Geldanlagereport schreibt...
Deutsche Börse AG:
Comeback oder Strohfeuer?
Längst ist bei den Börsenbetreibern diesseits und jenseits des Atlantiks Ernüchterung eingekehrt. Die fusionsgetriebenen Kursexzesse des Jahres 2007 sind Vergangenheit. Die Aktien der Deutschen Börse gehören in 2010 zu den schwächsten Performern im DAX. Der jüngste Kursanstieg gibt jedoch Hoffnung auf eine Trendwende. Zurecht?
Prinzipiell ist festzustellen, dass das gute Ergebnis im dritten Quartal mit zwar minimalen aber immerhin vorhandenen Steigerungen bei Umsatz und Vorsteuergewinn vor allem auf Kosteneinsparungen in allen Bereichen zurückzuführen gewesen ist.
Dazu gehören neben dem Produkt- und Dienstleistungsangebot alle zentralen Felder der Kapitalmarkt-Infrastruktur. Im Einzelnen sind dies die Abwicklung der Aufträge im Aktien- und Terminhandel, die Bereitstellung von Marktinformationen und die Entwicklung und der Betrieb elektronischer Handelssysteme.
Letztlich hängt der Erfolg der Deutschen Börse von der Entwicklung der Handelsvolumina an den deutschen Börsen ab. Steigende Kurse führen tendenziell zu höheren Volumina und damit zu höheren Gebühreneinnahmen für den Börsenbetreiber.
Am US-Markt verzockt
Dass die Aktie zuletzt trotzdem nicht in Schwung kam, lag vor allem daran, dass sich die Deutsche Börse am US-Markt mit einer Übernahme verzockt hat. Auf den Ende 2007 erfolgten Kauf der ISE (International Securities Exchange), die auch auf den Handel mit Optionen spezialisiert hat, muss eine Wertminderung in Höhe von 450 Millionen Euro vorgenommen werden. Der Kaufpreis hatte ursprünglich bei 2,8 Milliarden US-Dollar gelegen.
Die ISE befindet sich in einem selbstzerstörerischen Preiskampf mit den US-Konkurrenten Nasdaq OMX und NYSE Euronext. Abschreibungen waren vom Markt befürchtet worden und lasteten zuletzt auf der Aktie der Deutschen Börse.
Als die schlechte Nachricht schließlich veröffentlicht worden war, reagierte die Aktie mit einem Erleichterungshüpfer.
Mehr Value- als Wachstumsaktie
Fraglich ist allerdings inwieweit die Börse in der Lage sein wird, die Umsätze organisch zu steigern, wenn es am Gesamtmarkt keine Fortsetzung der aktuellen Rallye geben sollte.
Beobachter sprechen immer noch von einem Investitionsstau bei einigen Anlegern. Soll heißen: Durch die Krise abgeschreckte Investoren sind teilweise immer noch nicht wieder an den Aktienmarkt zurückgekommen. Trotz des Kursaufschwungs bleiben die Handelsvolumina speziell bei Nebenwerten relativ niedrig. Die Frage ist: Kommen diese Anleger noch im Laufe des aktuellen, konjunkturellen Aufwärtszyklus zurück oder nicht?
Davon dürfte es letztlich abhängen, wie sich die Aktie der Deutschen Börse AG in den kommenden Monaten entwickeln wird.
Denn: Attraktive Übernahmeobjekte sind nicht in Sicht. Zudem dürften die negativen Erfahrungen mit der ISE den Kaufhunger der Verantwortlichen vorläufig ohnehin gebremst haben.
Ungeachtet dessen ist die Aktie aber beim aktuellen Kurs von 52,40 Euro so niedrig bewertet, dass sie langsam aber sicher auch für wertorientierte Anleger interessant werden dürfte (nachdem früher vor allem die Wachstumsperspektiven als Kaufargument gegolten haben).
Mit einem 2010er/11er-KGV von 14 bzw. elf ist die Aktie inzwischen alles andere als teuer bewertet. Die Dividende von 4,0 Prozent ist ebenfalls attraktiv, speziell wenn man berücksichtigt, dass die durchschnittliche Dividendenrendite im DAX durch die starken Kursanstiege bei einigen Werten deutlich zurückgekommen ist.
Risiken bleiben
Trotzdem ist die Aktie nicht unbedingt für konservative Anleger geeignet. Mögliche weitere Marktanteilsverluste der ISE könnten genauso Druck auf den Kurs bringen wie ein eventueller Kurseinbruch am Aktienmarkt.
Zunächst könnte man hier zwar durch weitere Kostensenkungen gegensteuern, aber mittelfristig dürfte das Einsparpotenzial ausgereizt sein. Dann hilft nur noch echtes Wachstum und das wird es nur dann geben, wenn der Aktienmarkt weiter nach oben läuft.
MEIN FAZIT:
- Die Aktie der Deutsche Börse AG ist vom Performance-König zum Underperformer geworden. Dafür verantwortlich ist u.a. die zu teure Übernahme der US-Börse ISE.
- Die Wachstumsperspektiven sind mau. Lediglich eine anhaltende Rallye am Aktienmarkt könnte die Aktien der Deutsche Börse AG beflügeln.
- Die inzwischen relativ niedrige fundamentale Bewertung könnte wertorientierte Anleger anlocken, die jedoch die Risiken nicht unterschätzen sollten.
Die Aktie ist aktuell eine Halteposition!