
Das Management hat zu Kursen von 42 große Mengen nachgekauft. Sie werden wissen warum.
Negativer Realzins
Im aktuellen Umfeld historisch fast noch nie dagewesen hoher negativer Realzinsen werden die nach wie vor hohen Schulden real immer stärker verwässert. Es gibt also schlimmere Zeiten als die jetzige um hohe Schulden zu haben. Alle Immobilienbesitzer mit (fix verzinstem) Kredit freuen sich gerade, nichts anderes ist es auch hier bei der SW.
Neutrale Aspekte:
Investementoffensive
In den nächsten drei Jahren sollen insgesamt 30 Millionen in Erweiterungen und eine Digitalisierungsoffensive gesteckt werden. Das wären nochmal höhere Investitionen als in den vergangenen Jahren.
Zusätzlich zu diesem organischen Wachstum wird außerdem über Akquisitionen nachgedacht wobei mir nicht klar ist ob diese in diesem 30 Mio Budget schon inkludiert wären oder nicht.
In einem Umfeld potentiell steigender Zinsen 10 Mio pro Jahr in organisches Wachstum zu stecken und (zusätzlich?) auch noch an Übernahmen zu denken ist sicher sehr aggresiv.
Persönlich wäre mir ein etwas konservativeres Vorgehen lieber, aber ich vertraue dem Management hier voll und ganz die richtigen Entscheidungen zu treffen und Chancen zu erkennen.