Beim Blick auf den jüngsten Kursverlauf von Arques werden bei erfahrenen Anlegern böse Erinnerungen wach.
Die Beteiligungsgesellschaft, die sich auf die Sanierung von Unternehmen in Problem- und Umbruchsituationen spezialisiert hat, hat eine geradezu sensationelle Entwicklung hinter sich. Über einen Manteldeal quasi durch die Hintertür an die Börse gekommen, hat sich der Kurs von den Tiefstständen im Jahr 2003 in der Spitze ver-zweihundert-facht. Das Papier stieg von rund 20 Cent auf über 40 Euro in der Spitze.
In diesem Jahr schaffte man nun sogar den Sprung in den MDAX. Doch seither will es bei den Starnbergern nicht mehr so richtig rund laufen. Ein untrügliches Anzeichen für Gefahr im Verzug ist häufig eine erhöhte Fluktuation im Vorstand. Nach Dr. Peter Löw wird nun zum Jahresende überraschend auch Markus Zöllner das Unternehmen verlassen.
Zudem hat Arques nach ersten Misserfolgserlebnissen seinen Nimbus als unfehlbarer Sanierer verloren. Die an die Börse gebrachte Tochtergesellschaft Arquana, die sich auf Sanierungsfälle in der Druckindustrie konzentriert, ist nun selbst zum Sanierungsfall geworden. Eine Beteiligung von Arquana musste bereits Insolvenz anmelden, die liquiden Mittel schrumpfen immer mehr. Die Aktie ist von über 27 Euro auf aktuell nur noch 1,66 Euro abgestürzt.
Alles andere als rund läuft es auch bei einem weiteren Arques-Unternehmen, der Tiscon AG. Auch Tiscon seinerseits firmiert - nach der Mehrheitsübernahme durch die Starnberger (71 Prozent) als Beteiligungsgesellschaft - und zwar im Bereich Distribution von IT-Produkten.
Mit der erfolgserprobten Buy&Build-Strategie (Zukauf von verschiedenen Unternehmen aus der Branche, die dann durch Synergieeffekte bei Einkauf und Verwaltung auf Profitabilität getrimmt werden sollen) und Arques im Hintergrund wurde die Neuausrichtung von euphorisierten Aktionären gefeiert.
Von zwei bis auf knapp 12 Euro stieg das marktenge Papier innerhalb weniger Monate - ohne dass es konkrete positive News gegeben hätte. Auch aus dem Jahresbericht im Mai dieses Jahres konnte wenig Konkretes über den tatsächlichen Verlauf des neuen operativen Geschäfts entnommen werden. Im Halbjahresbericht vom August wurden dann erste Probleme bei den Tochtergesellschaften Topedo und Chikara gemeldet. Die gleichzeitig gute Entwicklung der wichtigsten Beteiligung, der COS Distribution sorgte nochmals für einen kurzen Aufschwung des Papiers.
*Undurchsichtige Ertragslage
Seither warten Aktionäre vergeblich auf weitere Neuigkeiten. Der Kurs befindet sich gleichzeitig im freien Fall und ist nun fast wieder bei zwei Euro angekommen. Kein Wunder, dass die Kleinaktionäre auf den einschlägigen Diskussionsforen der Verzweiflung nahe sind.
Sollten bei Tiscon wirklich akute Probleme bestehen und die schlechten Nachrichten wie so oft in letzter Zeit (Conergy, Sto) nachgeliefert werden, dann wäre Arques als Mehrheitsaktionär auch finanziell richtig betroffen.
Die entscheidende Frage geht meiner Ansicht nach aber wesentlich tiefer: Ist das Geschäftsmodell von Arques auch in einem schwierigeren konjunkturellen Börsenumfeld funktionstüchtig? Innovativ ist es durchaus: Man kauft Unternehmen mit wenig Eigenkapital und unterhalb des Substanzwertes, also sehr günstig ein, und versucht sich dann als Sanierer. Das Risiko bei Misserfolg ist dabei überschaubar, das Potenzial bei erfolgreicher Umsetzung enorm.
Der enorme konjunkturelle Aufschwung in den letzten Jahren hat Arques dabei glänzend in die Karten gespielt und gemeinsam mit der - ohne Zweifel vorhandenen - hohen Kompetenz des Managements für einige tolle Erfolgsstorys gesorgt. Dabei hat sich der Net Asset Value (also der innere Wert des Unternehmens) vervielfacht.
Das Paradebeispiel war die erfolgreiche Sanierung und der anschließende Börsengang von SKW Stahl (SKWM01), wo Arques seinen Kapitaleinsatz vervielfacht hat.
