Der Ukraine-Krieg
Da fielen die ersten Schüsse in der Ukraine. Dies könnte erneut ein Ventil zur Bereinigung der massiven US-Überkapazitätsfrage und der großen amerikanischen Finanzprobleme sein. Allerdings nur, wenn sich der Krieg ausweitet und möglichst lange dauert. Falls es zu einem großen (nichtnuklearen) Konflikt zwischen der NATO und Russland kommen sollte, hätte das unter rein ökonomischen und hegemonialpolitischen Gesichtspunkten folgende Vorteile für die USA.
Erstens: Eine steigende Inflation wird von der eigenen Bevölkerung mit weniger Murren hingenommen, da man nun einen Schuldigen hat: Putin und die Russen. Die eigenen geldpolitischen Verfehlungen, die ungeheure Vermehrung der Geldmenge in den letzten 15 Jahren, die für die Finanzbranche lukrativen Schuldenexzesse der letzten Jahrzehnte, die asozialen, explosionsartig wachsenden Vermögen der Milliardäre zu Ungunsten der Einkommen des Rests der Bevölkerung während der letzten 40 Jahre sowie die extrem teuren Lockdown-Maßnahmen werden aus dem Fokus gerückt. Wenn es tatsächlich zu einer länger anhaltenden Inflation kommt, was durchaus wahrscheinlich ist, können dadurch die hohen Schulden real abgebaut werden, wie es den USA zwischen 1940 und 1952 gelungen ist.17
Zweitens: Falls die Kampfhandlungen weit in den Westen getragen werden, könnten dort erhebliche Produktionsanlagen zerstört werden. Ein längere Zeit in der Mitte oder gar dem Westen Europas wütender (konventioneller) Kampf würde das globale Problem der Überkapazitäten, ähnlich wie 1945 lösen und zwar zu Gunsten derjenigen Länder, auf deren Boden keine Kampfhandlungen stattfinden.
Was kommt?
Was mich an diesen Überlegungen so beunruhigt ist, dass unter hegemonialpolitischen und ökonomischen Gründen für die USA kein Anreiz besteht, den Ukraine-Konflikt zu deeskalieren. Im Gegenteil. Ähnliches gilt meiner Einschätzung nach für China. Auch China ist lachender Dritter, wenn sich auf europäischem Boden die NATO und Russland die Köpfe einschlagen. Kurz: Sowohl die USA wie China haben meiner Befürchtung nach großes Interesse daran, den Krieg zu eskalieren und nicht rasch zu Ende kommen zu lassen. Das geht auch ganz einfach. Man braucht nur jegliche Forderungen der Russen immer abzuweisen. Dafür gibt es erfolgreiche historische Vorbilder, etwa den ersten Opiumkrieg oder den Ersten Weltkrieg. Nach außen wird man aus diplomatischen Gründen natürlich anderes verlauten lassen, nämlich, dass man den Frieden will. Im Krieg ist bekanntlich das erste Opfer die Wahrheit.
Zum Autor:
Prof. Dr. Christian Kreiß
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