Teller auf Teller, Platte auf Platte, Schüssel auf Schüssel. Neben dem Foto eines imposanten Porzellanstapels prangt der Schriftzug "Aufgetürmt".
Mit so viel Bild- und Wortwitz machte die Deutsche Bank in der Oktoberausgabe ihrer Kundenpostille "X-press" darauf aufmerksam, dass die hauseigenen Aktienzertifikate seit Jahresbeginn beachtliche Renditen brachten.
Die Investmentvehikel, mit denen Anleger auf verschiedene Aktienstrategien und Märkte setzen können, schnitten mit knapp 10 Prozent Wertzuwachs im Durchschnitt nicht nur besser ab als die Börsenindizes. Die Zertifikate waren, so die mit allerhand Zahlenwerk untermauerte Botschaft der Banker, sogar besser als viele traditionelle Aktienfonds.
Die Fondsbranche - wen wundert's - sieht das anders. Im Internet und in großformatigen Anzeigen preisen Deka, Union, Adig & Co. die Qualität ihrer Produkte an. Marktführer DWS, eine Tochter der Deutschen Bank, ließ den Glauben an die Überlegenheit ihrer Aktienfonds erst kürzlich vom Münchener Finanzen-Verlag in einem Sonderheft wortreich feiern.
Wer hat denn nun Recht? Sollten Anleger, die den Kauf einzelner Aktien scheuen, besser auf Zertifikate oder doch auf Fonds setzen? "Beide Produktgattungen haben Vor- und Nachteile", sagt Dieter Merz, Leiter des Portfoliomanagements der Privatbank Merck Finck & Co. Bei Fonds kann das Management mit Umschichtungen schnell auf aktuelle Ereignisse an den Börsen reagieren. Aber: Die Kauf- und Verkaufentscheidungen können sich auch als falsch erweisen. Zudem ist die Anlagepolitik für den Fondsinvestor meist schwer nachvollziehbar.
Setzen Anleger hingegen auf Zertifikate, deren Zusammensetzung sich mitunter nur einmal jährlich nach festen Kriterien ändert, wissen sie stets genau, was in ihrem Portfolio liegt. Die geringe Flexibilität kann aber auch zu hohen Verlusten führen, falls einzelne Titel einbrechen.
Die Entscheidung für eine der beiden Anlageformen wird zudem durch eine schier unüberschaubare Produktvielfalt erschwert. Über 5000 Fonds und etwa 13.000 Zertifikate stehen in Deutschland zur Auswahl. Manche Vehikel, so genannte passive Investments, bilden schlicht einen Index nach wie den Dax oder den EuroStoxx. Andere, aktiv gemanagte Portfolios sollen dank ausgeklügelter Strategien besser abschneiden als die Börsenbarometer - was am Ende allerdings häufig misslingt.
Ein Begriffs- und Produktwirrwarr, in dem sich Anleger nur schwer zurechtfinden.
manager magazin hat den Markt analysiert; erklärt, welche Chancen und Risiken Fonds und Zertifikate bergen, zeigt, worauf Anleger bei der Produktwahl achten müssen und sagt, welches Investment zu deren Anlagezielen passt.
Verschiedene Anlegertypen, das darf als gesicherte Erkenntnis gelten, brauchen individuelle Lösungen. Zu Beginn der Auswahl geeigneter Anlagevehikel stehen daher zwei Fragen:
- Investmentziel: Will ich höhere Risiken eingehen, um besser abzuschneiden als die Börsenindizes, oder gehe ich lieber auf Nummer sicher und verlasse mich bei meinen Investments allein auf die Wertentwicklung von Dax & Co.?
- Einflussnahme: Vertraue ich allein auf das Know-how der Profis, oder will ich mitentscheiden, welche Aktien ins Portfolio kommen?
Fest steht: Mehr als drei Viertel der Manager global investierter Aktienfonds schafften es in den vergangenen zehn Jahren nicht, ihren Vergleichsindex zu schlagen. Während das internationale Börsenbarometer MSCI World seit Oktober 1993 um 100 Prozent zulegte, brachten es die Fonds im Durchschnitt nur auf knapp 57 Prozent. Bei Europa- und US-Fonds sieht das Bild kaum besser aus.
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"Wer dieses Managementrisiko meiden will, sollte ein reines Indexinvestment vorziehen", rät Vermögensverwalter Dieter Merz.
