Der Wachstums-Wahn am Neuen Markt katapultierte viele Unternehmen in die Höhe. Nach dem Absturz müssen die Firmen die Trümmer zusammenfegen - und sich die Frage stellen: Hat es sich gelohnt?
von Matthias Iken
Nein, sie bereuen nichts. Zumindest würden sie es wieder tun, wie damals in den verrückten Jahren eines anderen Jahrtausends - das noch weiter weg ist als es klingt. Michael Haentjes vom Musik-Anbieter Edel, Matthias Schrader vom Internet-Dienstleister Sinner-Schrader oder Heino Büchner vom Software-Entwickler Gauss - sie alle haben als Mittelständler den Sprung an den Neuen Markt gewagt. Sie alle haben den rasanten Aufstieg ins Rampenlicht erlebt - und den tiefen Fall zurück in die Realität. Heute sind sie dort angekommen, wo sie schon vor dem Neuen Markt standen - Mittelständler in Hamburg, Mittelständler in Deutschland.
Vor wenigen Jahren schickten sich einige dieser Firmen noch an, zu Weltkonzernen zu mutieren. Edel Music zum Beispiel, 1986 als Ein-Mann-Unternehmen gestartet, wuchs wie eine Hefepilz. Im Jahr 2000 überschritt der Konzern gar die Umsatz-Marke von einer Milliarde D-Mark. Inzwischen ist eine neue Bescheidenheit eingezogen: Im laufenden Geschäftsjahr rechnet Haentjes nur noch mit 130 bis 150 Mio. Euro Erlös. "Wir fühlten damals anders, als wir vorher fühlten", sagt Haentjes über die Zeit, als nur eines in der Wirtschaft galt: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Doch Edel wuchs zu schnell, um zu spüren, dass sie Getriebene waren - getrieben von den Anlegern, den Medien, den Fondsmanagern, den Analysten, den Beratern, den Banken. Haentjes: "Einige Fondsmanager verlangten jeden Monat eine gute Ad-hoc-Meldung. Wenn keine kam, riefen sie an: "Jungs, schlaft Ihr eigentlich?'"
Von Schlaf konnte keine Rede sein. Alle zwei Wochen jettete Haentjes nach New York, um zu präsentieren oder zu akquirieren. In einer einzigartigen Tour um die Welt floss das Geld aus dem Börsengang in Übernahmen und Unternehmensgründungen. "Das war schon ein tolles Gefühl - Sie waren der Mächtige, der den Scheck ausstellen konnte", erinnert sich Haentjes. Im Jahre 2000 bestand Edel aus einem Geflecht von insgesamt 107 Beteiligungen - und die Börse funktionierte lange wie ein Pyramidenspiel. Jede neue Übernahme wurde zunächst mit einem Kursplus gefeiert - und machte Mut zu einer weiteren Shoppingtour.
Zweifel kamen kaum einem: "Bei anderen kamen uns die Zahlen zwar spanisch vor - aber bei unserem Modell waren wir uns sicher." Schließlich hatte es jahrelang geklappt - doch später die bittere Erkenntnis: Es war ein Schönwettermodell. Ein Großkredit im Jahre 2000 sollte Edel den erdumspannenden Einkaufsbummel zwischenfinanzieren, bevor die nächste Kapitalerhöhung das nötige Geld in die Kassen bringen sollte. Doch dann kam der Crash und spülte die schönen Pläne fort wie die Flut eine Sandburg am Strand. Die Refinanzierung scheiterte, der Wert der akquirierten Beteiligung schmolz zusammen. Und der Einkaufs- folgte die Verkaufswelle, um überhaupt zu überleben: "Wir standen am Abgrund", erinnert sich Haentjes. "Das Verramschen einiger Beteiligungen tat tierisch weh. Wenn wir den alten Konzern noch zusammen hätten, stünden wir jetzt nicht mehr so schlecht da wie damals."
