Hacker knackt die Mailing-Liste der Gotteskrieger

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Hacker knackt die Mailing-Liste der Gotteskrieger

 
17.09.01 20:12
Hacker knackt die Mailing-Liste der Gotteskrieger

Von Jochen Bölsche

Ein Hacker namens "Anonymer Feigling" hat die E-Mail-Adressen von Usern ins Netz gestellt, die einen Newsletter militanter Islamisten abonniert haben. Auf der Liste steht der Name eines der mutmaßlichen WTC-Attentäter aus Hamburg. Es ist ein neuer Hinweis auf die Verbindung der mutmaßlichen Täter zum Terror-Fürsten Bin Laden.

 
qoqaz.de
Hacker knackt die Mailing-Liste der Gotteskrieger 414863
Screenshot qoqaz.de


Hamburg - Wer die deutsche Website www.qoqaz.de aufrief, konnte dort bis vor kurzem erfahren, wo er für den "Heiligen Krieg" trainieren und den Umgang mit Waffen erlernen kann. Und wer seine E-Mail-Adresse hinterließ, wurde mit dem "Newsletter" der militanten Islamisten beliefert.

Liste mit 500 Namen

Kurz bevor die Website am Wochenende plötzlich aus dem Netz verschwand, hat ein Hacker, der sich "Anonymer Feigling" nennt, offenbar das Verzeichnis der Abonnenten geknackt. Die rund 500 Namen umfassende Mailing-Liste hat der Unbekannte in einem schweizerischen Internet-Forum unter der Adresse www.symlink.ch veröffentlicht. "Ein wenig musste ich mich schon anstrengen," schreibt der anonyme Hacker, "aber eigentlich war da gar kein Hindernis."

Araber mit deutschem Uni-Account

Die E-Mail-Adressen, deren Authentizität von Sicherheitsbehörden bislang noch nicht überprüft worden ist, enthalten überwiegend arabische Namen. In mehreren Fällen deuten Adressen-Bestandteile auf die Benutzung von E-Mail-Accounts deutscher Hochschulen hin, etwa von Universitäten in Berlin, Bremen, Konstanz, Tübingen, Stuttgart und Münster.

Top-Terrorist auf der Liste?

Zu den ersten 20 Abonnenten des Newsletters zählt ein User mit der Adresse bahaji@tu-harburg.de. Der zurzeit vermutlich flüchtige 26-jährige Harburger TU-Student Said Bahaji gilt Fahndern als Top-Logistiker der Terroristengruppe, der die Anschläge in New York und Washington angelastet werden. Bahaji hat nach Erkenntnissen des BKA den Todespiloten die Visa für den US-Flug besorgt und in Hamburg eine der Terroristen-Wohnungen angemietet.

Internet fürs Terrornetz

Sollten sich die vermuteten Zusammenhänge zwischen der qoqaz-Mailing-Liste und den Anschlägen in den USA erhärten, wäre dies der bislang dramatischste Beleg dafür, welche Bedeutung das Internet für islamistische Terroristen in aller Welt hat.

Die "lose verknüpften supranationalen Terrornetze... setzen das Internet als effektives Kommunikationsmedium ein", warnte bereits im vergangenen Jahr die Nationale Terrorismus-Kommission der USA in einem Bericht an den Kongress. Die Islamisten-Website qoqaz.de ist die deutschsprachige Version der Homepage www.qoqaz.com, die von dem Londoner Verlag Azzam Publications verantwortet wird.

Spuren zu Bin Laden

Zudem wäre die Liste, wenn sie tatsächlich authentisch ist, eine der bisher deutlichsten Hinweise auf ein Verbindung zwischen den ehemaligen Harburger Studenten und Terror-Attentätern zu dem Umfeld Osama Bin Ladens.