Die Möglichkeit, auf Indizes zu setzen, haben deutsche Anleger seit 1990, als die Dresdner Bank das erste Dax-Zertifikat auf den Markt brachte. Die Konkurrenz von Commerzbank bis Sal. Oppenheim folgte schnell mit ähnlichen Produkten. Heute können Anleger zwischen gut 500 Papieren wählen, die sich auf alle wichtigen Börsenbarometer beziehen, vom amerikanischen S&P 500 bis zum japanischen Nikkei.
Die Wertentwicklung der Papiere spiegelt den Verlauf des zugrunde liegenden Index wider. Wer etwa im März 2000 ein Euro-Stoxx-50-Zertifikat kaufte, verbucht heute dasselbe Minus wie das Börsenbarometer. Ebenso kletterte der Kurs des Zertifikats von März bis Ende Oktober dieses Jahres genauso wie der Index der größten Konzerne Eurolands um rund 30 Prozent.
Indexzertifikate
Klar, verständlich, transparent, das sind Indexzertifikate. Und billig, wie die Geldhäuser gern betonen. An Dax-Papieren etwa, beteuern die Banker, verdienten die Institute keinen Cent.
Das stimmt wohl sogar. Allerdings sind die Dax Papiere nur der Köder, mit denen die Institute Anleger zum Kauf anderer, margenträchtiger Zertifikate locken. "So günstig wie behauptet, sind viele Zertifikate in Wahrheit nicht", sagt Min Sun, Partner des Bad Homburger Analysehauses Feri Trust.
Mit den Märkten gehen | |||||
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Börsengehandelte Indexfonds (Auswahl) | |||||
Zugrunde liegender Aktienindex | Anbieter | ISIN1 | Anlageregion | Gebühr2 | |
Deutscher Aktienindex Dax | Indexcharge | DE0005933931 | Deutschland | 0,50 | |
Dow Jones EuroStoxx 50 | Eur. ETF Co. | IE0008471009 | Euro-Raum | 0,35 | |
MSCI Europe | Unico | LU0140540492 | Europa | 0,50 | |
FTSE 100 | Indexchange | DE0006289408 | Großbritannien | 0,50 | |
Dow Jones Japan Titans 100 | Fresco | LU0136240974 | Japan | 0,70 | |
Dow Jones Industrial Average | Lyxor | FR0007056841 | USA | 0,50 | |
S&P 500 | IShares | DE0002643889 | USA | 0,40 | |
Nasdaq 100 | Nasdaq ETF | IE0032077012 | USA | 0,20 | |
MSCI World | Unico | LU0140540146 | Welt | 0,55 | |
Dow Jones Global Titans 50 | Axa Inv. | FR0000983596 | Welt | 0,45 | |
1 Wertpapierkodierung; 2 Managementgebühr in Prozent des verwalteten Vermögens pro Jahr. Quelle: Feri Trust |
So erhalten die Anleger zahlreicher Zertifikate auf internationale Indizes wie den EuroStoxx 50 nicht die Dividenden, die sie bekämen, wenn sie das Kursbarometer durch den Kauf der Aktien selbst nachbilden würden. Zurzeit bedeutet dieser Kniff einen Verzicht auf gut 3 Prozent der Jahresrendite.
Neben den entgangenen Erträgen werden auch direkte Kosten fällig. Weil an der Börse nur geringe Stückzahlen der Zertifikate gehandelt werden, stellen die Emissionshäuser die Kurse. Oft zu ihren Gunsten: Die Spannen zwischen dem An- und dem Verkaufspreis betragen oft bis zu ein Prozent; weit mehr als bei Standard-Aktien üblich. Dieser so genannte Spread geht an die Banken.
Hinzu kommt gar das Risiko eines Totalverlustes unabhängig vom Indexverlauf. Denn anders als Fonds sind Zertifikate keine Anteile an einem tatsächlich existierenden Aktienportfolio. Die Papiere sind vielmehr Schuldtitel der ausgebenden Bank, deren Rückzahlungswert sich am Stand eines Index orientiert. Geht das Emissionshaus Bankrott, sind die Zertifikate wahrscheinlich wertlos, egal wo das Kursbarometer steht.
Angesichts der labilen Verfassung des deutschen Geldgewerbes sollten vor allem langfristig orientierte Anleger dieses Bonitätsrisiko nicht außer Acht lassen. "Wer länger als fünf Jahre investieren möchte, sollte nur Zertifikate von Banken mit höchster Kreditwürdigkeit auswählen", empfiehlt Sun.