*Kreative Bilanzierung möglich
Doch wie profitabel Beteiligungen tatsächlich sind, ist für Außenstehende bei Arques zunächst kaum einschätzbar. Dazu bräuchte man konkrete Informationen über die mit dem Kaufpreis gekauften Schulden und die Sanierungskosten. Genau diese Daten fehlen aber.
Überhaupt: Die Bilanzierung von Arques ist ein Punkt an dem sich immer wieder heiße Diskussionen entzünden. Denn nur rund 15 bis 20 Prozent des von Arques ausgewiesenen Gewinns stammen aus dem operativen Geschäft der Beteiligungen. Der Rest sind Buchgewinne, die daraus resultieren, dass die übernommenen Unternehmen in der Bilanz mit einem wesentlich höheren Wert angesetzt werden im Vergleich zum Preis, der dafür bezahlt worden ist. Bilanzexperten sprechen hier von einem "Bargain Purchase".
Ob es sich bei dem betreffenden Unternehmen allerdings tatsächlich um ein Schnäppchen handelt, zeigt sich erst mit Fortdauer der geplanten Sanierung. Ein Großteil der verbuchten und ausgewiesenen Gewinne sind bei Arques also cash-unwirksam. Das heißt, es fließt nicht wirklich Geld in die Kasse des Unternehmens.
Cash fließt erst dann, wenn ein erfolgreicher Weiterverkauf gelingt, beispielsweise über einen Börsengang. Doch ist dieser Exitkanal wegen des schlechten Umfelds "verstopft" wird irgendwann die Liquidität für neue Transaktionen knapp.
*Zum Wachstum verdammt
Hinzu kommt: Wenn Arques das bisherige Gewinnwachstum halten will, muss ein immer größeres Rad gedreht werden. Das heißt: Die Übernahmen müssen immer größere Dimensionen annehmen. Die Finanzierungen derselben ebenso. Gerade angesichts der immer noch schwelenden Bankenkrise ist aber fraglich, ob Arques noch größere Finanzierungen bei den Kapitalgebern "durchgedrückt" bekommt. Zumal die Erfolgsstory - wie oben beschrieben - erste Risse bekommt.
Clevere Aktionäre fragen sich nun natürlich, ob die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder beim Verlassen des Unternehmens ein ähnlich gutes Timing bewiesen haben, wie beim Exit von SKW Stahl. Sprich: Das Unternehmen auf dem Höhepunkt des Erfolgs zu verlassen. Einiges spricht in der Tat dafür.
Eins ist jedenfalls sicher: Anleger sollten nicht den Fehler machen und auf das scheinbar niedrige KGV von Arques schielen. Denn beim "G" im KGV, also dem zu erwirtschaftende Gewinn, sind künftige Erfolge - wie oben gezeigt - bereits vorweg genommen. Bleiben die aus droht Unheil.
Und hier sind wir nun wieder beim Anfang der Geschichte und den bösen Erinnerungen. Denn in den 90er-Jahren gab es an der Börse eine ähnliche sagenhafte Erfolgsgeschichte, bei der ein Unternehmen quasi aus dem Nichts in ungeahnte Dimensionen empor stieg und zeitweise sogar als DAX-Kandidat gehandelt worden ist.
Auch hierbei handelte es sich um eine Beteiligungsgesellschaft, die aus einem Manteldeal hervorgegangen war. Analysten bemängelten auch hier die Intransparenz, empfahlen die Aktie aber trotzdem bis zum bitteren Schluss zum Kauf.
Viele werden sich nun an den Namen erinnern: Es handelt sich um die WCM, die lange als das Aushängeschild der deutschen Immobilienszene galt, sich dann aber mit überdimensionierten Übernahmen in die Bredouille brachte und anschließend abstürzte. Im November 2006 ging das Unternehmen in die Insolvenz.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Davon ist Arques noch weit entfernt und zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann diese Gefahr als äußerst gering eingestuft werden. Dennoch: Ernste Warnzeichen sind vorhanden.
Die Krux dabei: Vielen Anlegern sind die Fallstricke bei einem Investment in eine Beteiligungsgesellschaft, die fundamental nicht mit herkömmlichen Kennzahlen bewertet werden kann, nicht bekannt. Genau darin liegt die große Gefahr.
• Arques
• WKN /
Reuters-Kürzel
515600 /
AQU
• Börsenwert 641 Mio. Euro
• KGV 07e 5
• Div.-Rend. 07e 3,6 %
• Akt. Kurs 25,38 Euro
MEIN FAZIT:
- Der eingeschlagene Abwärtstrend im Chart, das Ausscheiden zweier führender Köpfe und schlechte Nachrichten bei börsennotierten Beteiligungen sind akute Warnsignale.
- Der Hype um die Aktie weicht langsam der Angst. Der erfolgreiche Exit von Beteiligungen wird bei schlechter werdendem Börsenumfeld erschwert.
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