szmtag
sueddeutsche.de
Ressort: Wirtschaft
URL: /wirtschaft/338/460967/text/
Datum und Zeit: 09.03.2009 - 11:21
09.03.2009 09:49 Uhr
Gelassener BP-Deutschlandchef
Stoff genug
BP-Deutschlandchef Uwe Franke schätzt, dass die Ölvorräte noch für dieses Jahrhundert reichen. Trotzdem könnte es Engpässe geben.
Von Hans-Willy Bein
"Solange der Kunde Benzin haben will, bekommt er das auch."
§
Vor annähernd zehn Jahren widmete der Ölkonzern BP sein Firmenkürzel um. Statt für British Petroleum sollte BP auch für Beyond Petroleum stehen, für die Zeit jenseits des Öls.
BP wollte die Nutzung regenerativer Energiequellen ausbauen und sich mit dieser Ergänzung für die Zeit nach dem Ende des Öls wappnen. Schließlich wurde von Experten immer wieder das Ende des Ölzeitalters heraufbeschworen mit dem Argument, die Vorräte könnten bald erschöpft sein.
Uwe Franke, der Deutschlandchef des BP-Konzerns gibt sich gelassener als viele Experten. "In diesem Jahrhundert müssen wir uns keine Sorgen machen über die Verfügbarkeit von Öl und Gas", sagte er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.
Ölpreis war "künstlich" überhöht
Die Zukunft der Ölbranche weise nicht in eine Sackgasse. Gleichwohl warnt Franke vor kurzfristigen Engpässen und Preissprüngen, weil die Konzerne bei einem Preisniveau um die 40 Dollar für das Barrel Rohöl ihre Ausgaben zur Erschließung neuer Vorkommen drosseln müssten. "Investitionen in die Zukunft werden gestrichen", weiß Franke.
Der Ölpreis war im vergangenen Sommer in kurzer Zeit auf einen Rekord von um die 150 Dollar pro Barrel hochgeschnellt, in wenigen Monaten dann aber auf fast 40 Dollar abgestürzt. Der Preis sei "künstlich" überhöht gewesen, jetzt aber sei die Nachfrage nach Öl massiv eingebrochen, sagte Franke.
In der Krise werde überall gespart, selbst an der Heizung. Überall würden kleinere Autos gekauft. Öl werde aber nicht so billig bleiben, sonst gingen die Ölförderländer "kaputt". Auch würden alle alternativen Energien verdrängt.
"Gefahr, dass der Ölpreis nach oben schießt"
"Kein Biokraftstoff kann auch nur annähernd mit einem Ölpreis von 40 Dollar konkurrieren", rechnet Franke vor. Er habe selbst gewettet, "dass der Preis zum Jahresende wieder höher liegt". 70 bis 90 Dollar sei ein Niveau, mit dem die Ölförderländer "leben könnten" und die Finanzierung ihrer Staatshaushalte, Investitionen und Sozialprogramme sicher sei.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte den Ölkonzernen vorgeworfen, zu wenig in neue Förderprojekte zu investieren. Bei einer Belebung der Nachfrage im kommenden Jahr befürchtet IEA-Chef Nobuo Tanaka eine "massive Verteuerung" des Öls.
Auch er sehe die Gefahr, dass der Ölpreis nach oben schießt, so Franke. Die großen privaten Fördergesellschaften wie BP benötigten mindestens 50 bis 60 Dollar zur Deckung ihrer Kosten und Investitionen.
Rein rechnerisch reichen die Ölreserven noch 45 Jahre zur Deckung des Bedarfs, die Gasreserven 70 Jahre. Folgt man Franke, liegt das Ende des Ölzeitalters aber erst im nächsten Jahrhundert, wenn alle Reserven und Ölsande mit gezählt werden, die mit künftiger Technologie ausgebeutet werden könnten.
Kein sofortiger Abschied vom Öl
Fossile Energien werden nach seiner Ansicht auch in 20 Jahren noch die wirtschaftlichsten Antriebe für Autos sein. Elektroautos hätten zwar eine Zukunft. Einen größeren Anteil als "vielleicht zehn Prozent" an der Pkw-Flotte dürften sie aber bis 2030 nicht erringen.
Der Kraftstoffabsatz ist in Deutschland schon seit Jahren rückläufig. An dem Trend wird sich nach Einschätzung von Franke in der nächsten Zeit nichts ändern.
Anders als Konkurrent Shell bietet die zum BP-Konzern gehörende Tankstellenkette Aral an ihren Zapfsäulen auch Normalbenzin an. Der Sprit wird noch nachgefragt, obwohl er schon seit Ende 2007 ebenso viel kostet wie Super-Kraftstoff, der eine höhere Klopffestigkeit hat. "Solange der Kunde Benzin haben will, bekommt er das auch", lautet die Sprachregelung bei Aral.
Franke sieht die Grenze, bei der Benzin vom Markt genommen wird, bei einem Anteil von fünf bis sechs Prozent. Derzeit hat Normalbenzin bei Aral noch einen Anteil von knapp zehn Prozent am Ottokraftstoffabsatz.
Der Slogan "Beyond Petroleum" habe den Eindruck erweckt, der Multi wolle sich sofort vom Öl verabschieden. Das sei aber nie beabsichtigt gewesen, sagte Franke. "Alternative Energien haben wir immer als eine zu entwickelnde Ergänzung zum klassischen Ölgeschäft gedacht."
2015 sollen sechs Milliarden Dollar mit alternativen Energieprojekten wie Solar- Wind, Wasserstoffenergie und Biokraftstoffe umgesetzt werden. Gemessen am Gesamtumsatz von weltweit 365 Milliarden Dollar scheint das wenig. Der Vergleich hinkt aber, weil Umsatzzahlen in der Ölbranche durch das Auf und Ab der Preise ganz erheblich schwanken. Als sachgerechter gilt der Vergleich der Investitionen: 2008 investierte BP insgesamt 22 Milliarden Dollar, davon 1,5 Milliarden in alternative Energien.
(SZ vom 09.03.2009/pak)
Copyright © sueddeutsche.de GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Artikel der Süddeutschen Zeitung lizenziert durch DIZ München GmbH. Weitere Lizenzierungen exklusiv über www.diz-muenchen.de
"Die Aktienbörsen werden im wesentlichen von Psychopathen bevölkert."
Altkanzler Helmut Schmidt