Scheich Abdallah Azzam, der 1989 bei einem mysteriösen Attentat ums Leben kam, war damals einer der engsten Mitstreiter des Terroristenführers Bin Laden. Azzam lebte lange in den USA. Sein US-Hauptquartier war das Kifah-Flüchtlingszentrum im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Der arabische Schriftzug auf den Briefbögen der offiziell "humanitären" Organisation ließ wenig Zweifel am wahren Tätigkeitsbereich der Truppe: "Büro im Dienst der Heiligen Krieger". Tausende Freiwillige weltweit wurden von hier aus für den Kampf rekrutiert. Und es blieb nicht bei dem einen Büro in New York. Die Organisation war schließlich in 38 amerikanischen Städten mit Zweigstellen vertreten.

Auf einer Veranstaltung in Oklahoma machte Azzam klar, dass der Heilige Krieg gerade erst begonnen habe: "Brüder, nach Afghanistan ist nichts in der Welt für uns unmöglich. Es gibt keine Supermächte oder Minimächte mehr. Was zählt, ist die Kraft des Willens, die unserem Glauben entspringt."

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Das BKA ermittelt

 
18.09.01 21:48
Das BKA ermittelt

Die von Hackern veröffentlichte Namensliste eines radikal-islamischen Newsletters führt zu mutmaßlichen Terroristen, unverdächtigen Studenten und auch einem Vorstandsmitglied der Republikaner. Wurden auch verschlüsselte Nachrichten für die Terror-Szene versandt?

 
qoqaz.de

Qoqaz: Die Dschihad-Newsseite wird von einem 27-jährigen deutschen Moslem betrieben


Ein paar Worte, blau unterstrichen auf der Web-Seite. Ein Mausklick, und das E-Mail-Fenster öffnet sich, ein weiterer, und die Nachricht ist unterwegs. So einfach ist das, im Web etwas zu abonnieren.

Zahlreiche Menschen abonnierten den Newsletter der Qoqaz-Seite, nachdem der umstrittene Newsdienst im vergangenen Jahr durch mehrere Artikel in deutschen Zeitungen erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Wer die deutsche Website www.qoqaz.de aufrief, konnte dort bis vor kurzem erfahren, wo er für den "Heiligen Krieg" trainieren und den Umgang mit Waffen erlernen kann.

Nun könnte es sein, dass viele der Abonnenten einen Anruf aus dem Bundeskriminalamt (BKA) bekommen. 532 Leser hatten ihren Namen auf die Mailing-Liste gesetzt, viele davon gänzlich arglos. "Aus Neugier", berichtet eine Anruferin, die anonym bleiben möchte, sei sie damals da hingesurft, weil die Medien die Adresse doch empfohlen hätten. Das hatte sie auch noch vom Arbeitsplatz aus getan und deshalb ihre Firmen-E-Mail-Adresse eingetragen, weshalb nun der Name ihres damaligen Arbeitgebers auf der Liste erscheint. Nun ist sie völlig aus dem Häuschen: "Kommt jetzt das BKA?"

Die Liste steht für die Abonnenten des radikalislamischen Qoqaz-Newsletters.

Denn am Dienstagmorgen stand ihr Name in einer Reihe mit den anderen Abonnenten im Internet. Ein Hacker hatte die komplette Liste aus der Qoqaz-Seite kopiert und auf einer Schweizer Web-Site veröffentlicht.

In schlechter Gesellschaft

Gewieftere User legen sich für solche Listen ein Pseudonym und eine Freemail-Adresse zu. Morgendliche Zeitungsleser unterbrechen dagegen ihre Kaffeepause im Büro, surfen kurz mal zu Qoqaz und abonnieren den Newsletter über ihre Firmenadresse. Rund 15 Adressen in der Qoqaz-Liste sind genau so dort gelandet. "Die Kollegen", versichert die Münchnerin, "reden trotzdem noch mit mir."

Wer verbirgt sich noch hinter den E-Mail-Adressen? Über drei Viertel der E-Mail-Adressen tragen arabische Namen, der Großteil von ihnen ist durch Freemail-Anbieter anonymisiert und taucht sonst kaum im Internet auf. Den wenigsten Adressen lässt sich ein Name zuordnen – und die gehören oft eher ungefährlichen Mitbürgern.