Heute sind Edel neben dem Deutschland-Geschäft sieben operative Auslandsgesellschaften geblieben. "Wer einmal den Abgrund gesehen hat, wird risiko-averser", sagt Haentjes. Heute konzentriert sich Edel, inzwischen schuldenfrei, wieder auf sein altes Kerngeschäft. "Der Druck hat nachgelassen - für die künstlerische Freiheit ist das nur gut." Und auf den Aktienkurs schielt längst niemand mehr in dem Unternehmen: Der verharrt zwischen 55 und 65 Cent. "Ich habe geistige Freiheit gewonnen - und viel Vermögen verloren." Die Börse sieht Haentjes inzwischen kritisch. "Kosten und Nutzen stehen bei uns heute in keiner Relation mehr. In unserem Fall hat die Börse versagt."
Eine Bestandsaufnahme, die auch Heino Büchner, Gründer der Gauss Interprise unterschreiben kann: "Gauss ist ein deutsches Mittelstands-Unternehmen - mit allen guten und schlechten Eigenschaften", sagt er heute. Gegründet als hochspezialisiertes IT-Dienstleistungsunternehmen, kam Mitte der Neunziger Jahre die Konzentration auf Software-Entwicklung. "Nach Gründung des Neuen Marktes waren plötzlich Wagniskapitalgeber da, die gute Produktideen finanzieren wollten." Und die Hamburger hatten eine gute Produktidee - Software für Web-Content-Management. Ursprünglich plante Gauss den Börsengang für das Jahr 2002, doch Banken und Kapitalgeber drückten aufs Tempo. "Ich stand als deutscher Mittelständler plötzlich vor der internationalen Hochfinanz. Ich hatte einen Unternehmenswert von 10 bis 20 Millionen erwartet, doch die Investmentbanker taxierten uns auf 500 bis 700 Millionen Euro." Der Börsengang kam 1999 und bald der erste Fehler - denn auch Gauss finanzierte einen großen Zukauf auf Pump: 2000 erwarb Büchner das US-Unternehmen Magellan, in der festen Erwartung einer späteren Kapitalerhöhung oder eines Zweitlisting an der Nasdaq. Doch auch hier kam der Crash dazwischen. "Es ging alles viel zu schnell. Und alle haben versagt, wir, die Wirtschaftsprüfer, die Berater, die Banken."
Für seine Aktionäre und ihn ein teures Versagen: "Ich trauere den virtuellen Millionen nicht hinterher. Aber vielleicht hätte ich zu Hochzeiten mehr verkaufen sollen, um die Kriegskasse zu füllen", meint Büchner. Heute kämpft Gauss - in der Gewissheit, eine Zukunftstechnologie und gute Kunden zu besitzen - mit der andauernden Investitionszurückhaltung der Industrie.
Dasselbe Problem hat auch der Internet-Dienstleister Sinner-Schrader: Das Unternehmen war 1999 als Exot an den Neuen Markt gegangen - als eines der ganz wenigen Unternehmen, die vor dem Going Public überhaupt schwarze Zahlen geschrieben hatten. In dieser Zeit wuchs der Markt der Web-Agenturen ungeheuer rasant, dem Wachstum schienen keine Grenzen gesetzt: Die ersten Unternehmen hatten den Sprung an die Börse gewagt, sehr viele Konkurrenten drängten an den Neuen Markt, zudem expandierte die ebenfalls börsennotierte Konkurrenz aus dem Ausland nach Hamburg. "Wir mussten damals an die Börse, um unsere Marktstellung zu halten und das zu bewahren, was wir aufgebaut hatten", sagt Matthias Schrader. Im Rekordtempo kam der Börsengang. Und die verrückte Welt des Neuen Marktes drang zumindest für einige Tage in die Welt von Sinner und Schrader: "Wir wurden mit der Luxuslimousine vom Flughafen abgeholt und in Suiten untergebracht, die größer waren als unsere Wohnungen". Die private Rückfahrt am Tag der Erstnotiz von Frankfurt nach Hamburg sah dann schon wieder anders aus. "Das erste Kursplus von über 80 Prozent haben wir mit Aldi-Schampus in der zweiten Klasse gefeiert."
