Noch kein Ende beim Zinszyklus absehbar
Von Carsten Stern, FXdirekt Bank AG
„Nachtigall, ick hör' dir trapsen“, würde wohl ein waschechter Berliner zur Andeutung von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagen, den Leitzins in der Euro-Zone im Dezember von aktuell 3,25 auf 3,50 Prozent anheben zu wollen. Wie Trichet betonte, lasse die EZB mit Blick auf die Inflationsrisiken „hohe Wachsamkeit“ walten. Mit dieser Formulierung hat er zuletzt stets eine Zinserhöhung im Folgemonat angekündigt. Seit Dezember 2005 hat die EZB den Zinssatz in fünf Schritten zu je 25 Basispunkten um insgesamt 1,25 Prozentpunkte erhöht. Der jetzt angekündigte Zinsschritt ist daher am Devisenmarkt keine Überraschung.
Rätselraten gibt eher die Haltung der EZB auf, nur diffuse Signale über den Zinskurs im nächsten Jahr zu setzen. „Wir werden tun, was immer nötig ist, um Preisstabilität zu sichern“, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet salomonisch und verwies wiederholt auf die Dezembersitzung, bei der die EZB erstmals Inflations- und Wachstumsprognosen ihrer Volkswirte für 2008 veröffentlichen wird. Damit hält sich die EZB die Option für weitere Zinserhöhungen über den erwarteten Dezemberschritt hinaus offen. Die Zentralbank lässt sich gerne ein zinspolitisches Hintertürchen offen. Verstärkt wird diese Haltung derzeit durch die gestiegene Unsicherheit über den weiteren Verlauf der US-Konjunktur.
Die Weigerung, den Märkten eine Richtung zu zeigen, legt nahe, dass es im Rat immer noch eine lebhafte Diskussion über den richtigen Kurs der Geldpolitik gibt. Trichet hofft offenbar, bei der Dezembersitzung eine Art Konsens zu finden. Tatsächlich geht die EZB bislang noch davon aus, dass trotz des Rückgangs der Inflation im September und Oktober die Teuerung 2007 über dem EZB-Ziel von zwei Prozent verharren wird. Der EZB-Chef sagte aber auch, dass der Leitzins immer noch niedrig sei und die Geldpolitik die Wirtschaft weiter ankurble. Wenn sich die Erwartungen der Bank zu Konjunktur und Inflation bestätigten, müsse die stimulierende Wirkung weiter zurückgenommen werden.
Das spricht eher für weiter steigende Leitzinsen in Euroland und lässt den Euro gegenüber dem US-Dollar kräftig an Boden gutmachen. Schafft die Gemeinschaftswährung nun auch den nachhaltigen Sprung über die 1,28er-Marke, ist auch charttechnisch der Weg nach oben frei. Ob es in diesem Anlauf gelingt, ist keinesfalls sicher. Die Chancen stehen angesichts zu erwartender anhaltend schwacher US-Konjunkturdaten aber nicht schlecht.
Gruss Ice
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Börsengewinne sind Schmerzengeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld...(A.K.)