Anleger haben mit dem alten Börsenjahr mental noch nicht abgeschlossen
Stimmungsindikator zum DAX-Index17. Januar. Die Nachricht des Deutschen Aktieninstitutes (DAI), das gestern den niedrigsten Stand an heimischen Aktionären seit 1999 verkündet hat, relativiert so manche Annahme, die zu Beginn dieses neuen Börsenjahres kundgetan wurde. Beispielsweise, dass die Hausse 2006 „die Deutschen spürbar reicher gemacht“ hätte. Für die breite Masse scheint dies nicht zuzutreffen, zumal ein Großteil der Fondsbranche mit der Performance des DAX® kaum mithalten konnte. Außerdem haben viele Investoren im vergangenen Jahr abgesicherte Anlageformen und risikoärmere Märkte bevorzugt. Es ist sicherlich ebenso wenig angebracht, allen deutschen Anlegern den Genuss eines glänzendes Börsenjahres zu unterstellen, wie davon abzuleiten, dass jeder guter Stimmung und frohen Mutes ins neue Börsenjahr gestartet ist. Das Rennen scheinen überwiegend andere gemacht zu haben.
Auch bei den von der Börse Frankfurt befragten Investoren ließ sich lediglich gegen Ende des vergangenen Jahres ein erwähnenswerter Optimismus feststellen. Dieser wurde zudem teuer erkauft, nämlich zu DAX-Kursen von deutlich über 6.000 Punkten. Während des Aufschwungs gab es immer wieder Hinweise darauf, dass ausländische Investoren die fehlende Zuversicht der heimischen Anleger ausgleichen. Deshalb überraschte es uns nicht, dass sich gleich zu Beginn des neuen Jahres eine Vielzahl der Händler wieder von ihrer optimistischen Jahresendhaltung verabschiedet haben – auch wenn in der jüngsten Erhebung ein Teil der Bären wieder umgeschwenkt ist. Die Parallelen zur Situation vor einem Jahr werden indes immer deutlicher.
Wir vermuten, dass auch diesmal der Jahreswechsel keine durchschlagende bzw. klärende Wirkung brachte. Die Händler scheinen wieder keinen echten Schnitt gemacht zu haben, sondern sind in Gedanken noch zu sehr mit der Entwicklung des alten Börsenjahres verflochten. Die Handelskonten sind mental nicht wirklich bereinigt worden, Transaktionen, Probleme und verpasste Chancen wirken scheinbar immer noch nach. Analysten machen mit ihren zurückhaltenden Prognosen einen ähnlichen Eindruck. Je länger die Hausse anhält, desto größer schätzen sie die Gefahr einer Kurskorrektur ein. Etwas, worauf viele schon im zweiten Halbjahr vergebens gewartet haben.
Die Stimmung der Akteure ist nach wie vor enttäuschend – trotz der geringfügigen Verbesserung gegenüber der Vorwoche. Die leichte Aufhellung ist lediglich auf eine Hand voll Short-Eindeckungen zurückzuführen. Die neuen Höhen, die der DAX zu Wochenbeginn erklommen hat, werden noch gar nicht honoriert. Damit nimmt das Dilemma des letzten Jahres weiter nahtlos seinen Lauf. Der DAX gibt sein Bestes, aber immer noch profitieren davon mehrheitlich andere, unseres Erachtens nach langfristig operierende, ausländische Adressen. Unter diesen Umständen lassen starke Korrekturen sicher noch eine Weile auf sich warten, während eine Short-Squeeze immer noch ein bedrohliches Szenario für alle Pessimisten darstellt.
Gianni Hirschmüller, cognitrend
Quelle: boerse-frankfurt.com/pip/dispatch/de/...x_sentiment_070117.htm