Sechs Experten - sieben Meinungen
(gatrixx) Der Kursverlauf der SAP-Aktie hat Anleger oft eines besseren belehrt: Nahezu bei jedem Kurs - gleich ob extrem hoch oder niedrig - ringen Investoren mit der Frage, ob man jetzt in das deutsche Vorzeigeunternehmen ein- oder aussteigen soll. Auch derzeit gehen die Meinungen auseinander, wie die Einschätzungen verschiedener Fondsmanager zeigen.
Kommunikationspolitik "nicht optimal"
Josef Scarfone, Fondsmanager bei Frankfurt Trust, ist zwar grundsätzlich positiv für den Softwarehersteller SAP eingestellt. Die Einstufung hat er aber von "übergewichten" auf "neutral" zurückgenommen. Man sei etwas vorsichtiger geworden. Die Kommunikationspolitik des Unternehmens im Vorfeld der Bekanntgabe der Quartalszahlen sei nicht optimal gewesen. Es wurde eine Erwartungshaltung geschaffen, die nicht befriedigt wurde, sagte Scarfone gegenüber gatrixx. Dies habe dem Kurs geschadet.
Stabilisierung bei Aufträgen
Im Konkurrenzumfeld sieht er das Unternehmen nach wie vor gut aufgestellt. Auch die bisherigen Wachstumsraten seien "outstanding" gewesen. Die Bewertung habe daher immer einen gewissen Aufschlag gehabt, der aber auch gerechtfertigt sei, meint Scarfone. Dies werde auch in Zukunft so bleiben. Mit einer Gewinnwarnung für das vierte Quartal rechnet der Fondsmanager nicht. Es habe eine gewisse Stabilisierung beim Auftragseingang gegeben. Und: Man könne nur eine gewisse Zeit Investitionen in IT und Software zurückstellen. Wegen der Intensität des Wettbewerbs baue sich ein Investitionsstau auf. Und hiervon sollte SAP langfristig profitieren.
Kurzfristig keine Outperformance
Anko Beldsnijder, Fondsmanager bei Griffin Capital Management, hat den Titel ebenfalls auf "neutral" gewichtet. Kurzfristig sei nicht mit einer Outperformance zu rechnen. Die Investoren seien von den Quartalszahlen enttäuscht gewesen, der Markt ist im Hinblick auf den Wert etwas verunsichert.
Aber auch Beldsnijder traut der SAP-Aktien mehr zu. Das Unternehmen verfolge die richtige Strategie. Die Bewertung des Titels sei historisch gesehen derzeit nicht zu teuer. Zwar werde sich der Kurs zunächst mit dem Markt bewegen. Sollten sich die Aktienmärkte jedoch nachhaltig erholen, rechnet der Fondsmanger mit einer Überperformance der SAP-Aktien. Das Papier habe bisher immer dazu tendiert, in steigenden Märkten besser zu sein, sagte Beldsnijder gegenüber gatrixx.
Bewertung nicht zu halten
Bereits in den vergangenen Tagen hatten mehrere Fondsmanager anderer Gesellschaften ihre Einschätzung zur SAP-Aktie gegenüber der Nachrichtenagentur vwd geäußert. So meint Trudbert Merkel, Fondsmanager bei der Deka Kapitalanlage, dass die Bewertung der Aktie nicht zu halten sein dürfte. Im Hinblick auf die zu erwartende Erosion habe er den SAP-Anteil leicht reduziert. Das Vertrauen hinsichtlich der Prognosestabilität sei gebrochen. Fundamental sieht er das Unternehmen indes gut aufgestellt.
Auftragslage schwierig
Eher neutral äußert sich Henning Gebhardt, Senior Fund Manager bei der DWS: Wegen der schwierigen Auftragslage erwarte er kurzfristig keine Outperformance der SAP-Aktie. Es gebe derzeit kaum Unternehmen, die Investitionen tätigten. Daran dürfte sich in den kommenden sechs bis neun Monaten wenig ändern, so Gebhardt gegenüber vwd. Die von SAP vorher prognostizierten Zahlen auch für das vierte Quartal würden ebenfalls nicht erfüllt, was den Markt verunsichere. Allerdings habe SAP seine Produktstärken ausgebaut. In einem Jahr dürfte sich die Auftragslage stabilisiert haben, meint Gebhardt.
Ausgesprochen verhalten gibt sich dagegen Ioannis Papassavvas, Fondsmanager des Dit-Technologiefonds. Er habe die Position des Softwareherstellers SAP auf eine Gewichtung von unter ein Prozent halbiert und somit untergewichtet. Die Softwareunternehmen in den USA hätten Probleme und der von SAP vor Bekanntgabe der Quartals-Zahlen verbreitete Optimismus sei nicht optimal gewesen, sagte Papassavvas. Er habe damit gerechnet, dass SAP von seinem Ausblick für das vierte Quartal abrücke, dass aber das dritte Quartal schlecht gelaufen sei, habe ihn überrascht.
Südlich von 100 Euro interessant
Die Chance sei realtiv groß, dass SAP die Umsatzprognosen für Lizenzumsätze für das vierte Quartal nicht halten werden könne, meint der Fondsmanager. Es komme nun auf die Frage an, ob weitere schlechte Nachrichten von Konkurrenzunternehmen SAP zu einer Warnung für das vierte Quartal veranlassen könnte. Papassavvas geht davon aus, dass viele Kunden auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Situation den Kauf neuer Systeme auf das erste Quartal 2002 verschieben werden. Für ihn sei die Aktie zum Kauf südlich von 100 Euro wieder interessant.
Als gut positioniertes Unternehmen in einer derzeit schwierigen Branche sieht Fondsmanager Andre Köttner von Union-Investment SAP. Hinsichtlich der Quartalszahlen findet er es bedeutsam, dass die Lizenzeinnahmen rückläufig seien. Dies sei auch ein Indikator für andere Geschäftsbereiche, wie etwa Schulungen, so seine Einschätzung. Insgesamt erweise sich die breite Aufstellung von SAP in dem schwierigen Umfeld als Vorteil und verschaffe dem Unternehmen einen Vorsprung gegenüber Konkurrenten. Allerdings werfe das zu erwartende geringere Wachstum die Bewertungsfrage auf. Ein KGV von 40 bei gleichzeitigem Wachstum von etwa zehn Prozent sei hoch, meint Köttner und will den SAP-Anteil nur bei deutlich unter 100 Euro wieder aufstocken. (mae)
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