Oder börsengehandelte Indexfonds kaufen; Papiere, die sich ebenfalls parallel zu Stoxx & Co. entwickeln. Zwar können die Kosten dieser Investments wegen einer jährlich anfallenden Managementgebühr langfristig über denen eines Zertifikats liegen. Allerdings entfällt das Pleiterisiko des Anbieters, und die Dividenden werden grundsätzlich an die Investoren weitergegeben.
Aktive Investmentfonds
Anlegern, die höhere Vermögenszuwächse anstreben als mit einer Indexanlage möglich, bietet die Finanzindustrie seit über 50 Jahren so genannte aktive Fonds an. Bei diesen Vehikeln versucht das Management mit gezieltem Stock-Picking, besser abzuschneiden als MSCI World oder Dax.
Das höhere Risiko kann sich lohnen: "In einem unruhigen Börsenumfeld wie zurzeit schaffen manche Fondsprofis es, zum Teil beträchtliche Zusatzerträge zu erzielen", sagt Geldmanager Merz. Das Problem für den Anleger: Wie findet er die wenigen Portfolioverwalter, die auch langfristig den Index schlagen können.
Um diese Stars der Branche zu ermitteln, hat Feri Trust für manager magazin fast 2800 Aktienfonds untersucht. Die Analysten filterten in den wichtigsten Anlagekategorien jeweils die zehn Investments heraus, die in den vergangenen fünf Jahren die höchsten Wertzuwächse brachten und vergleichsweise geringe Risiken eingingen.
Auf exzellente Art gelang dies Hendrik Leber. Der Manager des Acatis Global erzielte von Oktober 1998 bis Ende September 2003 einen Wertzuwachs von 100 Prozent. Der Vergleichsindex MSCI World legte im selben Zeitraum nur um magere 4 Prozent zu. Für Leber bedeutete dies Platz eins in der diesjährigen mm-Fonds-Rangliste.
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Im Gegensatz zu den meisten anderen Vertretern seiner Zunft orientiert sich der Acatis-Chef bei der Zusammensetzung seines Fondsportfolios nicht an einem Börsenbarometer. Im Gegenteil: "Um besser zu sein als der Markt, muss ich mich bewusst anders aufstellen als der Index", erklärt der 46-jährige Anlageprofi.
Leber ist Anhänger der amerikanischen Investorenlegende Warren Buffett. Ganz im Sinne seines großen Vorbilds konzentriert er sich auf die 30 bis 40 Unternehmen, denen er mittelfristig ein Kurswachstum von 50 bis 100 Prozent zutraut: "Zu starke Diversifikation drückt die Rendite", ist Leber überzeugt.
Dominant in seinem Portfolio sind Nebenwerte wie der Hamburger Finanzdienstleister MPC, der Schweizer Uhrenproduzent Swatch oder der Nürnberger Autozulieferer Leoni.
Das Schwergewicht im Fonds aber ist die Allianz. Fast 10 Prozent des Anlegergeldes hat Leber in die Aktien des Allfinanzriesen investiert. Er ist überzeugt, dass der Münchener Konzern die Probleme mit der Tochter Dresdner Bank lösen kann und auch das schwächelnde US-Geschäft wieder anspringen wird. Leber: "Die Aktie ist historisch billig, der Kurs kann nur steigen."
Doch auch die cleversten Aktienstrategen liegen mitunter falsch. Feri-Mann Sun rät Anlegern daher, sich nicht zu sehr von den Spekulationen nur eines Managers abhängig zu machen. Er empfiehlt, das Kapital auf verschiedene Fonds zu verteilen.
Die Streuung über mehrere Portfolioverwalter mildert auch das Risiko, wenn Fondsmanager ihren Job wechseln. Als etwa Anko Beldsnijder im Sommer 2000 das Kommando beim ABN Amro European Equity abgab, stürzte der Fonds vom Top-Performer zum Renditekiller ab. Beldsnijders Nachfolger Wijgert Verstoep war offenbar mit der Verwaltung des 1,8 Milliarden Euro schweren Vermögens überfordert.
Auch bei einem der Spitzenfonds im mm-Ranking, dem Fidelity European Growth, fand erst vor knapp einem Jahr ein Wechsel an der Spitze statt. Zwar gelang es Graham Clapp bislang, an die Erfolge von Star-Fondsmanager Anthony Bolton anzuknüpfen. Ob er jedoch so nachhaltig wie sein Vorgänger Spitzenerträge einfährt, muss sich erst erweisen. Unwägbarkeiten, die auf viele Anleger abschreckend wirken.
