08.12.2014 20:50
Dem Kreml gehen die Optionen aus
Putin stemmt sich gegen Rubel-Absturz
Von Jan Gänger
Mit kernigen Worten will Russlands Präsident Putin den Verfall des Rubel-Kurses aufhalten - vergeblich. Selbst die Notenbank erscheint hilflos. Der Kreml braucht dringend einen Plan B.
Russlands Präsident Wladimir Putin lässt nichts unversucht, um den Rubel stark zu reden. Sein jüngster Versuch: Er geißelte "Spekulanten", die für die "Manipulation" der Währung verantwortlich seien. "Die Behörden wissen, wer diese Spekulanten sind", drohte Putin. Er werde Notenbank und die Regierung anweisen, streng gegen sie vorzugehen. Konkret wurde der Präsident allerdings nicht.
Gegen den Verfall des Rubel-Kurses richteten die markigen Worte nichts aus. Ein Eingriff der Zentralbank am Devisenmarkt hatte dagegen zumindest zeitweise einen stützenden Effekt: Sie verkaufte vergangenen Freitag weitere 1,9 Milliarden Dollar. Alleine im Oktober hatte sie fast 30 Milliarden Dollar zur Stabilisierung des Wechselkurses ausgegeben - ohne nachhaltige Wirkung.
Auch zu Beginn der neuen Woche ging es für Russlands Währung wieder bergab. Zum Dollar hat der Rubel seit Jahresbeginn damit fast 40 Prozent an Wert verloren, zum Euro knapp ein Drittel. Nur eine Währung hat sich noch schlechter geschlagen: der ukrainische Hrywnja.
Angesichts dieser Talfahrt bleibt Notenbankchefin Elwira Nabiullina wohl nichts anderes übrig, als den Leitzins am Donnerstag erneut kräftig anzuheben. Er liegt bereits bei 9,5 Prozent und bremst damit die ohnehin schwache Konjunktur. Russland nähert sich angesichts von fallendem Ölpreis und westlichen Sanktionen einer Rezession, für das kommende Jahr rechnet die Regierung mit einem Konjunktureinbruch. Sie geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt um 0,8 Prozent schrumpft. Bislang hatte sie ein Wachstum von 1,2 Prozent vorhergesagt.
Mit einer Zinserhöhung würde die Notenbank auch auf die Kapitalflucht reagieren. Sie rechnet damit, dass dieses Jahr 129 Milliarden Dollar aus Russland abfließen. Vor diesem Hintergrund kündigte Putin einen Straferlass für Russen an, die ihr Kapital zurückfließen lassen, das sie illegal in Steueroasen angelegt haben.
Doch nicht nur Rubelschwäche und Kapitalflucht sprechen für eine Zinserhöhung, auch die Inflation ist ein Grund. Im November lag die Rate bei 9,1 Prozent und damit sehr viel höher als von der Notenbank angestrebt. Dazu trägt auch der vom Kreml verhängte Einfuhrstopp von Lebensmitteln aus den USA und der Europäischen Union bei. Buchweizen war im November um mehr als 50 Prozent teurer als vor einem Jahr, frische Tomaten kosteten nach Angaben der Statistikbehörde Rosstat rund 35 Prozent mehr, Kartoffeln 12,6 Prozent.
Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Russische Unternehmen haben wegen der Finanz-Sanktionen Mühe, genügend Devisen aufzutreiben, um ihre Auslandsschulden zu begleichen. Bis Ende Dezember sind nach Angaben der Zentralbank 30 Milliarden Dollar fällig. Viele russische Unternehmen müssen nun verstärkt Dollar kaufen, weil ihnen der direkte Zugang zum europäischen und zum US-Finanzmarkt verwehrt ist - das schwächt den Rubel.
Nicht nur Finanzsanktionen und Kapitalflucht, auch die fallenden Ölpreise setzen dem Rubel zu: Russland bestreitet den Großteil seiner Einnahmen aus dem Verkauf von Rohöl - ein fallender Ölpreis schwächt die Wirtschaft des Landes. Obwohl die weltweite Nachfrage verhalten ist, bleibt das Angebot stabil. Seit Sommer ist Öl deshalb etwa 40 Prozent billiger geworden. Ein Barrel kostet derzeit wegen der weltweiten Konjunkturflaute deutlich unter 70 Dollar, während die russische Regierung in ihrer Budgetplanung einen Preis von etwa 100 Dollar zugrunde gelegt hatte.
So lange der Ölpreis weiter fällt, Kapital aus Russland flieht und die westlichen Sanktionen bestehen bleiben, wird der Rubel weiter kräftig unter Druck stehen. Für Russland sind das keine guten Aussichten.