TeamMail von Kai-Uwe Ricke: Erstes Halbjahr 2006
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wir stellen heute Vormittag unsere Geschäftszahlen für das erste Halbjahr vor. Mit diesem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein, und mit Sicherheit werden wir keine positiven Schlagzeilen schreiben oder Applaus auf dem Börsenparkett ernten. Ein genauer Blick auf die Geschäftsentwicklung zeigt ein sehr heterogenes Bild. Während es international wie erwartet läuft, haben wir in Deutschland ein gravierendes Problem. Hier hat sich das Wettbewerbsumfeld erneut dramatisch verschärft. Der Vorstand hat dies zum Anlass genommen, unsere Erwartungen und Planungen für das Jahr 2006 intensiv zu überprüfen. Gleichzeitig haben wir eine klare Vorstellung davon, wie wir den Konzern zukunftssicher machen und wer welche Aufgaben zu erledigen hat.
Was ist auf unseren Märkten passiert?
In den vergangenen Monaten hat sich die Wettbewerbssituation in Deutschland in einem Ausmaß verschärft, wie wir es nicht erwartet haben. Schon bei der Vorstellung der Zahlen zum Geschäftsjahr 2005 - mit dem besten Ergebnis in der Telekom Geschichte - hatte ich vor zuviel Optimismus gewarnt. Wir wussten, dass vor allem in Deutschland der Markt sehr schwierig bleibt. Die Intensität und die Geschwindigkeit des Wettbewerbs haben uns aber teilweise überrascht. Hier sind wir nicht allein: Die gesamte Telekommunikationsindustrie befindet sich in einer schwierigen Übergangsphase.
Wie ist das erste Halbjahr gelaufen?
Der Konzernumsatz stieg um 3,2 Prozent auf 30,0 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes EBITDA genannt) ist um 2,4 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro gesunken. Der Konzernüberschuss ist mit 2,0 Mrd. Euro nahezu stabil geblieben. Der genauere Blick zeigt aber: Der Umsatz im Inland ist um 4,0 Prozent auf 16,3 Mrd. Euro gesunken, während er im Ausland um 13,5 Prozent auf 13,6 Mrd. Euro gestiegen ist. Das bereinigte EBITDA ist im Inland um 5,8 Prozent auf 6,2 Mrd. Euro gesunken, während es im Ausland um 4,1 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro gestiegen ist.
Jetzt müssen wir die wirtschaftliche Prognose für das Gesamtjahr nach unten korrigieren. Wir gehen davon aus, dass der Umsatz zwischen 61,5 und 62,1 Milliarden Euro liegen wird. Bislang waren wir von 62,1 bis 62,7 Milliarden Euro ausgegangen. Das bereinigte EBITDA erwarten wir um 1 Milliarde Euro niedriger, also zwischen 19,2 und 19,7 Milliarden Euro.
Die Detailanalyse zeigt: Unsere Probleme liegen in erster Linie im Inlandsgeschäft - und zwar über alle Geschäftsfelder hinweg. Das trifft uns doppelt hart. Denn unsere Auslandsgeschäfte entwickeln sich gut, aber dort sind die Gewinnmargen deutlich geringer als in Deutschland. Deshalb müssen wir in unserem Heimatmarkt um Marktanteile kämpfen. Wo wir Boden verloren haben, da müssen wir ihn zurückgewinnen.
Wie agieren wir in Zukunft?
Um erfolgreich zu sein, werden wir:
1. mit aggressiven Preismodellen und neuen Produkten sowie exzellentem Service im Festnetz und im Mobilfunk unsere Umsatzbasis im Inland absichern.
2. unsere Kostenbasis deutlich absenken. Zentraler Bestandteil ist dabei der forcierte Ausbau unserer breitbandigen, IP-basierten Netzplattform. Wir werden alle Dienste von anderen Netzen auf diese eine Produktionsplattform migrieren.
3. die Sicherung des so genannten Free Cash Flows als zentrale Messgröße für den Unternehmenserfolg in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen. Das heißt auch, dass wir uns nochmals intensiv mit den geplanten Investitionen beschäftigen.
Wie treten wir am Markt auf?
So können wir im Geschäftsfeld Breitband/Festnetz jetzt mit der Verschmelzung von T-Com und T-Online offensiv im Markt auftreten. Die Mannschaft um Walter Raizner hat neue Produkte gestartet und bringt in Kürze eine komplett neue, übersichtliche und einfache Preisstruktur auf den Markt. Dabei werden wir nicht nur Pakete und Komplettangebote schnüren, sondern auch die Preise deutlich senken.
T-Mobile geht mit einfachen und drastisch gesenkten Preisen an den Markt. Dazu bringen René Obermann und die deutsche Organisation beispielsweise ein Bundle-Angebot, das unseren Kunden für deutlich unter 10 Cent pro Minute ermöglicht, mobil zu telefonieren - egal, ob die Gespräche ins Festnetz, ins eigene Mobilfunknetz oder in fremde Handynetze gehen.
Im Geschäftskundenbereich verzeichnen wir im zweiten Quartal einen klar steigenden Trend mit einem Anstieg des Auftragseingangs um 35 Prozent - im Vergleich zu den ersten drei Monaten. Angesichts des Preisdrucks und der harten Anforderungen, die unsere Kunden stellen, hat T-Systems unter der Leitung von Lothar Pauly den klaren Auftrag, auch hier noch weiter zuzulegen.
Ich habe in der Vergangenheit bereits gesagt, dass die Deutsche Telekom vor gewaltigen Herausforderungen steht. Um offen zu sein: Ich habe ab und an das Gefühl, dass diese Botschaft noch nicht bei jedem im Konzern angekommen ist. Spätestens heute sollte jedem Mitarbeiter, jeder Führungskraft klar sein, wie ernst die Lage ist. Damit kann sich wirklich niemand mehr hinter den Gewinnen, Leistungen und Erfolgen von gestern verstecken.
Uns bläst ein kräftiger Wind ins Gesicht. Dem werden wir nur standhalten können, wenn wir den Kunden überzeugende Angebote und besten Service bieten. Am Ende des Tages zählen wir zu den Gewinnern, wenn wir es wie die WM-Mannschaft von Jürgen Klinsmann machen: Alle hängen sich rein, kein Weg ist zu weit, Schwächen werden durch Teamgeist kompensiert, alle wissen, worauf es ankommt, man trennt sich aber auch von der ein oder anderen Gewohnheit. Und: Alle kennen nur ein Ziel - dem Kunden zu dienen. Wenn wir von diesem Geist etwas in den Konzern bringen, unseren internen und externen Kunden jeden Tag aufs Neue zeigen, dass wir mehr als 100 Prozent geben, dann werden wir auch Erfolg haben.
Mit besten Grüßen
Kai-Uwe Ricke