Strategiezertifikate
Eine Alternative sind Strategiezertifikate. Unterschiede zu Fonds bestehen in zwei zentralen Merkmalen:© mm Großansicht Fonds liegen zurück: Wert des Euro-Leader-Zertifikats im Vergleich zu Euroland-Aktienfonds
- Da sie nicht denselben strengen Anlagevorschriften unterliegen, können Zertifikate auch in stark fokussierte Aktienkörbe mit weniger als 20 Werten investieren.
- Weil die Titelauswahl nach festgelegten Kriterien erfolgt und das Portfolio nur zu fixen Terminen umgeschichtet wird, wissen die Anleger stets, welche Werte im Depot sind.
Aktuell stehen über 50 dieser Papiere zur Auswahl. Die Palette reicht von Zertifikaten, die auf Unternehmen mit hoher Eigenkapitalrendite setzen, über solche, die Firmen mit hoher Marktkapitalisierung favorisieren, bis hin zu Konstrukten, die auf bestimmte Börsentrends spekulieren.
Das Euro-Leader-Papier der Deutschen Bank zum Beispiel bildet ein Depot mit denjenigen 15 Aktien aus dem Standardwerte-Index Euro Stoxx 50 ab, die aktuell die höchste Dividendenrendite aufweisen. Zweimal im Jahr wird die Zusammensetzung des Aktienkorbs überprüft und angepasst.
Die Strategie ging bislang auf. Das Zertifikat schnitt seit Auflegung im Frühjahr 2000 besser ab als der Index und war zudem erfolgreicher als der Durchschnitt aller Euroland-Aktienfonds.
Auf klare Konzepte setzen | |||
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Strategiezertifikate mit unterschiedlichen Anlageansätzen (Auswahl) | |||
Zertifikat (Anbieter) | Chart | Laufzeit | Strategie |
Best of Old Economy (ABN Amro) | 20.04.2007 | 20 Aktien internationaler Unternehmen der Old Economy, die nach Kriterien wie Marktstellung und Kontinuität des Wachstums ausgewählt wurden. | |
German Top Twelve III (Merrill Lynch) | 01.02.2008 | Die zwölf Dax-Werte mit der historisch höchsten Dividendenrendite. | |
Xavex Euro Leader (Deutsche Bank) | 25.02.2008 | Die 15 Aktien aus dem Euro Stoxx 50 mit der höchsten Dividendenrendite. | |
Xavex Global Blue Chips 24 (Deutsche Bank) | 15.12.2006 | Die 24 Aktien aus den USA, Europa und Japan, die im Durchschnitt der letzten drei Jahre die höchste Eigenkapitalrentabilität aufweisen. | |
Blue Diamond (Credit Suisse First Boston) | endlos | 30 europäische und US-Aktien, die computerbasiert nach fundamentalen Kriterien ausgewählt werden. | |
Global Momentum (Merrill Lynch) | 05.07.2006 | Die 30 Aktien aus den USA, Europa und Japan mit der höchsten prognostizierten Gewinndynamik. | |
US PEG 20 Performance (UBS) | 13.09.2006 | 20 US-Aktien mit attraktiver Relation zwischen aktuellem Kurs-Gewinn-Verhältnis und langfristig erwartetem Gewinnwachstum. | |
Quelle: Feri Trust, zertifikateweb.de |
Die zum Teil sehr guten Ergebnisse sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Variante der Aktieninvestments nicht für jedermann geeignet ist. In solchen Zertifikaten sollte nur anlegen, wer sich an den Börsen gut auskennt, die angewendeten Strategien beurteilen kann und sein Depot regelmäßig kontrolliert, um bei Bedarf auch kurzfristig aussteigen zu können.
Ob Anleger sich letztlich für Indexanlagen oder aktiv gemanagte Vehikel, für Zertifikate oder Fonds entscheiden, stets sollten sie ihr Vermögen global verteilen, um sich in allen Regionen Chancen zu sichern.
Als Basisinvestment bietet sich ein weltweit aufgestelltes Produkt an. Zudem rät Dieter Merz, Schwerpunkte auf Europa und die USA zu legen: "Die Börsen der westlichen Industriestaaten entwickeln sich am stabilsten. Wenn die Konjunktur anspringt, werden hier bei begrenztem Risiko hohe Kursgewinne zu erzielen sein."
Risikolos aber, so viel ist sicher, sind Aktieninvestments nie - weder mit Fonds noch mit Zertifikaten.
http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,274663,00.html