Alles, was Anleger über Hedge-Fonds wissen müssen (EurAmS)
Der Mythos - Sie gelten als überaus wagemutige Finanzgenies. Ein geradezu legendärer Ruf eilt Hedge-Fonds und ihren Machern voraus. Was wirklich dran ist.
von Martin Blümel, Euro am Sonntag 46/03
Die "Wirtschaftswoche" nannte sie einst "Freibeuter der Weltfinanzsysteme", andere schrieben von "Zockern". Wieder andere von "Finanzgenies" und "Hexenmeistern". In vielen Medien sind Hedge-Fonds ein Mythos, eine undurchsichtige Sache mit magischen oder gar anrüchigen Methoden. Doch das gilt nur auf den ersten Blick.
"Zerlegt man Hedge-Fonds in ihre Einzelteile und überlegt, was machen deren Manager wirklich, dann stellt man fest, so speziell arbeiten die gar nicht. Sie investieren an denselben Märkten wie alle anderen", sagt Michel Jacquemai von der Schweizer Hedge-Fonds-Gesellschaft Partners Group.
Aber die Strategien sind andere. Hedge-Fonds – das ist ein Sammelbegriff für die unzähligen Methoden der Manager, die mit denen herkömmlicher Investmentfonds nicht vergleichbar sind. Ein Beispiel ist Long/Short-Equity (siehe Kasten links). Das Ziel: Jahr für Jahr Gewinne zu erzielen, unabhängig von der Entwicklung des Kapitalmarkts. Dazu dürfen Hedge-Fonds auf fallende Kurse setzen und auf Kredit spekulieren. Diese Methoden jedoch per se als hochspekulativ abzutun, ist falsch. Richtig ist, dass Hedge-Fonds andere Risiken eingehen als Aktien- oder Rentenfonds. Doch ein Depot, das über alle Risiken streut, verbessert das Verhältnis von Risiko zu Ertrag.
Trotzdem hängt den Fonds das Zocker-Image an. Das mag an spektakulären Aktionen eines George Soros liegen (siehe unten) oder an Beinahe-Milliarden-Pleiten wie dem LTCM-Fonds. "Die Presse stürzt sich natürlich auf solche Geschichten. Die guten Storys interessieren nicht", sagt Jacquemai. Was in der Natur der Sache liegt. Die meisten Hedge-Fonds arbeiten still und leise, ohne Aufsehen zu erregen. In die Karten lässt sich keiner gerne schauen. Außerdem gibt es keine Meldepflicht. Warum auch, in ihrer Urform sind sie private und geschlossene Investmentpools mit wenigen Investoren.
Und ihr Ruf als Kursvernichter? Das Finanzsystem aushebeln, das können Hedge-Fonds nicht. "Dafür sind sie zu klein", sagt Jacquemai. Und rechnet vor: "Alle Hedge-Fonds zusammen sind 1,3 Billionen Dollar schwer. Das sind nur zwei Prozent der Kapitalisierung aller Aktien und Anleihen."
Dass Soros trotzdem eine ganze Währung in solche Schwierigkeiten brachte, lag letztlich nicht an seiner Spekulation, sondern an der Schwäche des Pfund selbst. "Er hatte als Erster gemerkt, dass es überbewertet war. Soros hat das Pfund dorthin gebracht, wo es hingehörte", so Jacquemai. Den Ruf, schneller rechnen zu können als andere, bestätigen Hedge-Fonds-Manager also. Ein klein wenig Mythos muss dann doch sein. «
Die Besten
Die Crème de la Crème der Manager
George Soros
Berühmt wurde George Soros im September 1992, als er mit seinem Quantum Fonds auf die Abwertung des britischen Pfund spekulierte. Mit Erfolg – über Nacht gewann Soros 1,4 Milliarden Dollar, und das Pfund musste aus dem europäischen Währungssystem ausscheren. Im Jahr 2001 trat Soros offiziell als Chef von Soros Fund Management ab. Als Aufsichtsrat mischt er dennoch weiter aktiv mit.