Heute weiß Schrader, dass es möglicherweise gerade diese Bodenständigkeit und Bescheidenheit war, die das Unternehmen gerettet hat, während die meisten schillernden Konkurrenten längst von der Bildfläche verschwunden sind. "Wir waren nicht die internationalen Typen, sondern Hamburger Jungs. Wir agierten langsam und vorsichtig - das hat uns gerettet", so Schrader. Lediglich eine Übernahme schlug ins Kontor, während die Konkurrenz im Wochenrhythmus akquirierte. "Wenn man deren Pressemitteilungen las, stand man schon ein wenig unter Druck. Aber die anderen waren immer schneller und mehr zu zahlen bereit." Doch der Wert der Sinner-Schrader-Aktie vervielfachte sich auch so - angetrieben durch absurde Empfehlungen in Börsenbriefen - und stieg über 90 Euro. "Das kam einem schon unheimlich vor - jeder Mitarbeiter war plötzlich 15 Millionen Euro wert".
Doch unheimlich ging es auch weiter - von 90 Euro fiel die Aktie auf 90 Cent. Inzwischen hat sie sich - auch angesichts der weiter vorhandenen Bargeldreserven - bei rund zwei Euro stabilisiert. "Die Börse spielt aber keine Rolle mehr", sagt Schrader. Wie auch Büchner oder Haentjes kann er den aktuellen Kurs nur schätzen. Dass der Kursticker nicht aus den Augengelassen wird, ist in den Firmen längst Vergangenheit.
Bei allem Lehrgeld, das bei den Beteiligten in die Millionen geht, schwingt ein gewisser Stolz mit, dabei gewesen zu sein: "Auch wenn der Druck enorm war - irgendwie war es toll", sagt Haentjes. Büchner spricht von einer "interessanten Zeit, die ich nicht missen möchte." Er hält den Neuen Markt trotz seines Scheiterns für "außerordentlich wichtig." Auch Schrader bereut nichts: "Unsere Bilanz ist insgesamt positiv. Ohne den Börsengang hätten wir vermutlich noch mehr graue Haare." Zugleich scheinen die drei Unternehmer ganz zufrieden damit, dass sie nach einer Phase des wirren Wachstums die Langsamkeit neu entdeckt haben und Zeit zurück gewinnen konnten, um sich mehr um die Firma als den Kurs zu scheren. "Heute kann ich endlich das tun, was ich will", sagt Haentjes. Das klingt nach einer Befreiung.
von Matthias Iken
Nein, sie bereuen nichts. Zumindest würden sie es wieder tun, wie damals in den verrückten Jahren eines anderen Jahrtausends - das noch weiter weg ist als es klingt. Michael Haentjes vom Musik-Anbieter Edel, Matthias Schrader vom Internet-Dienstleister Sinner-Schrader oder Heino Büchner vom Software-Entwickler Gauss - sie alle haben als Mittelständler den Sprung an den Neuen Markt gewagt. Sie alle haben den rasanten Aufstieg ins Rampenlicht erlebt - und den tiefen Fall zurück in die Realität. Heute sind sie dort angekommen, wo sie schon vor dem Neuen Markt standen - Mittelständler in Hamburg, Mittelständler in Deutschland.
Vor wenigen Jahren schickten sich einige dieser Firmen noch an, zu Weltkonzernen zu mutieren. Edel Music zum Beispiel, 1986 als Ein-Mann-Unternehmen gestartet, wuchs wie eine Hefepilz. Im Jahr 2000 überschritt der Konzern gar die Umsatz-Marke von einer Milliarde D-Mark. Inzwischen ist eine neue Bescheidenheit eingezogen: Im laufenden Geschäftsjahr rechnet Haentjes nur noch mit 130 bis 150 Mio. Euro Erlös. "Wir fühlten damals anders, als wir vorher fühlten", sagt Haentjes über die Zeit, als nur eines in der Wirtschaft galt: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Doch Edel wuchs zu schnell, um zu spüren, dass sie Getriebene waren - getrieben von den Anlegern, den Medien, den Fondsmanagern, den Analysten, den Beratern, den Banken. Haentjes: "Einige Fondsmanager verlangten jeden Monat eine gute Ad-hoc-Meldung. Wenn keine kam, riefen sie an: "Jungs, schlaft Ihr eigentlich?'"
