Hier sein Text darin zu HelloFresh:
Ich habe mir den Kochbox-Versender HelloFresh als Jahresfavoriten ausgesucht, doch bei den Online-Plattformen bzw. -modellen könnte man auch 'ne Münze werfen; es ist kaum abschätzbar, wer sich am besten entwickeln wird. Global Fashion Group, Westwing, Home24, HelloFresh, sie alle dürften bei den Umsätzen weiter stark zulegen. Die oftmals geäußerten Befürchtungen, dass nach Corona die Absatzzahlen einbrechen, teile ich nicht. Auch wenn die enorm starken Zuwachsraten dieses Jahres sich in 2021 zwar abschwächen, werden sie aber nicht einbrechen.
Unbestritten, Stay-at-home und die erneute Schließung der Restaurants treiben die Nachfrage nach Essenslieferungen und Kockboxen an. Doch das wird sich meines Erachtens nicht wieder völlig ändern, wenn die Beschränkungen zurückgenommen werden und Restaurants wieder "am Start" sind. Je mehr Work-from-Home sich durchsetzt, desto weniger Menschen essen in Kantinen und auch die mittäglichen Restaurantbesuche mit Kollegen oder Kunden werden spürbar weniger als früher.
HelloFresh bietet ein sehr gutes Produkt und ist in fast allen Ländern, in denen man aktiv ist, Marktführer. Bei Kochboxen hat man inzwischen einen Weltmarktanteil von über 50%. Dabei bestehen erhebliche Markteintrittsbarrieren, denn die Logistik im Hintergrund ist teuer und aufwändig. Sie ist keinesfalls mit dem Versand von Fertiggerichten, oder frisch zubereitetem Essen (wie Pizza oder Croques) zu vergleichen und selbst der Verkauf von Kochboxen über den stationären Lebensmitteleinzelhandel ist bisher fast immer gescheitert.
Wie herausfordernd das Geschäft selbst für Profis ist, zeigt das Beispiel von Wettbewerber Blue Apron. Die waren der klare Marktführer in den USA, doch innerhalb weniger Jahre wurden sie von HelloFresh überholt und deklassiert. Blue Apron bekam die Logistik nicht auf die Reihe und die Unzufriedenheit der Kunden wegen verspäteter, falscher und vergammelter Lieferungen nahm ständig zu. Inzwischen ist Blue Apron an- und abgeschlagen, weist hohe Schulden auf, kaum Wachstum um deutlich negative Margen. HelloFresh hingegen ist operativ profitabel. In 2020 dürfte es auf eine EBITDA-Marge von über 11% hinauslaufen und die Nettomarge sich Richtung 10% entwickelt haben. Mittelfristig sollte die EBITDA-Marge Richtung 20% auszuweiten sein, denn mit dem starken Wachstum und einer immer besseren Auslastung und verbesserten Abläufen steigt das Skalierungspotenzial.
Das Unternehmen geht für 2021 von 20% bis 25% Wachstum aus und das dürfte ziemlich konservativ angesetzt sein. Man hat in 2020 mehrfach die Prognosen anheben müssen, weil man (zu) vorsichtig prognostiziert hat. Und in Q1/20 gab es noch keinen Corona-Boom, so dass in Q1/21 mit besonders starken Zuwachsraten zu rechnen ist, die sich in den folgenden Quartalen dann abschwächen, wegen der erhöhten Basis aus 2020. Des Weiteren wurde in 2020 massiv in den Kapazitätsausbau investiert; man kam in 2020 beim Nachfrageboom kaum hinterher, wie sich auch im Jahresendgeschäft wieder zeigte, als man Stammkunden für das Aussetzen ihrer Bestellungen belohnte. Die deutlich erhöhten Kapazitäten stehen in 2021 nun volljährig zur Verfügung, auch wenn noch weiter kräftig zugebaut werden muss. So sollen neue Fulfillmentcenter in Q1/21 in GB und in Q2/21 in den USA ans Netz gehen. Für 2021 dürfte das Umsatzwachstum sich daher eher auf 40% belaufen. Und die Margen durch die hohen Investitionen weiterhin belastet sein, was jedoch zusätzliches Potenzial für die Folgejahre birgt.
Ich denke, HelloFresh wird zu negativ/ kritisch gesehen und zusammen mit dem ohnehin großen Wachstums- und Margenpotenzial ist das die Story für meinen 2021er Nebenwertefavoriten.