Es sieht ja bei aller Vorsicht so aus als ob der Markt die heute gemeldeten Zahlen positiv aufnimmt. Als Aktionär freut mich das natürlich, ich finde es aber auch nachvollziehbar.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Bastei Lübbe AG selber im Quartalsbericht in der Zahlenübersicht "Auf einen Blick" das Kerngeschäft (Bereiche "Buch" und "Roman") vom "Rest" trennt. Dadurch wird mMn noch einmal sehr deutlich gemacht, dass man den Bereich "Games", vulgo Daedalic" nicht mehr zum Kerngeschäft rechnet.
Auch der mehrfache Hinweis darauf, dass man sich vorbehält, dass die Prognose für das Konzern-Ebit "unter Berücksichtigung der Prüfung von Optionen der Restrukturierung und Neuausrichtung des Geschäftsmodells im Bereich "Games" weiterhin fortlaufend überprüft und erneut angepasst" werden soll, lässt für mich nur den Schluss zu, dass man in Köln "wild entschlossen" ist, das Thema Daedalic nunmehr endgültig abzuräumen. Und auch wenn das offenbar noch einmal weiteren Abschreibungsbedarf bedeuten könnte, wäre das mMn eine gute Nachricht.
Wie wichtig eine entsprechende Bereinigung wäre, lässt sich auch aus den auf der Homepage verlinkten Researchberichten von Warburg und DZ Bank ablesen. Beide Researcher haben übereinstimmend festgestellt, dass die Auswirkung auf das Nettoergebnis vergleichsweise gering ist ( zwischen gut 10 und knapp 20%), durch die Unsicherheit über die endgültige Lösung für Daedalic aber "der Markt" verunsichert wird.
Als Konsequenz senken beide Researcher ihre Zielkurse (Warburg von 4,30 Euro auf 3,10 Euro und bei der DZ Bank von 3,60 Euro auf 2,20 Euro). Und wie sehr die DZ Bank z.B. die Unsicherheit als "kurszielsenkend" ansieht, kann man ermessen, wenn man sich die (nunmehr korrigierten) EpS Schätzungen des Analysten anschaut. Dieser geht für das kommende Jahr von einem EpS von guten 27 Cent aus und für das Jahr darauf sogar von 32 Cent - da ist der Zielkurs von 2,20 Euro tatsächlich eher extrem vorsichtig (das KGV würde da bei 8,1 bzw. bei 6,9 liegen).
www.luebbe.com/web/downloads/module/...ei_Luebbe_07022020.pdf
www.luebbe.com/web/downloads/module/...omment_20200207_de.pdf
Wenn man sich die Q3 Zahlen genauer anschaut und die letzten Quartale auch mal auf Segmentebene betrachtet, stellt man fest, dass die Kerngeschäftsfelder von Bastei Lübbe durchaus attraktiv sind. Herr Zimmermann hat bei einem Aktienforum der DSW in Köln im letzten Jahr die "Skalierbarkeit" des Geschäftsmodells als ein wichtiges Asset herausgestellt.
Der Romanbereich ist dabei sehr stabil - seit Jahren liefert dieser Bereich etwa 10 Mio Euro Umsatz und etwa 1 Mio Euro Jahresüberschuss. Durch die Abgabe der Sparte Rätselhefte hat man zwar Umsatz in diesem Bereich verloren - aber planmäßig keinen Jahresüberschuss. Für das laufende Jahr (und vermutlich auch für die kommenden Jahre) geht man bei Bastei Lübbe von nunmehr 7 Mio Euro aus und einem recht stabilen Ebit von 0,8 Mio Euro gerechnet (was immerhin einer schönen Marge von 11% entsprechen würde)
Der Buchbereich weist Stand 31.12.2019 einen Umsatz von gut 56 Mio Euro und ein Ebit von 2,3 Mio Euro aus. Wie schon erwähnt ist dabei zu erwähnen, dass man in diesem Jahr mit einem vergleichsweise geringeren Umsatz gerechnet hat, weil man in den Vorjahren aufgrund der prekären Finanzlage die Investitionen in Autoren und Manuskripte bewusst verringert hat bzw. verringern musste. Die Finanzlage hat sich aber in den letzten beiden Jahren dramatisch verbessert - am Ende des Jahres soll die Nettoverschuldung bei nur noch 10 Mio Euro liegen - am Ende des Geschäftsjahres 2016/2017 lag diese noch bei 41,4 Mio Euro - die Netoschulden werden sich in 2020 also um 75% reduziert haben.
Und wenn man mehr Geld in internes (Autoren und Manuskripte) plus externes (Übernahme von Imprints, Erhöhung von Beteiligungen an Verlagen wie Community Editions) Wachstum lenken kann, weil sich die Finanzsituation deutlich verbessert hat (und auch die jetzt leider vorzunehmenden Korrekturen in Sachen Daedalic sind ja nicht cashwirksam), kann man über höhere Umsätze in diesem Bereich auch höhere Jahresüberschüsse erzielen, weil ja die die Kosten (z.B. Personalkosten) nicht in gleichem Umfang mitwachsen.
Diesen Effekt kann man auch in der Segmentberichterstattung je Quartal ablesen. In den Weihnachstquartalen 2018 und 2019 hat man bei gut 21 Mio Euro Umsatz jeweils ein Ebit von 1,5 Mio Euro etwa erreicht - das bedeutet, wenn man den Buchumsatz entsprechend steigern kann, ist eine Ebitmarge von gut 7% durchaus erreichbar - im Bereich Buch!
Insofern würde ich persönlich (kein Analyst sondern Aktionär) bei einer Bastei Lübbe OHNE DAEDALIC durchaus Chancen sehen, einen Umsatz von zwischen 80 und 85 Mio Euro im kommenden Jahr für erreichbar halten (8 Mio Euro Roman und 75 Mio Euro im Bereich Buch).
Daraus halte ich persönlich durchaus ein Ebit von zwischen 5 und 6 Mio Euro für möglich (wie gesagt im Bereich "Buch" durch höhere Umsätze eine Marge von 6,5 % und im Romanbereich stabile Margen und Umsätze).
Rechnet man angesichts der geringer werdenden Nettoverschuldung mit 1 Mio Euro Zinsaufwand und einem Steuersatz von 30% ergibt sich dann ein rechnerisches EpS (bei 13,2 Mio Aktien) von 24 Cent.
Das ist natürlich ein Rechenspielchen - aber mMn (hoffentlich nicht ganz) substanzlos ;).
In diesem Sinne wünsche ich einen charmanten Abend.