Das Herbsttief 2002
Mails/Nachrichten vom 08.10.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
versuchen wir es, uns vorsichtig an das Herbsttief 2002 heranzutasten. Das wird schwierig, aber machbar. Die Orientierung an einzelnen Aktienkursen ist dabei unmöglich. Das Ganze funktioniert nur über die Indizes. Doch auch hier kann man sich auf ein oder zwei Prozent nicht festlegen. Vollziehen Sie aber bitte nach:
1. VDAX und Short Range Oscillator liegen beide in der absoluten Spitze, was es für letztere in dieser Form noch nie gegeben hat. Er liegt bei minus 10, was man umgekehrt rechnen muß. Zuletzt gab es eine ähnliche Konstellation vor fast 30 Jahren, nämlich am Ende der ersten Ölkrise.
2. Die Krise der Finanztitel ist eine sichere Begleiterscheinung für das Ende einer Baisse und nicht für den Anfang. Das läßt sich historisch ebenfalls gut nachweisen. Was jetzt um die COMMERZBANK herum „gerüchtet“ wird, gleicht der Konstellation bei der BAYERN HYP vor 28 Jahren. Erinnern Sie sich? Vor allem daran, was daraus wurde? Gleiches gilt für die amerikanische Situation der Bankenkrise 1990/91, aber auch schon 10 Jahre vorher im Zusammenhang mit Südamerika bzw. der Saving-and-Loan-Krise. Erinnern Sie sich auch daran und was daraus wurde?
3. Am Ende einer Baisse dominieren die Gerüchte und nicht mehr die Fakten. Das können Sie heute täglich in den Medien nachvollziehen. Nichts ist wild und spektakulär genug, um nicht herumgereicht zu werden. Solche Stories haben genau so kurze Beine wie die Superstories der TMT-Welt vor drei Jahren.
In diesem Wirrwarr die Tiefstkurse zu erwischen, wird schwer. Dafür gibt es zwei Ansätze: Erst die Marktwende abwarten und dann investieren oder in die noch fallenden Kurse hineingreifen? Letzteres halte ich für gefährlich, weil nicht kalkulierbar. Erschwerend kommt hinzu:
Alle Indizes haben noch keinen wirklich sauberen Boden. Das ist auch nicht 100 %ig zwingend für eine Wende, aber mind. muß ein Annäherungswert vorhanden sein. Diese Spannen habe ich für Dow Jones und DAX genannt. In der nächsten AB rechne ich Ihnen vor, was aus allen diesen jeweiligen Baisse-Perioden in den anschließenden 24 Monaten geworden ist. Denken Sie darüber ernsthaft nach.
In New York ist zu vermerken: Die Letzten der großen Hightechs nähern sich ihren fairen Kursen. CISCO fehlt noch 1 $ für mein Ziel von etwa 8 $ als untere Größe nach der gestrigen Vermutung einer Gewinnwarnung. Wenn SEARS ROEBUCK die Gewinnschätzung jedoch um 28 Cents je Aktie auf voraussichtlich 5 $ je Aktie zurücknimmt und dafür mit 14,3 % Kursabsturz bestraft wird, ist dies Unsinn. KGV nun um 7. Umgekehrt: PHILIP MORRIS hat den kürzlichen Unfug gestern schon teilweise korrigiert, siehe AB und Ticker. Inzwischen 38,50 $. Das sind Beispiele für unkontrollierte Kursbewegungen, die mit Rationalität nichts zu tun haben. Ich gehe deshalb heute auf einzelne Aspekte nicht mehr ein. Obiges ist wichtiger.
Frankfurt spekuliert gegen die Banken. Meine Meinung über die Schwachstelle im Finanzsektor habe ich mehrfach geäußert. Auch hier gilt aber der wichtige Aspekt:
Eine Bank wie die COMMERZBANK geht natürlich nicht pleite. Sie wird im schlechtesten Fall ein Sanierungs- oder Übernahmefall, und die deutsche Kreditwirtschaft steht dafür gerade. Den obigen Vergleich halte ich für sehr tragbar. Wer wirklich mutig ist und ein bißchen weiter denkt, legt sich auf die Lauer. Kurse von 4,50 E. sind Abstauberkurse. Das ist natürlich kein Tagesgeschäft und kein Investment für Witwen und Waisen. Rechnen Sie die Daten durch. Wenig hilfreich ist aber, wenn CoBank-Müller davon spricht, daß er keine Liquiditätsprobleme hätte. Die hat er nicht, aber er drückt sich falsch aus. Das Thema COMMERZBANK hängt an einem ganz anderen Faden. Die „Spiegel“-Story über die ALLIANZ/DRESDNER BANK ist zwar schön geschrieben, aber ebenfalls falsch aufgehängt. Die Probleme stecken in der Bilanz der DRESDNER BANK und nur teilweise im aktuell laufenden Geschäft, wenn dies auch im Moment rot ist. Schade. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, das ganze Thema aufzudecken und die völlig falsche Beurteilung der Bankbilanz anläßlich der damaligen Übernahme durch die ALLIANZ. Kenner wußten davon frühzeitig. Die Aufräumarbeiten sind zu finanzieren, werden finanziert, aber das ist nicht in wenigen Monaten machbar. Warum schreibe ich das?
