Ob ich das alleine denke oder nicht, ist irrelevant, Wahrheit und Mehrheit verhalten sich ja nicht immer proportional zueinander. Irgendwie werde ich auch den Eindruck nicht los, dass Du das Management überhaupt nicht magst, aber das ist ja Dein gutes Recht. Nur für Wacker ist das aktuelle Management nicht das erste und sicher auch nicht das letzte. Ich gebe Dir aber Recht, das Fehler gemacht wurden, als Aufsichtsrat würde ich auch dafür sorgen, dass die Vorstände, die nicht an die eigene Arbeit glauben (also die, die massiv eigene Aktien verkaufen) sich einen neuen Job suchen müssen.
Ob Tennessee eine Fehlentscheidung war, wird sich am Ende des Investitionszyklus' herausstellen. Du unterstellst, dass die höheren Margen höchstwahrscheinlich (!) wegen der Langfristverträge gemacht wurden. Umkehrschluss: Wieso schließt Du aus, dass Wacker kostengünstiger als andere produziert? Wie realistisch die im Internet veröffentlichten internen Herstellkosten eines Konkurrenten sind, vermag ich nicht zu sagen. Bei allen Firmen mit denen ich bisher zu tun hatte, waren diese meist ein sehr gut gehütetes Geheimnis, also Frage ich mich wieso REC die 11,5$/kg mal so rausposaunen sollte, falls sie wirklich stimmen und keine andere Absicht dahintersteht.
Dass Dr. Staudigl zum Pricing von Wacker öffentlich nichts sagt, erst recht nichts gegenüber einem Analysten, der aus chinesischen Statistiken zitiert, gibt bei mir einen Bonus für ihn, keinen Malus.
Aber zurück zur Sache: Warum denke ich, dass Wacker effizienter Produzieren kann als die Konkurrenten und auch in Zukunft mit polykristallinem Silizium Geld verdienen wird?
1. Aktueller Quartalsbericht, Seite 15 unten: "Wir sind zuversichtlich, dass der Photovoltaikmarkt weiter wachsen wird und wir am Ende von der Konsolidierung in diesem Markt dauerhaft profitieren werden. Denn WACKER zählt in diesem Geschäft zu den Qualitäts- und Kostenführern." Viele machen bei der Nachfrageprognose den Fehler, nicht über den Tellerrand raus zu schauen. Jüngst hatte ich in einem Interview mit dem neuen RWE-CEO gelesen, dass er Photovoltaik im südlichen Europa schon jetzt für konkurrenzfähig hält. Und RWE ist sicher kein Solar-Lobby-Mitglied. Wie verhält es sich in Wachstumsregionen ohne leistungsfähiges Hochspannungsnetz? Ist dort nicht eine wachsende Nachfrage nach dezentralen Energieerzeugungsmöglichkeiten zu erwarten? Bitte nicht Deutschland in der Abschätzung des globalen Marktes übergewichten.
2. Historie im Geschäft: Wacker hat schon monokristallines Silizium produziert, als die polykristalline Solarzelle noch gar nicht erfunden war und die heutigen Konkurrenten noch nicht mal über polykristallines Silizium nachgedacht hatten. Wacker ist auf der Lernkurve (Produktionsabläufe und -kosten) viel weitere als andere.
3. Globales Produktionsnetz erlaubt flexible Reaktion auf sich ändernde Bedinungen (Arbeits- und Energiekosten, lokale politische Rahmen) und lokale Produktionspräsenz fördert enge Kundenkontakte und verringert das Risiko politischer Benachteiligung.
4. Produktion in den USA, dem Land in dem Energie und damit der Kostentreiber in der Polyproduktion fast nichts kostet. Dort wird ein Werk nach modernsten Maßstäben gebaut mit den Erfahrungen aus vielen Jahren Produktion von polykristallinen Silizium. Wieso Du gerade dieses Werk schon vor der Fertigstellung für ineffizient hältst, erschließt sich mir nicht.
Jetzt bitte ich um Argumente, warum Du glaubst, dass andere Produzenten niedrigere Fixkosten haben als Wacker. Bisher kam als Argument immer nur der niedrige Spotmarktpreis. Das bestreitet ja auch niemand, aber es ist ein Markt- und kein Unternehmenskriterium.
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Nur meine Meinung, keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung