HINTERGRUND: Mit BP würden die Briten ein zweites Empire verlieren
12.07.10 12:43
LONDON (dpa-AFX) - Ist es vorstellbar, dass die britische Regierung BP von der amerikanischen Konkurrenz schlucken lässt? So mancher Kenner meint: Never! Denn BP steht für den globalen Einfluss, den Großbritannien auch auf politischer Ebene sucht. BP ist ein Empire für sich. Die Beziehung zwischen BP und Her Majesty's Government gilt traditionell als eng. Vor allem unter der Regierung von Tony Blair (1997-2007) lagen die Interessen beider Seiten so nah beieinander, dass manche Kritiker BP mit "Blair Petroleum" übersetzten. Nach Blairs Rücktritt wurde darüber spekuliert, dass er zu BP wechseln könnte. Seit den Tagen der East India Company, die im 18. Jahrhundert in enger Zusammenarbeit mit dem britischen Staat das Kolonialreich in Indien aufbaute, gilt auf der Insel der Satz: "Der Handel folgt der Flagge." Im Fall von BP sei das jedoch genau umgekehrt, sagte einmal Lord Browne, der BP ganze zwölf Jahre lang führte - von 1995 bis 2007. Als BP zum Beispiel zur Erschließung von Ölreserven nach Aserbaidschan gegangen sei, habe der erste diplomatische Vertreter Großbritanniens sein Büro bei BP angemietet. Im vergangenen Jahr räumte der damalige Justizminister Jack Straw offen ein, dass bei der Entscheidung über das Schicksal des später freigelassenen libyschen Lockerbie-Attentäter Ölgeschäfte eine Rolle gespielt hätten. "Ja, das beinhaltete auch Handelsgeschäfte (...) und danach gab es den BP-Deal", sagte Straw mit Blick auf einen für BP sehr lukrativen Fördervertrag mit Libyen. Bezeichnenderweise hat BP seinen Hauptsitz auch nicht etwa in der City of London, dem Finanzviertel, wo sonst alle Großen ihre Glastürme gebaut haben. Nein, BP residiert vornehm am St James's Square in Westminster, ganz in der Nähe von Downing Street und Parlament. Im britischen Leben ist der Konzern sehr präsent. Da sind nicht nur die Tankstellen mit dem hübschen gelbgrünen Blumen-Logo, bei dem man eher an Naturschutz als an Öl denken soll. Zurzeit hängen in der Londoner U-Bahn überall Plakate, die für den jährlichen Porträt-Preis von BP werben. Das ist nur eines von vielen Beispielen. Dann gibt es natürlich ganz handfeste Interessen. So gehört BP der größte Teil der britischen Energie-Infrastruktur, darunter ein Leitungssystem, das über 50 Öl- und Gasfelder in der Nordsee verbindet. All das sind gute Gründe, diese Kronjuwelen nicht in die Hand der Amerikaner fallen zu lassen. Zumal Außenminister William Hague gerade erst in einer Grundsatzrede die Notwendigkeit einer britischen Führungsrolle in der Welt unterstrichen hat. Kritiker, die diesen Anspruch seit langem anprangern, sehen hingegen Parallelen zwischen BP und den großen britischen Banken, die sich ebenfalls zu global players aufschwangen und dann in der Finanzkrise vom Staat gerettet werden mussten. Großbritannien habe sich schon zu lange eingeredet, dass es oberhalb seiner Gewichtsklasse mitboxen könne, kritisierte am Montag die "Guardian"-Kolumnistin Madeleine Bunting: "Wir sollten uns vor Größenwahn tunlichst hüten."/cd/DP/fn
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