Von Schlaf konnte keine Rede sein. Alle zwei Wochen jettete Haentjes nach New York, um zu präsentieren oder zu akquirieren. In einer einzigartigen Tour um die Welt floss das Geld aus dem Börsengang in Übernahmen und Unternehmensgründungen. "Das war schon ein tolles Gefühl - Sie waren der Mächtige, der den Scheck ausstellen konnte", erinnert sich Haentjes. Im Jahre 2000 bestand Edel aus einem Geflecht von insgesamt 107 Beteiligungen - und die Börse funktionierte lange wie ein Pyramidenspiel. Jede neue Übernahme wurde zunächst mit einem Kursplus gefeiert - und machte Mut zu einer weiteren Shoppingtour.
Zweifel kamen kaum einem: "Bei anderen kamen uns die Zahlen zwar spanisch vor - aber bei unserem Modell waren wir uns sicher." Schließlich hatte es jahrelang geklappt - doch später die bittere Erkenntnis: Es war ein Schönwettermodell. Ein Großkredit im Jahre 2000 sollte Edel den erdumspannenden Einkaufsbummel zwischenfinanzieren, bevor die nächste Kapitalerhöhung das nötige Geld in die Kassen bringen sollte. Doch dann kam der Crash und spülte die schönen Pläne fort wie die Flut eine Sandburg am Strand. Die Refinanzierung scheiterte, der Wert der akquirierten Beteiligung schmolz zusammen. Und der Einkaufs- folgte die Verkaufswelle, um überhaupt zu überleben: "Wir standen am Abgrund", erinnert sich Haentjes. "Das Verramschen einiger Beteiligungen tat tierisch weh. Wenn wir den alten Konzern noch zusammen hätten, stünden wir jetzt nicht mehr so schlecht da wie damals."
Heute sind Edel neben dem Deutschland-Geschäft sieben operative Auslandsgesellschaften geblieben. "Wer einmal den Abgrund gesehen hat, wird risiko-averser", sagt Haentjes. Heute konzentriert sich Edel, inzwischen schuldenfrei, wieder auf sein altes Kerngeschäft. "Der Druck hat nachgelassen - für die künstlerische Freiheit ist das nur gut." Und auf den Aktienkurs schielt längst niemand mehr in dem Unternehmen: Der verharrt zwischen 55 und 65 Cent. "Ich habe geistige Freiheit gewonnen - und viel Vermögen verloren." Die Börse sieht Haentjes inzwischen kritisch. "Kosten und Nutzen stehen bei uns heute in keiner Relation mehr. In unserem Fall hat die Börse versagt."
Eine Bestandsaufnahme, die auch Heino Büchner, Gründer der Gauss Interprise unterschreiben kann: "Gauss ist ein deutsches Mittelstands-Unternehmen - mit allen guten und schlechten Eigenschaften", sagt er heute. Gegründet als hochspezialisiertes IT-Dienstleistungsunternehmen, kam Mitte der Neunziger Jahre die Konzentration auf Software-Entwicklung. "Nach Gründung des Neuen Marktes waren plötzlich Wagniskapitalgeber da, die gute Produktideen finanzieren wollten." Und die Hamburger hatten eine gute Produktidee - Software für Web-Content-Management. Ursprünglich plante Gauss den Börsengang für das Jahr 2002, doch Banken und Kapitalgeber drückten aufs Tempo. "Ich stand als deutscher Mittelständler plötzlich vor der internationalen Hochfinanz. Ich hatte einen Unternehmenswert von 10 bis 20 Millionen erwartet, doch die Investmentbanker taxierten uns auf 500 bis 700 Millionen Euro." Der Börsengang kam 1999 und bald der erste Fehler - denn auch Gauss finanzierte einen großen Zukauf auf Pump: 2000 erwarb Büchner das US-Unternehmen Magellan, in der festen Erwartung einer späteren Kapitalerhöhung oder eines Zweitlisting an der Nasdaq. Doch auch hier kam der Crash dazwischen. "Es ging alles viel zu schnell. Und alle haben versagt, wir, die Wirtschaftsprüfer, die Berater, die Banken."