Es gibt keine Börsenwende ohne Entwarnung in der Finanzbranche. Deshalb gilt diesem Sektor jetzt die absolute Priorität in Ihren Beobachtungen. Alles andere steht demgegenüber zurück. Hier erinnere ich insgesamt aber an die oben erwähnte Situation der amerikanischen Banken in der Saving-and-Loan-Krise. Mit dem Eingriff des Staates mit damals 120 Mrd $ Kreditplafond war der Spuk vorbei. Kein Bankkurs gewann in den kommenden 7 Jahren weniger als 600 %. Ist doch was, oder?
In der nächsten AB werde ich dies präzisieren. Morgen diskutiere ich die Frage, ob es Sinn macht, mit Staffellimits zu operieren. Beispiel: Nehmen wir an, Sie wollen ALLIANZ kaufen, kennen aber den absolut tiefsten Kurs nicht. Meine Spanne lag zwischen 80 und 90 E., gestriges Tief 77,10 E. Am Schluß knapp über 82 E. Wer eine Staffel über drei oder vier Kurse mit jeweils höheren Stückzahlen zu fallenden Notierungen in den Markt legt, erreicht mit dem Durchschnitt den annähernd tiefsten Kurs. Rechnen Sie sich das einmal durch.
Soeben eingetroffen: Die neue Tabelle der Short-Positionen in USA. Ich registriere eine deutliche Abnahme aller Short-Positionen sowohl im Dow Jones als auch an der Amex. Überraschende Abnahme von 42 % für GE und 31 % für PHILIP MORRIS sowie 24,8 % für MERCK. Lediglich bei AT&T, HONEYWELL und BOEING bleiben sie noch relativ hoch. Gemessen an der Stückzahl sind sie auch bei HEWLETT PACKARD und J.P. MORGAN beachtlich umfangreich, sinken aber zur Zeit mit einer Rate um 7 - 9 %. Das ist auch ein Zeichen dafür, daß die Baisseluft langsam weicht.
Bis morgen,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
versuchen wir es, uns vorsichtig an das Herbsttief 2002 heranzutasten. Das wird schwierig, aber machbar. Die Orientierung an einzelnen Aktienkursen ist dabei unmöglich. Das Ganze funktioniert nur über die Indizes. Doch auch hier kann man sich auf ein oder zwei Prozent nicht festlegen. Vollziehen Sie aber bitte nach:
1. VDAX und Short Range Oscillator liegen beide in der absoluten Spitze, was es für letztere in dieser Form noch nie gegeben hat. Er liegt bei minus 10, was man umgekehrt rechnen muß. Zuletzt gab es eine ähnliche Konstellation vor fast 30 Jahren, nämlich am Ende der ersten Ölkrise.
2. Die Krise der Finanztitel ist eine sichere Begleiterscheinung für das Ende einer Baisse und nicht für den Anfang. Das läßt sich historisch ebenfalls gut nachweisen. Was jetzt um die COMMERZBANK herum „gerüchtet“ wird, gleicht der Konstellation bei der BAYERN HYP vor 28 Jahren. Erinnern Sie sich? Vor allem daran, was daraus wurde? Gleiches gilt für die amerikanische Situation der Bankenkrise 1990/91, aber auch schon 10 Jahre vorher im Zusammenhang mit Südamerika bzw. der Saving-and-Loan-Krise. Erinnern Sie sich auch daran und was daraus wurde?
3. Am Ende einer Baisse dominieren die Gerüchte und nicht mehr die Fakten. Das können Sie heute täglich in den Medien nachvollziehen. Nichts ist wild und spektakulär genug, um nicht herumgereicht zu werden. Solche Stories haben genau so kurze Beine wie die Superstories der TMT-Welt vor drei Jahren.
In diesem Wirrwarr die Tiefstkurse zu erwischen, wird schwer. Dafür gibt es zwei Ansätze: Erst die Marktwende abwarten und dann investieren oder in die noch fallenden Kurse hineingreifen? Letzteres halte ich für gefährlich, weil nicht kalkulierbar. Erschwerend kommt hinzu:
Alle Indizes haben noch keinen wirklich sauberen Boden. Das ist auch nicht 100 %ig zwingend für eine Wende, aber mind. muß ein Annäherungswert vorhanden sein. Diese Spannen habe ich für Dow Jones und DAX genannt. In der nächsten AB rechne ich Ihnen vor, was aus allen diesen jeweiligen Baisse-Perioden in den anschließenden 24 Monaten geworden ist. Denken Sie darüber ernsthaft nach.
