R.Read ist es offensichtlich nicht gelungen die Desktop-Llano-Problematik verständlich darzustellen. Die Nachfragen der Analysten zeigten es, in der selbst ein erfahrener Mann wie Mosesmann seine Verwirrung zum Ausdruck brachte. - "I got a little confused in terms of what may have happened..."
Was machte es eigentlich so schwierig den Sachverhalt kurz und eindeutig zu beschreiben?
Warum machte Read eine Rückschau auf die Geschehnisse des zweiten Halbjahres 2011 im Channel ohne zu erklären, warum diese angesprochenen Störungen in der Wertschöpfungskette durch ungleichmäßige Belieferung in ihren Auswirkungen dann erst im zweiten Quartal 2012 so deutliche Auswirkungen zeigen?
Warum waren diese Effekte im ersten Quartal kein Thema?
Ist diese Geschichte nur eine Ausrede, die einen anderen komplizierteren Sachverhalt in der Gesamtheit weitgehend unbeschrieben lässt und in dem ein aggressives Agieren Intels auch eine Rolle spielt?
Die letztgenannte Angelegenheit möchte ich zumindest mal versuchen näher zu beschreiben. Sie ist etwas kompliziert und könnte erklären, warum es schwierig ist so einen Sachverhalt in der Kürze der Zeit während einer Telefonkonferenz darzustellen.
Llano sollte das Erbe der Athlons antreten. Start war Juni 2011.Erste Notebooks und damit OEM-Produkte waren ab Mitte Juni verfügbar.Belieferung der OEMs damit also etwa wenigstens schon Anfang Q2/11. Der CPU-Einzelhandel begann Anfang Juli 2011. Die Auswahl war klein, die Verfügbarkeit aber gut.
Am 21.Juli 2011 gab AMD anlässlich der Quartalszahlen eine ungewöhnlich, zuversichtliche Prognose für Q3/11 ab, in der man mit einem Umsatzwachstum von 10% +/-2% rechnete.
Hier muß man einfach unterstellen, das bis zu diesem Zeitpunkt noch keine bedeutenden Yieldprobleme erkennbar geworden waren. Erst in der Folge häuften sich Gerüchte über Fertigungsprobleme, die dann später im September auch offiziell bestätigt wurden und Ende September in einer Umsatzwarnung gipfelten.
Man hört jetzt von Read das der Channel offenbar erst spät im Jahresverlauf mit ausreichenden CPU-Mengen beliefert wurde, der Channel in Erwartung einer erfolgreichen breiten Markteinführung sich aber schon zeitig mit einer entsprechenden Anzahl von Mainboards eingedeckt hatte und nun mangels CPUs das zu einer starken Beeinträchtigung des Llano-Geschäfts führten.
Gleichzeitig und auch ein Effekt der Produktionsprobleme blieb das Preisniveau der Llanos lange Zeit im Vergleich mit den Athlons, bis etwa zum Jahreswechsel recht hoch. Zumindest war das im Einzelhandel bei den Endkundenpreisen zu beobachten.
Was nicht bedeuten muß, das dieses Verhältnis auch bei den Händlerpreisen ähnlich war, aber die Vermutung ist naheliegend.
Wenn man bedenkt, das die Llanos eigentlich die Athlons ablösen mussten, aber deren Preisniveau höher lag, als das entsprechender Athlons(ungeachtet der iGPU verglichen mit Cores und Takt) konnte das im noch preissensibleren Segment, in dem die Athlons angesiedelt sind, nicht ohne Folgen bleiben.
Das Antreten des Athlon-Erbes verlief also alles andere als rund.
Beim Pricing, der Preisgestaltung oder Preisfindung, des Llano gegenüber den Athlons werden vermutlich viele, insbesondere technikinteressierte Beobachter in den "mature markets" wie US oder West-Europa vielleicht einwenden, das ein gewisser Preisaufschlag für den Llano angesichts des Mehrwerts durch die GPU angemessen und akzeptabel sei.
Es gibt aber im Weltmarkt, insbesondere ausserhalb der "mature markets" ein paar Besonderheiten, die wie es jetzt offenkundig wurde, von AMD kaum oder überhaupt nicht beachtet wurden.
Diese Zurüst-Rate, die zusätzliche Bestückung eines PC mit einer Grafikkarte trotz schon vorhandenen integrierter GPU beträgt in:
USA ca. 30%
EMEA ca. 65% , nicht zu verwechseln oder gleichzusetzen mit Europa, schon gar nicht West-Europa. Daten für West-EU unbekannt.
Russland ca.70%
China ca. 80%
Wir können das hier vielleicht kaum nachvollziehen warum man das macht, aber sicher ist das auch eine Erklärung für die große Anzahlung von Grafikkarten der unteren Leistungsklasse. Ein noch nicht genau erforschtes Gebiet bei den Marktforschern, aber Mercury kam in einer "highly experimental" Abschätzung des Preissegmentes der Grafikkarten unter 100$ auf Anteile die immer weit über der 50%-Marke am Gesamtmarkt liegen.
Siehe dazu die Grafik im Beitrag
#1023
Übrigens wurde auch mal Nvidia-Chef Huang auf diese seltsam erscheinende Entwicklung angesprochen, hatte es indirekt bestätigt und auch keine Erklärung dafür parat.
Nun stellt sich für AMD, für das laut eigenem Bekunden APU ihre Strategie sei, ein besonderes und offenbar unterschätztes Problem.
Wenn dem Kunden,ob Channel-PC-Hersteller oder Endkunde der Wert einer APU nicht klar ist, dann sieht er vorrangig darin "nur" eine CPU, wofür er im Vergleich zu einem entsprechenden Athlon-Vorgängermodell aber einen Aufpreis zahlen soll(te).
AMD hat es meinem Kenntnisstand nach versäumt, den direkten Leistungsvergleich mit diskreten Grafikkarten deutlicher zu bewerben, anstelle die Qualitäten beim Abspielen von Filmen,u.ä. zu betonen und dabei den Eindruck zu erwecken, die iGPU sei "nur" einfach ein etwas besserer IGP.
Beim Llano hätte die Botschaft lauten müssen, das die Leistung der integrierten GPU etwa einer diskreten
HD5550/DDR3 entspricht. Eine Zurüstung einer entsprechenden Karte ist überflüssig, die Leistung gibt es gegen geringen Aufpreis bei uns dazu. Oder aber als Alternative die Kopplung der APU mit einer Grafikkarte.
Womit wir wieder zum Preis kommen. Sollte sich AMD jemals ausgerechnet haben, für diese APUs der ersten Generationen zumindest, einen Aufpreis verlangen zu wollen oder zu können, wird das nicht funktionieren. Ich nehme nicht an, das AMD das wollte. Aber jetzt wird deutlich, das die Llanos ungeachtet ihrer GPU-Leistung schnellstmöglich das Preisgefüge des Vorgängers übernehmen müssen.
Offenbar ist man seit Jahreswechsel auch dabei das zu erreichen. In der Quartalskonferenz wurde auch mehrmals angesprochen, das man mit "Educating, Training und Promotion" bis in die niedrigsten Stufen des Channels, den Wert einer APU mehr verdeutlichen möchte.
Ob das gelingt?
Noch zu Intel. Man kann zumindest eine Ahnung davon bekommen, das diese von AMD z.T. selbstverschuldete Schwäche es Intel umso leichter machte, hier mit einem aggressiven Preis Marktanteile abzugreifen.
Am Ende noch ein Rückblick auf eine kleine Geschichte aus dem Mai die man jetzt, nach dem was man auf der Konferenz hören konnte, neu betrachten muß. Da hatte Emmerdeur einen Artikel gefunden, indem berichtet wird das AMD in Indien im April ein Bundle bestehend aus AMD Athlon II X4 641 (grafikloser Llano), einem Mobo und einer nicht näher beschriebenen Radeon-Grafikkarte der Einstiegsklasse für gesamt 8500 Rupien(etwa 125€) auf den Markt gebracht hat.
Jetzt passt das Teil zu dem Desktop-Llano-Channel- Puzzle.
Ansonsten kann ich nur noch mal meine Ansicht über die zukünftigen APUs wiederholen, wonach diese unbedingt ein deutlich höheres Leistungsspektrum erreichen müssen. Wünschenswert wäre das Niveau einer 6750/7750, mindestens aber das einer 6670.
Die unsinnige Produktdiversifizierung über Shader und Takt muss unbedingt aufhören. Wenn große Teile des Marktes schon nicht den Wert einer APU ansich richtig einschätzen können oder wollen, dann werden Produkababstufungen dieser Art schon gar nicht wahrgenommen oder gar honoriert.
Zwei Leistungsklassen sollten genügen; eine für "Office,HTPC" und die höchste Ausbaustufe als "Allround" oder so ähnlich. AMD wird aus der Entwicklung lernen und lernen müssen. Mal sehen, was dabei herauskommt.