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Elektromobilität wird uns nicht das Licht ausblasen, sondern das Portfolio ergänzen, sagt Claus Sauter, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Vereinigte BioEnergie AG (Verbio). Den Sohn eines Bauern aus Bayern zog es schon 1991 nach Ostdeutschland. Mittlerweile ist das Unternehmen des Diplom-Kaufmanns mit Sitz im sachsen-anhaltinischen Zörbig einer der größten Biokraftstoffhersteller Deutschlands.
Für den damals 22-jährigen Studenten eröffneten sich mit der Wiedervereinigung ungeahnte Möglichkeiten. Er wollte weg aus Bayern. Erstens wegen der CSU, weil in Bayern nichts ging ohne CSU. Zweitens haben wir damals einen massiven Arbeitskräftemangel gehabt. Ganz anders war die Situation in Ostdeutschland.
Dort hat Sauter motivierte und engagierte Mitarbeiter gefunden: Eigentlich hatte man einen Teil Deutschlands für mich konserviert. Da hatte ich jetzt die gleichen Bedingungen wie mein Vater nach dem Krieg. Hinzu kamen die Fördermittel, die Unternehmern in Aussicht gestellt wurden, sodass der gebürtige Obenhausener von einem home run spricht.
Als Biokraftstoffhersteller setze Verbio insbesondere auf nachwachsende Rohstoffe aus regionaler Landwirtschaft, die im Nahrungsmittelbereich nicht benötigt würden. So bestehe der Biodiesel aus 85 bis 90 Prozent Rapsöl: Die Hälfte des Rapses, der heute in den neuen Bundesländern wächst, fließt durch unsere Anlagen.
Das kritisierte Palmöl werde aktuell nicht verwendet, allerdings fordert Sauter strengere Herkunftsregeln für die Rohstoffe. Wäre Palmöl günstiger als Raps, müsste auch er auf Palmöl setzen, um konkurrenzfähig zu bleiben und seinen Mitarbeitern nicht kündigen zu müssen, glaubt Sauter. Ihm zufolge müsse die Politik genauer definieren, welche Rohstoffe für die Herstellung von Biokraftstoffen infrage kämen.
Die Politik soll nur die Spielregeln festlegen
Mit Kritik an der aktuellen Politik spart Sauter nicht: Dieser Pfad, der im Moment in der Mobilität eingeschlagen wird, ist kein technologiegetriebener, sondern ein politikgetriebener Pfad. In dieser kompromisslosen Variante ist das definitiv ein Fehler.
Außer Frage stehe für ihn, dass Elektromobilität für innerstädtische Individualmobilität Sinn ergebe, aber im Transportwesen sehe er das anders: Ich bin der festen Überzeugung, dass man Biokraftstoffe braucht. Er lehnt Subventionen ab, da sie die Innovationskraft unterdrückten. Stattdessen soll die Politik bitte nur das Ziel vorgeben und die Spielregeln festlegen.
Einst hat der heute 53-Jährige Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Augsburg studiert, denn nur die Betriebswirtschaft, die hilft nicht. Du musst wissen, wie die Menschen ticken. Entschlossenheit sei eine Kerneigenschaft für Unternehmer: Es ist wichtig zu entscheiden und zwar schnell und fundiert. Dann ist es auch egal, wenn mal eine falsche Entscheidung dabei ist. So habe die Verbio AG gleich zu Beginn der Corona-Krise das eigene Portfolio erweitert: Wir haben die Ethanol-Anlagen umgestellt und produzieren im Moment Desinfektionsmittel.
Die Umstellung sei alles andere als ein Kinderspiel gewesen. Dazu waren ganz schnell eine Reihe von Umbauten und eine ganz andere Fahrweise an der Anlage notwendig. Vor allem das Forschungs- und Entwicklungsteam habe ganze Arbeit geleistet. Ohne engagierten Techniker und unsere F&E Abteilung würde es uns schon lange nicht mehr geben, sagt der Wahl-Leipziger.
Auch nach Corona werde Verbio die Produktion von Desinfektionsmitteln nicht einstellen, sagt Sauter. Er möchte Verbio unabhängig vom Kraftstoffmarkt aufstellen. 50 Prozent seines Gewinns will er außerhalb der Biokraftstoffsparte erwirtschaften. Dabei sagt der begeisterte Skifahrer und sechsfache Vater: Mein Hobby ist meine Firma, der beste Platz auf der Welt ist hier in meinem Büro. Thilko Gläßgen
Vier Fragen an Claus Sauter:
1. Welches Auto kaufen Sie als nächstes?
Keines, mir reicht das Auto, das ich habe. Wenn ich keine Frau hätte, hätte ich schon längst kein Auto mehr. Die Kiste steht sowieso 90 Prozent der Zeit herum, das ärgert mich, also versuche ich, keines mehr zu kaufen, denn ein Auto braucht kein Mensch in der Großstadt.
2. Wie halten Sie es mit dem Fliegen?
Ich fliege nur dorthin, wo es nicht anders möglich ist, beispielsweise in die USA und nach Asien, weil ich es nicht so machen kann wie Frau Thunberg mit dem Boot. Was ich zum Beispiel jetzt klasse finde: Früher hieß es, man müsse einen Termin ausmachen, heute geht alles per Skype. Ich bin daher ein riesiger Skype-Fan, denn wenn man die Zeit berechnet, die man für diese Reiserei aufwendet, dann ist so ein Skype-Gespräch viel besser und 90 Prozent der Termine lassen sich per Skype abwickeln.
3. Wer gibt in der Mobilitätsbranche das Tempo vor?
Die Politik.
4. Wo würden Sie gerne das Rad neu erfinden?
Wenn das Rad schon erfunden ist, brauche ich es nicht neu zu erfinden. In der Mobilitätsbranche gibt es ein paar Dinge, die ich empfehle, und ich bin mir sicher, dass sie kommen werden, nur die Frage ist: Wann hört mir mal einer der wichtigen Politiker zu?