| | | Eckart John von Freyend | |
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Eckart John von Freyend wehrt ab. Nein, über seine Person werde er nichts sagen. Unwichtig, außerdem sei er sowieso langweilig. Streng blickt der Grauhaarige durch seine randlose Brille und verschränkt die Arme vor der Brust. Beinahe verärgert ist der IVG-Chef über das Interesse an seiner Person. Als verrate schon die Frage danach, dass man ihn verkennt. "Ich bin mehr sachorientiert", sagt er kurz. Seine Sache - das ist seit knapp neun Jahren die Bonner IVG. Der einst staatliche Gemischtwarenladen ist heute Deutschlands größter börsennotierter Immobilienkonzern. Es war John von Freyend selbst, seinerzeit im Finanzministerium für die Privatisierung zuständig, der die Industrieverwaltungsgesellschaft in die volle Freiheit entließ. Er selbst folgte wenig später.
Staatliche Wurzeln gekappt
Heute erinnert nur noch das Kürzel an die staatlichen Wurzeln. MDax-gelistet beglückt der Konzern seine Anleger trotz Branchenkrise regelmäßig mit Rekordergebnissen. " Solide gemanagt", lautet das Lob der Analysten. Wenn die IVG nicht wäre - das gibt auch die Konkurrenz neidvoll zu -, Aktionäre hätten längst den Glauben an die Zukunft der deutschen Immobilienaktie verloren.
Dass es ausgerechnet einem ehemaligen Staatsbeamten und langjährigen Verbandsfunktionär gelingt, den staubigen Bundeskonzern zu entrümpeln, ist kein Widerspruch. Eher schon ein konsequentes Finale für den heute 61-Jährigen, der einer preußischen Adelsfamilie aus Offizieren und Beamten entstammt.
Eine Familie von Staatsdienern, deren Ethos und preußische Staatsphilosophie den Wertekanon Eckart John von Freyends prägen: Nicht mehr Staat als nötig. Statt sich überall einzumischen und sich damit zu überfordern, soll der Staat sich beschränken und seinen Bürgern mehr Freiheit lassen. Pflichterfüllung heißt nicht Dienst nach Vorschrift, sondern harter Einsatz, Ehrgeiz, Disziplin.
Pflichterfüllung ist für ihn harter Einsatz, Ehrgeiz, Disziplin
Ein Verständnis, das heute wenige Beamte ziert, aber fast alle Unternehmer. Wenig verblüffend also, dass John von Freyend problemlos in der Wirtschaft reüssieren kann. Schwer fällt ihm der Wechsel vom Finanzministerium an die Spitze der IVG denn auch nicht. "Ich war ja vorher auch nicht Beamter geworden, um in begüterten Verhältnissen zu leben, sondern um einen kleinen Beitrag zur Wiedervereinigung zu leisten." 1990 war das, als John von Freyend der Ruf des Ministeriums ereilte.
Damals hat er gerade den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verlassen. Fast 20 Jahre ist er im Verband, davon fünf als Mitglied der Hauptgeschäftsführung. Als ein Staatssekretär der Bundesregierung neuer Vorsitzender wird - und nicht John von Freyend -, nimmt er seinen Hut. An Posten klebt er nicht. Sein Plan: in den gemeinsam mit seinen Brüdern gekauften Verlag "Deutscher Wirtschaftsdienst" zu wechseln.
Genau in die Umbruchphase fällt der Anruf von Manfred Lennings. Der ist Mitglied im Verwaltungsrat der Treuhand und drängelt. Die Aufgabe im Verlag könne doch warten, aber die Wiedervereinigung ... da käme es auf jeden Tag an. John von Freyend möge doch mal im Finanzministerium vorbeischauen. Und das bitte schnell.
Die Sache eilt. Theo Waigel ist in Not. Kaum hat der Finanzminister die für Privatisierung zuständige Abteilung 8 seines Hauses dicht gemacht, fällt dem Bund der gesamte Unternehmensbestand der DDR vor die Füße. Die Aufgabe soll John von Freyend übernehmen.
Der Treuhand den Rücken freigehalten
Der hatte schon auf Seiten des BDI die Privatisierung der großen Staatsunternehmen Bahn und Post vorbereitet. Man kennt sich. John von Freyend grübelt eine Nacht und entscheidet, dem Ruf der Pflicht zu folgen: "Das Gefühl war, wenn du einen Beitrag zur Wiedervereinigung leisten kannst, dann machst du es halt." Waigel überträgt ihm die Verantwortung für die Rechts- und Fachaufsicht über die Treuhand und für die Privatisierung der Staatsbeteiligungen in den alten Ländern. Im November 1990 ist John von Freyend damit sozusagen Deutschlands Chefprivatisierer im Ministerium.
"Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass ich Beamter werde. Aber diese Aufgabe hatte auch nichts mit dem Beamtendasein zu tun, wie man es sich normalerweise vorstellt." Von morgens um sieben bis abends spät wird geschuftet, John von Freyend holt junge Anwälte und Wirtschaftsprüfer ins Haus. Seine Maxime: Der Treuhand den Rücken so weit wie möglich frei halten.
Sein Pflichtverständnis stößt nicht überall auf Gegenliebe. John von Freyend lasse der Treuhand allzu freie Hand, heißt es. In Untersuchungsausschüssen muss sich der Ministerialdirektor gegen den Vorwurf zur Wehr setzen, seine Aufsichtspflicht zu vernachlässigen. Doch der Schlachtenlärm lässt ihn kalt: "Da konntest du nur sagen, da bist du hingestellt und tust Deine Pflicht, und das war’s."
Nach fünf Jahren war’s das. Beitrag geleistet, Pflicht erfüllt. "Die Aufgaben der Treuhand waren weitgehend beendet und ich fühlte mich frei für Neues." Der Sprung in die freie Wirtschaft ist für den Ex-Funktionär und Ex-Beamten kein Muss, aber die Chance bietet sich schnell.
Die neue Freiheit nutzen
"Ich wurde gefragt, ob ich nicht mithelfen wollte, die neu gewonnene Freiheit der IVG auch zu nutzen." Er wollte. Und nutzte. Gemeinsam mit der Unternehmensberatung Boston Consulting Group durchleuchtet John von Freyend die Bundesgesellschaft und findet. Viel von allem und nichts Richtiges. Aus dem Chaos zimmert der Vorstand drei Geschäftsfelder: Logistik, Facility Management und Immobilien. Keine zwei Jahre hält die Struktur, dann ist klar: Einzig die Immobilien bleiben. Die Logistik fliegt raus und das Facility Management hinterher. Was muss, das muss.
Der autoritäre Entscheidungsstil des Ex-Ministerialdirektors bleibt nicht ohne Widerstand. Zwei Vorstände ergreifen die Flucht, der Betriebsrat begehrt auf. Wenig kollegial, heißt es damals, sei der IVG-Chef. Kritik, die der nicht gelten lässt. "Ich bemühe mich um kollegialen Führungsstil. Aber ab und zu muss man eben sagen, da geht’s lang. Der Umbau eines Konzerns findet ja nicht bei Kaffee und Schlagsahne statt." Ja, Probleme habe es gegeben, personell. "Also was heißt Probleme, da musste eben entschieden werden."
Der Erfolg gibt ihm Recht
John von Freyend hat entschieden. Der Erfolg gibt ihm Recht. Noch läuft sein Vertrag, aber "wir wissen doch alle, dass wir täglich gekündigt werden können". Es braucht nur ein US-Fonds zu kommen, die Mehrheit der Aktien übernehmen - und die Karten werden neu gemischt.
Kein reines Gedankenspiel (Den Begriff prägte mal Vorbeieilender!). Bis vor einer Woche stand die Mehrheit der Aktien zum Verkauf. Eine insolvente Tochter der Beteiligungsgesellschaft WCM musste ihr Paket auf Druck der Banken abgeben. Doch die IVG hatte Glück: Die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim kaufte den größten Batzen, den Rest teilten sich weitere deutsche Banken (HSH IKB freefloat usw ). John von Freyend bleibt auf seinem Posten. Und wenn sich die Mehrheitsverhältnisse doch mal ändern? "Sollte es denn wirklich einmal so kommen, wird es mir bestimmt nicht langweilig."
Die wirklich wichtigen Fragen
Was unternehmen Sie? Motivieren in einem dezentralen Konzern. Das heißt: Mannschaftsgeist und gesundes Konkurrenzstreben in Balance halten.
Ihr größter Gewinn? Mitgestalten der deutsch-deutschen Wirtschaftsvereinigung im Umfeld von Bundesfinanzministerium und Treuhandanstalt.
Worauf spekulieren Sie? Auf ein vereintes Europa.
Was würden Sie für 5 Euro kaufen? Einen Papierkorb.
... was für 5 Mio. Euro? Eine Stiftung für Kinder dotieren.
Welchen Buchtitel würden Sie Ihrer Biografie geben? "Eckart John von Freyend"