In New York ist zu vermerken: Die Letzten der großen Hightechs nähern sich ihren fairen Kursen. CISCO fehlt noch 1 $ für mein Ziel von etwa 8 $ als untere Größe nach der gestrigen Vermutung einer Gewinnwarnung. Wenn SEARS ROEBUCK die Gewinnschätzung jedoch um 28 Cents je Aktie auf voraussichtlich 5 $ je Aktie zurücknimmt und dafür mit 14,3 % Kursabsturz bestraft wird, ist dies Unsinn. KGV nun um 7. Umgekehrt: PHILIP MORRIS hat den kürzlichen Unfug gestern schon teilweise korrigiert, siehe AB und Ticker. Inzwischen 38,50 $. Das sind Beispiele für unkontrollierte Kursbewegungen, die mit Rationalität nichts zu tun haben. Ich gehe deshalb heute auf einzelne Aspekte nicht mehr ein. Obiges ist wichtiger.
Frankfurt spekuliert gegen die Banken. Meine Meinung über die Schwachstelle im Finanzsektor habe ich mehrfach geäußert. Auch hier gilt aber der wichtige Aspekt:
Eine Bank wie die COMMERZBANK geht natürlich nicht pleite. Sie wird im schlechtesten Fall ein Sanierungs- oder Übernahmefall, und die deutsche Kreditwirtschaft steht dafür gerade. Den obigen Vergleich halte ich für sehr tragbar. Wer wirklich mutig ist und ein bißchen weiter denkt, legt sich auf die Lauer. Kurse von 4,50 E. sind Abstauberkurse. Das ist natürlich kein Tagesgeschäft und kein Investment für Witwen und Waisen. Rechnen Sie die Daten durch. Wenig hilfreich ist aber, wenn CoBank-Müller davon spricht, daß er keine Liquiditätsprobleme hätte. Die hat er nicht, aber er drückt sich falsch aus. Das Thema COMMERZBANK hängt an einem ganz anderen Faden. Die „Spiegel“-Story über die ALLIANZ/DRESDNER BANK ist zwar schön geschrieben, aber ebenfalls falsch aufgehängt. Die Probleme stecken in der Bilanz der DRESDNER BANK und nur teilweise im aktuell laufenden Geschäft, wenn dies auch im Moment rot ist. Schade. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, das ganze Thema aufzudecken und die völlig falsche Beurteilung der Bankbilanz anläßlich der damaligen Übernahme durch die ALLIANZ. Kenner wußten davon frühzeitig. Die Aufräumarbeiten sind zu finanzieren, werden finanziert, aber das ist nicht in wenigen Monaten machbar. Warum schreibe ich das?
Es gibt keine Börsenwende ohne Entwarnung in der Finanzbranche. Deshalb gilt diesem Sektor jetzt die absolute Priorität in Ihren Beobachtungen. Alles andere steht demgegenüber zurück. Hier erinnere ich insgesamt aber an die oben erwähnte Situation der amerikanischen Banken in der Saving-and-Loan-Krise. Mit dem Eingriff des Staates mit damals 120 Mrd $ Kreditplafond war der Spuk vorbei. Kein Bankkurs gewann in den kommenden 7 Jahren weniger als 600 %. Ist doch was, oder?
In der nächsten AB werde ich dies präzisieren. Morgen diskutiere ich die Frage, ob es Sinn macht, mit Staffellimits zu operieren. Beispiel: Nehmen wir an, Sie wollen ALLIANZ kaufen, kennen aber den absolut tiefsten Kurs nicht. Meine Spanne lag zwischen 80 und 90 E., gestriges Tief 77,10 E. Am Schluß knapp über 82 E. Wer eine Staffel über drei oder vier Kurse mit jeweils höheren Stückzahlen zu fallenden Notierungen in den Markt legt, erreicht mit dem Durchschnitt den annähernd tiefsten Kurs. Rechnen Sie sich das einmal durch.
Soeben eingetroffen: Die neue Tabelle der Short-Positionen in USA. Ich registriere eine deutliche Abnahme aller Short-Positionen sowohl im Dow Jones als auch an der Amex. Überraschende Abnahme von 42 % für GE und 31 % für PHILIP MORRIS sowie 24,8 % für MERCK. Lediglich bei AT&T, HONEYWELL und BOEING bleiben sie noch relativ hoch. Gemessen an der Stückzahl sind sie auch bei HEWLETT PACKARD und J.P. MORGAN beachtlich umfangreich, sinken aber zur Zeit mit einer Rate um 7 - 9 %. Das ist auch ein Zeichen dafür, daß die Baisseluft langsam weicht.
Bis morgen,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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