HighTech Investor: Wie lange hält die Ruhe bei Freenet?
Publimax Media
08. September 2008 Einen Monat nach der turbulenten Hauptversammlung ist bei Freenet erst einmal Ruhe eingekehrt. Damit dürfte jedoch bald wieder Schluss sein.
Freenet AG
WKN A0EAMM
Branche Telekomdienstleister
Land Deutschland
Kurs bei Besprechung 9,45 Euro
Datum 08.09.2008
Büdelsdorf - Spätestens, wenn der Verkauf des zuletzt schwächelnden DSL-Geschäfts von Freenet über die Bühne geht und Großaktionär United Internet dabei leer ausgeht, könnte der öffentliche Streit zwischen Freenet-Chef Eckhard Spoerr und United-Internet-Chef Ralph Dommermuth wieder aufbrechen. Der Selfmade-Milliardär Dommermuth hatte vor der Hauptversammlung bereits mehrfach den Rücktritt Spoerrs gefordert und ihm wegen der 1,6 Milliarden Euro teuren Übernahme Debitels Vernichtung von Aktionärsvermögen vorgeworfen.
United Internet hatte sich vor rund einem Jahr gemeinsam mit Drillisch an Freenet beteiligt. Beide wollten das Büdelsdorfer Unternehmen übernehmen und anschließend filettieren. Dommermuth hat dabei ein Auge auf die DSL-Sparte geworfen, um in dem hart umkämpften Markt für schnelle Internetzugänge Marktanteile zu gewinnen. Doch Spoerr hatte etwas gegen den tollkühnen Plan - er kaufte einfach wiederum Debitel und holte sich den Finanzinvestor Permira als weiteren Großaktionär an Bord. Damit wurde Freenet für Drillisch und United Internet zu teuer.
Doch Dommermuth ließ nicht locker und versuchte vor der Hauptversammlung alles, um noch weitere Aktionäre auf seine Seite zu ziehen. Doch diese trauten ihm nicht und stellten sich erst einmal hinter Spoerr, der seinen Kopf gerade noch aus der Schlinge zog. Dies gelang ihm jedoch auch nur, weil er zuvor bereits den Verkauf der DSL-Sparte in Aussicht gestellt hatte - dies muss jetzt schnell geschehen.
Noch sind die Analysten mit Blick auf die Entwicklung der Freenet-Aktie optimistisch. So erhöhte zum Beispiel die US-Investmentbank Goldman Sachs erst in der vergangenen Woche das Kursziel für die Aktie von 16,70 auf 18 Euro und damit praktisch auf das Kursniveau von vor einem Jahr, als United Internet und Drillisch sich zum ersten Mal an Freenet beteiligten.
Genauso wie die meisten anderen von dpa-AFX befragten Experten, die das Papier größtenteils nach wie vor zum Kauf empfehlen, setzen die Goldman Sachs-Analysten jedoch auf einen raschen Verkauf der DSL-Sparte. Sollte Spoerr hier keine schnelle Lösung finden, dürfte auch der Geduldsfaden der anderen Aktionäre bald reißen. Denn seitdem sich die Hoffnungen auf eine schnelle Übernahme durch United Internet und Drillisch verflüchtigt haben, kennt der Kurs der Freenet-Aktie nur noch eine Richtung: nach unten. Zuletzt notierte das Papier mit etwas mehr als neun Euro und damit auf dem tiefsten Stand seit der Fusion mit der früheren Mutter mobilcom.
Doch auch Dommermuth steht unter Druck. Er muss eine Lösung für sein zuletzt eher maues DSL-Geschäft finden, zudem belastete zuletzt die Zinslast für die Freenet-Beteiligung das Ergebnis des in den vergangenen Jahren erfolgsverwöhnten Internetdienstleisters. Der United-Internet-Kurs litt zuletzt ebenfalls deutlich unter dem Gezerre um Freenet und büßte seit Anfang des Jahres rund 40 Prozent an Wert ein. Dies trifft nicht zuletzt den Großaktionär und Unternehmensgründer Dommermuth selbst - schließlich ist er mit knapp 36 Prozent größter Anteilseigner des Unternehmens.
Vielleicht sollte der passionierte Segler den Vorschlag Spoerrs von der Hauptversammlung annehmen und bei einem Glas Bier in Ruhe über alles reden. Andernfalls könnten am Ende beide als Verlierer der nun schon seit einem Jahr anhaltenden Schlacht um Freenet dastehen.
- Von Bernd Zeberl, dpa-AFX ---