Die Vorwürfe, die Börse Online erhebt, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als viel Rauch um ganz wenig Flämmchen
Hat der Dax-Wert MLP falsche Bilanzen vorgelegt? Das ist die bange Frage, die sich Aktionäre den ganzen Tag über schon stellen. Börse Online hat berichtet, dass MLP mittels vermeintlich kreativer Bilanzpolitik Schulden von 150 Mio. Euro außerhalb der Bilanz verschleiere und zudem den Gewinn aufgebläht habe. Haltlose Vorwürfe, wie es scheint - und Börse Online eigentlich auch selbst zugibt.
Der 18-prozentige Kurssturz der MLP-Aktie, der dieser Meldung folgte, hat tiefe Spuren hinterlassen. Zweifel sind geblieben, auch wenn der MLP-Vorstand Bernhard Termühlen die – eigentlich auch schon länger bekannten Vorwürfe – erneut ins Reich der Fabel verweist. Dies hat er bereits im Februar im Interview mit wallstreet:online getan (hier klicken!). Und auch heute auf einer eiligst einberufenen Pressekonferenz in Frankfurt dementiert er erneut: „Es existiert kein Schuldenberg. Die in dem Artikel (von Börse Online, d. Red.) zitierten 150 Mio. Euro sind abschließend vereinnahmt.“ Es bestehe darüber hinaus keine Rückzahlungsverpflichtung seitens MLP, daher könne auch nicht von einem Darlehn gesprochen werden.
Viel Lärm also um nichts, dafür mit umso mehr Schaden für die Aktionäre? An der Rechtmäßigkeit der von MLP angewandten Bilanzierungsmethoden besteht für Experten kein Zweifel. Die Bilanzierung sei korrekt, urteilt ein Analyst. „Die gesamte Konzernbilanz von MLP ist testiert und zeigt hinsichtlich des Vorwurfs einer vermeintlich kurzfristigen Ertragsoptimierung eher das Gegenteil“, wirbt MLP in einer Pressemitteilung um Vertrauen.
Dass MLP seine Lebensversicherungsrisiken – in Höhe von 45 Prozent der Beitragseinnahmen - bei anderen Versicherungen rückversichert, ist ein üblicher Vorgang in der Branche, den alle Marktteilnehmer nutzen und der Riesen-Konzernen wie der Münchener Rück zu guten Geschäften verhilft. Illegal ist das allemal nicht – maximal extrem kompliziert in den komplexen Wegen von (Rück)Versicherungsbeiträgen, versicherungstechnischen Rückstellungen, Rückversicherungsleistungen und Rückversicherungsprovisionen.
Testiert hat die MLP-Bilanz die Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft RölfsPartner. Dort kann man die Anschuldigungen, die Börse Online erhebt, nicht nachvollziehen. Zumal sogar deren Chefredakteur Johannes Scherer auf Seite drei der heutigen Ausgabe zugibt, dass MLP „auf rechtlich einwandfreier Basis des Handelsgesetzbuches“ bilanziert. „Es gibt keine Verbindlichkeiten“, bestätigt man bei RölfsPartner dann auch noch mal, keine Verbindlichkeiten, die MLP gegen irgendwelche Rückversicherer habe.
In der Tat ist das Rückversicherungsgeschäft für junge Lebensversicherer – wie es die MLP ist – absolut überlebensnotwendig, will man auch von Anfang an Beiträge der Versicherten Rendite bringend anlegen und diese nicht für Abschlusskosten verwenden und erst nach einigen Jahren Versicherungsbeiträge für die Versicherten anlegen. Aus diesem Grund gibt man das Risiko aus Lebensversicherungen an Rückversicherungen weiter und erhält für diese „Vermittlungsleistung“ eine Provision – so auch MLP. Dass damit auch das Versicherungsrisiko aus der MLP-Bilanz verschwindet, ist ein weiterer Vorteil: Verstirbt ein Versicherungsnehmer früh, erstattet der Rückversicherer den versicherten Todesfallanspruch.
Auch hier also ein völlig normales, Branchen übliches Geschäft – nichts illegales, anrüchiges oder verwerfliches, nicht mal aggressives, wie es bei der Bewertung der Bilanzierungsmethode MLP oftmals vorgeworfen wird. Dass der Anteil der rückversicherten Verträge fast die Hälfte des Beitragsvolumens ausmacht, liegt vor allem darin begründet, dass MLPs Versicherungssparte recht jung ist. Das Verhältnis wird sinken, je kapitalkräftiger die Sparte wird, sodass sie Risiken letztendlich aus eigener Kraft tragen kann.
MLP bemüht sich sichtlich um Klarstellung der erhobenen Vorwürfe. Dass der Kurs der Aktie trotzdem keinen Deut von der Stelle kommt, zeigt das infolge vieler Bilanzskandale tief zerrüttete Vertrauensverhältnis der Investoren zur Börse – wie es jüngst auch Thiel erleben musste. Die Aktie fiel nach Gerüchten um bilanzielle Probleme - was an den Vorwürfen wirlich dran ist, hat sich bis heute nicht gezeigt.
Dass MLP die Vorwürfe der Bilanzmanipulation weit von sich weist, ist eine Sache, die fundamentale Bewertung der Aktie eine andere. Bereits im November vergangenen Jahres hat wallstreet:online auf eine fundamental hohe Bewertung der Aktie hingewiesen (zum Bericht: hier klicken!) – damals noch zu Kursen von mehr als 80 Euro. Heute notiert die Aktie rund ein Drittel niedriger und hat sich damit deutlich schlechter als der Dax entwickelt.