So wie einem Wirtschaftsinformatiker, der sich auf einer Homepage beim Programmierer einer privaten Software bedankte. Oder ein Informatik-Student, der sich in seiner Freizeit mit Vorliebe Rollenspielen und Science-Fiction widmet. Auch ein Mitglied eines Online-Spiels zu dem Düsenjäger „Falcon“ stand auf der Liste. Im angeschlossenen Forum reagierte man betroffen – schließlich bezeugen die Macher auf der Startseite: „Nichts liegt uns Ferner als den Krieg zu verherrlichen.“

Andere Adressen wiederum führen zu deutsch-islamischen Vereinen, die auf ihren Startseiten Beileid für die Terroranschläge in den USA bekunden oder dem Macher einer türkischen Zeitung, der ansonsten unauffällig eine Werbeagentur betreibt und auf seiner Homepage über Kalligrafie-Techniken schreibt. Ein ägyptischer Student, ebenfalls Mitglied der Mailingliste, hat sich auf dem Gästebuch einer islamischen Gemeinde, auf dem nach den Attentaten auch radikale Stimmen vertreten sind, verewigt. Viele seiner deutschen Freunde interessierten sich für den Islam und dabei bräuchte er Hilfe.

Ein halbes Dutzend Newsletter-Abonnenten haben sich mittlerweile bei SPIEGEL ONLINE gemeldet und ihre Harmlosigkeit versichert: "Hiermit stelle ich in aller Deutlichkeit klar, dass ich weder Terrorist noch Sympathisant mit irgendwelchen Gotteskriegern bin", schreibt etwa Andreas Gnibba: "Ich bin vierzig Jahre alt, Deutscher, Softwareingenieur und gläubiger Katholik. Ich bin an globalen Geschehnissen interessiert und beziehe Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen wie CNN, Reuter, ntv, etc. und bis vor kurzem auch aus www.qoqaz.de, um die Nachrichten miteinander zu vergleichen."

Doch möglicherweise befinden sich die Neugier-Surfer in schlechter Gesellschaft.

Dass zu den Abonnenten auch Said Bahaji, angeblich Mastermind der Terroristengruppe an der TU Harburg und derzeit flüchtig, gehört, war schnell herausgefunden. Bahaji verewigte sich noch vor Ende 2000 im Newsletter, wenig konspirativ unter seinem richtigen Namen. Das ist ungewöhnlich.

Doch die News zum "heiligen Krieg" in Tschetschenien waren auch für andere interessant, und die verbargen ihre Identitäten teils erheblich sorgfältiger. Zahlreiche Nutzer, die sich den E-Mail-Namen "Mujahedin" gaben, finden sich auf der Liste, zahlreiche offensichtliche Pseudonyme mit durchaus kriegerischen Anklängen. Ob die Liste für die Fahnder besonders ergiebig sein wird, ist trotzdem fraglich: Die Endungen der E-Mail-Adressen lesen sich wie ein Who's who der Freemail-Anbieter in aller Welt: Hotmail, Yahoo, GMX.

Die Bundesanwaltschaft hofft trotzdem auf neue Hinweise auf weitere Mitglieder einer möglichen terroristischen Vereinigung. "Wir haben die Liste aus dem Internet als weitere Spur in unsere Ermittlungen aufgenommen", sagte die Behördensprecherin Frauke-Katrin Scheuten SPIEGEL ONLINE. Ganz einfach dürfte das nicht werden: Zwar kooperieren die in Deutschland ansässigen Freemail-Services mit den Polizeibehörden, doch haben sie in der Regel keinerlei Kontrolle darüber, ob die registrierten User tatsächlich ihre richtigen Adressdaten angegeben haben oder nicht.

Und das dürfte nicht das einzige Problem sein, denn daneben fallen Adressen auf, die man hier zu Lande eher selten sieht - und in einem primär deutschsprachigen Newsletter auch kaum vermutet.