Für seine Aktionäre und ihn ein teures Versagen: "Ich trauere den virtuellen Millionen nicht hinterher. Aber vielleicht hätte ich zu Hochzeiten mehr verkaufen sollen, um die Kriegskasse zu füllen", meint Büchner. Heute kämpft Gauss - in der Gewissheit, eine Zukunftstechnologie und gute Kunden zu besitzen - mit der andauernden Investitionszurückhaltung der Industrie.
Dasselbe Problem hat auch der Internet-Dienstleister Sinner-Schrader: Das Unternehmen war 1999 als Exot an den Neuen Markt gegangen - als eines der ganz wenigen Unternehmen, die vor dem Going Public überhaupt schwarze Zahlen geschrieben hatten. In dieser Zeit wuchs der Markt der Web-Agenturen ungeheuer rasant, dem Wachstum schienen keine Grenzen gesetzt: Die ersten Unternehmen hatten den Sprung an die Börse gewagt, sehr viele Konkurrenten drängten an den Neuen Markt, zudem expandierte die ebenfalls börsennotierte Konkurrenz aus dem Ausland nach Hamburg. "Wir mussten damals an die Börse, um unsere Marktstellung zu halten und das zu bewahren, was wir aufgebaut hatten", sagt Matthias Schrader. Im Rekordtempo kam der Börsengang. Und die verrückte Welt des Neuen Marktes drang zumindest für einige Tage in die Welt von Sinner und Schrader: "Wir wurden mit der Luxuslimousine vom Flughafen abgeholt und in Suiten untergebracht, die größer waren als unsere Wohnungen". Die private Rückfahrt am Tag der Erstnotiz von Frankfurt nach Hamburg sah dann schon wieder anders aus. "Das erste Kursplus von über 80 Prozent haben wir mit Aldi-Schampus in der zweiten Klasse gefeiert."
Heute weiß Schrader, dass es möglicherweise gerade diese Bodenständigkeit und Bescheidenheit war, die das Unternehmen gerettet hat, während die meisten schillernden Konkurrenten längst von der Bildfläche verschwunden sind. "Wir waren nicht die internationalen Typen, sondern Hamburger Jungs. Wir agierten langsam und vorsichtig - das hat uns gerettet", so Schrader. Lediglich eine Übernahme schlug ins Kontor, während die Konkurrenz im Wochenrhythmus akquirierte. "Wenn man deren Pressemitteilungen las, stand man schon ein wenig unter Druck. Aber die anderen waren immer schneller und mehr zu zahlen bereit." Doch der Wert der Sinner-Schrader-Aktie vervielfachte sich auch so - angetrieben durch absurde Empfehlungen in Börsenbriefen - und stieg über 90 Euro. "Das kam einem schon unheimlich vor - jeder Mitarbeiter war plötzlich 15 Millionen Euro wert".
Doch unheimlich ging es auch weiter - von 90 Euro fiel die Aktie auf 90 Cent. Inzwischen hat sie sich - auch angesichts der weiter vorhandenen Bargeldreserven - bei rund zwei Euro stabilisiert. "Die Börse spielt aber keine Rolle mehr", sagt Schrader. Wie auch Büchner oder Haentjes kann er den aktuellen Kurs nur schätzen. Dass der Kursticker nicht aus den Augengelassen wird, ist in den Firmen längst Vergangenheit.
Bei allem Lehrgeld, das bei den Beteiligten in die Millionen geht, schwingt ein gewisser Stolz mit, dabei gewesen zu sein: "Auch wenn der Druck enorm war - irgendwie war es toll", sagt Haentjes. Büchner spricht von einer "interessanten Zeit, die ich nicht missen möchte." Er hält den Neuen Markt trotz seines Scheiterns für "außerordentlich wichtig." Auch Schrader bereut nichts: "Unsere Bilanz ist insgesamt positiv. Ohne den Börsengang hätten wir vermutlich noch mehr graue Haare." Zugleich scheinen die drei Unternehmer ganz zufrieden damit, dass sie nach einer Phase des wirren Wachstums die Langsamkeit neu entdeckt haben und Zeit zurück gewinnen konnten, um sich mehr um die Firma als den Kurs zu scheren. "Heute kann ich endlich das tun, was ich will", sagt Haentjes. Das klingt nach einer Befreiung.