Mails/Nachrichten vom 13.02.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
ich registriere eine erneute Verbesserung des allgemeinen Markteindruckes, aber ich gerate in Verlegenheit, ein treffendes Argument dafür zu geben. Der Grund: Es mischen sich sehr Markttechnik und fundamentale Basis. Während die typischen Konjunkturtitel, die auch als Zykliker bezeichnet werden, ein gutes bis sehr gutes Marktbild abgeben, wackelt die gesamte Technologie auf schwankenden Beinen. Der leiseste Anstoß genügt hier, empfindliche Rückschläge zu erzeugen. Gestern Nortel mit - 6 %, Lucent mit - 4 %, Cisco mit - 2,5 % und Ciena - 4 % allein deshalb, weil bei Nortel der Finanzchef gehen muß und der Ausblick für das laufende Quartal verhalten ist. Im Gegensatz zu Corning, worauf ich gestern hinwies. Also: Eine Meinung oder allgemeine Nachricht machen die Kurse für einen ganzen Sektor. Das ist ein sehr schlechtes Zeichen.
Wenn Sie die nächste AB in den Händen halten, werden Sie sich wundern. Diesmal geht es nicht um Technologie, sondern um etwas ganz anderes. Aber mit höherer Sicherheit und klarem Trend und in der Spitze sogar 40 % Potential, jedoch auf eine Laufzeit von mehr als 12 Monaten. Also eine Konjunkturspekulation. Wenigstens ein guter Teil Ihres Portfolios sollte darin investiert sein.
Wall Street konkret: Der Kampf um die für mich wichtige Unterstützungslinie 9700 im Dow geht weiter und bislang erfolgreich. Sie erinnern sich: Seit Beginn des amerikanischen Zinszyklus (1999) ist der Dow der einzige Index der Welt, der nicht in die Knie ging, sondern eine Stagnation in der Bandbreite zwischen 9400/9700 nach unten und 11.000 nach oben durchgestanden hat. Das sind rund 6 % Schwankungsbreite um den Mittelwert. Alle anderen haben dies mit massiven Verlusten quittiert, wobei in allen Fällen natürlich das Ereignis vom September ausgeklammert ist. Ausschließlich an dieser Stelle der internationalen Börsen wird also entschieden, wohin die Trends per 2003/2004 gehen.
Der Nachrichtenstand war gestern etwas müde, so daß es nicht lohnt, darauf besonders einzugehen. In dieser Woche stehen noch einige Ergebnisse aus,
die wenigstens zu beachten sind. Morgen kommen die Zahlen von Dell, die ich für aufschlußreich halte, weil daran auch Compaq und Gateway gemessen
werden. Heute ist Hewlett Packard dran. Zu den weiteren Terminen siehe weiter unten.
Frankfurt sucht den Korrekturboden. Der erste ist getestet worden, aber der zweite ist noch offen. Ich habe ihn auf Seite 1 der letzten AB skizziert.
Wie realistisch ist es, auf weitere 250-300 Punkte DAX-Verlust zu setzen? Das kann übrigens auch in zwei bis drei Tagen der Fall sein. Käme es dazu, wäre dies ein sofortiges Kaufsignal. Zwei Sektoren beunruhigen mich: Die Finanzaktien und die Technologiewerte.
Alle Finanztitel im DAX sehen technisch fast 'desolat' aus. Daran kann ich nicht vorbeigehen. Mit den inneren Werten hat das nichts zu tun. Aber das Vertrauen der internationalen Großanleger ist einfach dahin. Einen solchen Zynismus bezüglich dieser Titel habe ich noch nie vernommen, wie er in meinen Telefongesprächen mit London herausklingt. Aber diese Jungs entscheiden nun mal über die Kurse. Vielleicht ist auch ein guter Schuß Schadenfreude dabei, was ich nicht ausschließe. Meine ebenfalls sehr kritische Einschätzung zu diesen Titeln kennen Sie. Technische Erholungsphasen wird es geben, aber ein neuer nachhaltiger Trend ist bis zur Stunde in keinem Papier erkennbar.
Die Technologie sieht genau so aus. Das gilt für alle vier im DAX. Bei Dt. Telekom beunruhigen mich weiterhin die sehr hohen Tagesumsätze von erneut annähernd 30 Mio Stück. Ich habe keine Zweifel daran, daß in allen genannten Werten massiv geshortet wird, bzw. wurde. Da es in Deutschland keinen Market-Maker gibt, ist dies eine wunderbare Spielwiese für Hedge-Funds.
In Frankfurt gilt deshalb wie immer: Gibt es einen extrem schwachen Tag, ist dies schon ein Kauftag. Aus einer Konstellation wie der aktuellen läßt sich eine neue Rally nicht entwickeln. Dazu bedarf es in der Regel einen Sell-out. Die Alternative läge in einem breiteren Boden, was wiederum einige Wochen benötigt.
Heute können Sie einen interessanten Vergleich anstellen. Aventis präsentiert die Zahlen für 2001: + 39,5 % Gewinn nach Steuern im Kerngeschäft. Aventis ist die ehemalige Hoechst. Extrem kritisiert wurde der damalige Hoechst-Chef Dormann, als er die Chemieküche auseinandernahm und neu strukturierte. Herausgekommen ist seitdem ein Kursgewinn von 15 E. in 1995, bis 95 E. in der Spitze 2001, also 533 % Wertsteigerung in sechs Jahren. Und was machte der Konkurrent Bayer, der eine viel bessere Ausgangsbasis hatte, und dessen Chef sich gelegentlich über seinen Konkurrenten lustig machte? In der gleichen Zeit ging es von 17 E. bis 60 E. oder 255 %, bzw. knapp die Hälfte. Ich hatte damals auf Aventis gesetzt, was richtig war, aber im letzten Jahr die Positionen glattgestellt, was ebenfalls richtig war. Ein neuer Kauf ist Aventis damit noch nicht, aber die Frage bleibt offen: Kann ein erneuerter Vorstand bei Bayer das gleiche bewirken? Denken Sie einmal darüber nach.
Die Termine von heute: Die Dresdner Bank legt die Zahlen auf. Das ergibt einen interessanten Baustein zur Beurteilung der Allfinanz-Konzeption von Allianz. Es folgen AWD Holding und in Zürich ABB, einer der Großen mit Schlagseite und im Kampf um die Frage: Break-Up oder nicht? Diese Aktie ist eine der interessantesten Turnaround-Spekulationen im Großformat. In Paris gibt es die Geschäftszahlen von Peugeot und Hewlett Packard offenbart die Quartalszahlen. Morgen ist der Kalender noch umfangreicher. Deshalb möchte ich gern alle diese Fakten abwarten.
Auf den Empfehlungslisten der Investmentadressen stehen MAN als Zurückstufung durch die Dresdner Bank und Goodyear wird mit neuem Potential eingeschätzt. Dagegen wird Adidas zurückgestuft und für Sonera gibt es eine erste Kaufempfehlung. Das wäre die zweite nach der überraschenden Hochstufung von Dt. Telekom vor zwei Tagen.
Fazit für heute: Ich sehe keinen aktuellen Handlungsbedarf und verbleibe bis morgen
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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