Darunter finden sich Freemail-Adressen wie Caramail (Frankreich), Cootepal (Argentinien), Iafrica (Südafrika), Catcha (Südostasien) Mt.net (Mazedonien), Maktoob (Jordanien), Ayna (ein von Boston aus betriebenes Nahost-Portal), Ikurd (Kurdisches Portal, Großbritannien), Volzny (Tschechisch, betrieben von Österreich aus) und Naseej (Nahost).

Die sich von dort einloggenden Abonnenten tragen zum größten Teil arabisch anmutende Namen. Das ist okay und weder verwerflich noch (general-) verdächtig - aber es ist befremdlich. Denn Qoqaz-Dienste und ähnliche Angebote gibt es in mehreren Sprachen - darunter auch in Arabisch. Für in Argentinien, Jordanien oder Südostasien lebende Araber gäbe es kaum Grund, solche Nachrichten in deutscher Sprache abzurufen.

Außer sie bekämen in den Newslettern Informationen, die sie anderenorts nicht bekommen könnten. Denkbar wäre es, dass der Newsletter selbst verschlüsselte Informationen enthielt. Das allerdings ist bisher nur eine Spekulation.

Das BKA will sich dazu nicht äußern: Laufende Ermittlungen kommentiert man nicht. Denn dass sich das BKA derzeit sowohl mit Qoqaz als auch mit der Abonnentenliste beschäftigt, daraus machen die Fahnder kein Geheimnis. "Neugier-Abonnenten" brauchten sich aber, versichert man beim BKA, keine Sorgen machen: "Wir unterscheiden schon. Wir suchen ja ganz gezielt nach Menschen, die im Zusammenhang mit den Anschlägen stehen."

Tatsächlich wird man, wenn man anfängt, die Liste zu durchleuchten, relativ schnell fündig: Demonstrativ prangt da die Kalaschnikow auf der Homepage eines wahrscheinlich minderjährigen Sympathisanten. Da darf sich der Neugier-Abonnent, der sich über eine Firmenadresse angemeldet hat, wahrscheinlich richtiggehend glücklich schätzen: So auffällig unauffällig kommt nur daher, wer nichts zu verbergen hat.

An so mancher Wohnheimtür könnte es dagegen in den nächsten Stunden klingeln: Wer über das Kundenverzeichnis eines Freemail-Anbieters oder über eine Universitätsadresse identifizierbar ist, dürfte wohl auch überprüft werden. Die E-Mail Adressen führen unter anderem zu muslimischen Kulturvereinen, Informatikstudenten und dem Asta einer deutschen Universität.

Die Ermittlungen werden im Rahmen der "Bao" geführt - was für "Besondere Aufbau-Organisation" steht. Früher nannte man so etwas eine "Soko", eine "Sonderkommission".

Dabei dürften die Fahnder die eine oder andere Überraschung erleben. Nicht mit den Anschlägen im Zusammenhang dürfte etwa Alfred Dagenbach stehen, der auf der Abonnentenliste zu finden ist. Spontan fällt ihm gar nicht ein, was das sein könnte, die Qoqaz-Liste: "Kann schon sein, ich habe da etliche Newsletter abonniert."

Und unter islamistischen Webseiten hat sich Dagenbach eine Weile tatsächlich recht intensiv umgetan - und zwar wegen Problemen in seinem Wahlkreis. Dagenbach ist Mitglied im Bundesvorstand und Kreisvorsitzender der Republikaner in Heilbronn.

Dass das BKA derzeit ermittele, hört er mit Interesse, aber ohne jede Nervosität. "Ach, wissen Sie", sagt Dagenbach, "wenn ich bedenke, was etwa der Verfassungsschutz alles beobachtet. Zum Beispiel meine Partei." Richtig schlimme Dinge wie in Hamburg bemerkten die dagegen gar nicht.

Frank Patalong

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