Michael Steinhardt
Aus investierten 100000 Dollar machte Michael Steinhardt in 28 Jahren 48 Millionen. Das reichte ihm, 1995 hängte er seinen Job an den Nagel. Berühmt wurde er aber schon in den 70er-Jahren, als er völlig gegen den Trend die damals angesagten 50 größten US-Blue-Chips (Nifty Fifty) leer verkaufte – vor dem Kursabsturz. Dafür nahm er auch in Kauf, als "unpatriotisch" gebrandmarkt zu werden.
Julian Robertson
Der Tiger-Fonds machte Julian Robertson zur absoluten Wall-Street-Legende. Am Ende zu einer tragischen. Zwischen 1980 und 1998 schaffte er im Schnitt ein jährliches Plus von 32 Prozent. 1999 aber lief so katastrophal, dass Robertson nach starken Verlusten auf dem Höhepunkt der Tech-Blase im März 2000 aufgab und den Tiger-Fonds dichtmachte. Sein Fehler: Er setzte zu früh auf Value-Aktien.
Strategie der Woche erläutert von Jan Viebig, DWS.
Der Fondsmanager wird die Hedge-Fonds der DWS betreuen
Long/Short-Equity
Sie gelten als Klassiker unter den Hedge-Fonds: die Long/ Short-Equity-Fonds. Im Jahr 1966 verwendete die Journalistin Carol Loomis erstmals den Begriff "Hedge-Fonds", um den Anlagestil von Alfred Winslow Jones zu charakterisieren. Dieser hatte Ende der 40er-Jahre den ersten Long/Short-Equity-Fonds aufgelegt, der zwei Elemente miteinander verband: Leerverkäufe und Leverage (Hebelwirkung). Jones kaufte Aktien, die er für unterbewertet hielt. Um sich gegen einen Einbruch am Aktienmarkt abzusichern, verkaufte er gleichzeitig vermeintlich überbewertete Aktien leer, das heißt, ohne die Aktien wirklich zu besitzen.
Heutzutage setzen die Manager oft auf Pair-Trades. Ein Pair-Trade umfasst eine Kaufposition in einer Aktie und eine Verkaufsposition in einer anderen Aktie, die oft dem gleichen Sektor angehört und aus demselben Land stammt. Der Portfolio-Manager verdient mit einem Pair-Trade in steigenden Märkten Geld, wenn die Long-Position stärker steigt als die Short-Position, und in fallenden, wenn die Long-Position weniger stark fällt als die Short-Position.
Fremdkapital sorgt für die Hebelwirkung: Es wird zusätzlich zum Eigenkapital eingesetzt, um die Gewinnmöglichkeiten des Fonds zu erhöhen. Der Leverage – definiert als Summe der einzelnen Positionen im Verhältnis zum Eigenkapital – liegt bei Long/Short-Equity typischerweise im Bereich 1,5 bis 2,0. In der Vergangenheit konnten so Renditen erzielt werden, die deutlich über denen von Aktien und Renten lagen. Während die Performance traditioneller Aktienfonds in erster Linie von der Bewegung des Aktienmarkts bestimmt wird, hängen Rendite und Risiko von Long/Short-Equity-Fonds im Wesentlichen von den Fähigkeiten des Fondsmanagers ab, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Long- und Short-Kandidaten auszuwählen.
Es gibt drei wesentliche Arten von Long/Short- Equity-Fonds: Market Neutral, Opportunistic und Biased. Marktneutrale Fonds streben eine absolute, von den Schwankungen des Markts unabhängige Rendite an. Fondsmanager von opportunistischen Fonds gehen dagegen kurzfristig Wetten auf die Bewegung des Gesamtmarkts ein: Glaubt der Fondsmanager an fallende Kurse, dann wird er mehr Verkaufs- als Kaufpositionen tätigen. Von einem Dedicated Short Bias wird gesprochen, wenn der Fondsmanager regelmäßig überwiegend Verkaufspositionen eingeht.
red / -red-
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