Job-Killer

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vega2000:

Job-Killer

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06.12.01 13:21

Arbeitsmarkt


Die Stunde der Jobkiller


Weltweit werden Hundertausende von Arbeitsplätzen gestrichen. Viele Firmen versuchen Entlassungen zu vermeiden.

Neulich bei Sabine Christiansen. Die Talkgäste diskutierten über die Republik in der Krise. Mit dabei Wirtschaftsminister, Politiker – und ein Konzernchef, angekündigt als „Deutschlands härtester Sanierer“. Der Mann hat über Jahre kränkelnde Firmen restrukturiert, hat Unternehmen verschlankt und Tausende von Arbeitsplätzen gestrichen. Solche wie er haben derzeit Konjunktur, finden in der Öffentlichkeit schaudernde Beachtung und schulterklopfende Zustimmung bei den Unternehmensberatern.

Cost cutting, kostensenkende Maßnahmen sind angesagt in der anhaltenden weltweiten Konjunkturflaute, und am meisten – so scheint es – lässt sich beim Personal sparen.

Bedrohliche Zahlen

Seit Anfang des Jahres bereits reiht sich eine Ankündigung über Stellenstreichungen an die andere. Einer ersten Welle im Frühsommer folgt derzeit in der Folge der durch die Terroranschläge des 11. September geprägten nahezu depressiven Stimmung in der Wirtschaft eine zweite Ankündigungswelle.

Allerdings: Die jeweils genannten Zahlen sind Annäherungswerte und nur bedingt vergleichbar. Manche Ziffer umfasst auch bereits früher angekündigte Sparmaßnahmen, andere greifen über die unmittelbare Zukunft hinaus bis ins Jahr 2003 oder 2004, In- und Ausland sind unterschiedlich betroffen.

» Weltweit sind bisher, grob überschlagen, mehr als 650.000 Arbeitsplätze für überflüssig erklärt worden. «

         

Am bedrohlichsten klingen die Zahlen der Großkonzerne. Wer viele Mitarbeiter hat und viele Einheiten, kann und will viel sparen. Weltweit sind bisher, grob überschlagen, mehr als 650.000 Arbeitsplätze für überflüssig erklärt worden, viele davon sind bereits weggefallen. Atemberaubend nehmen sich die Zahlen der großen amerikanischen Telekommunikationskonzerne aus. 60.000 Stellen will der Netzwerkausrüster Lucent abbauen, 50.000 der Wettbewerber Nortel, 39.000 der Handy- und Chiphersteller Motorola. Ericsson meldet ein Minus von 22.000 Stellen, Toshiba von 18.800 – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Große und kleine Firmen betroffen


Harte Einschnitte hat auch der weltgrößte Flugzeughersteller Boeing angekündigt, dort sollen 30.000 Mitarbeiter gehen. Nicht viel weniger sind es bei den beiden US-Fluggesellschaften, die unmittelbar von den Terroranschlägen des 11. September betroffen sind: American Airlines und United Airlines wollen je 20.000 Stellen abbauen. Mit einer hohen Zahl ist auch der weltweit vernetzte Großkonzern DaimlerChrysler auf dieser Liste vertreten: Weltweit sollen 37.700 Stellen abgebaut werden. 24.000 Stellen wiederum sind es in der Siemens-Familie, davon allein 17.000 bei der Siemens AG selbst, 5.000 bei der ausgegliederten Chiptochter Infineon und 2400 beim Bauelementehersteller Epcos.

Während beim Stellenabbau bisher vor allem die großen Unternehmen von sich reden machten, hat der in Deutschland traditionell vorherrschende Mittelstand in der Summe bis zuletzt eher noch Personal aufgebaut; eine Entwicklung allerdings, die nach der Beobachtung von Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt in der anhaltenden Konjunkturschwäche nun zum Stillstand kommt und um die Jahreswende ins Gegenteil umzuschlagen droht.

Das Handwerk bricht ein

 
Schon länger auf Abwärtskurs ist das deutsche Handwerk, das nach Angaben seines Präsidenten Dieter Philipp in diesem Jahr rund 200.000 Menschen entlassen wird. Damit würde die Zahl der Beschäftigten auf ein Rekordtief von 5,6 Millionen fallen – und eine Trendwende sei nicht erkennbar.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels meldet für seine seit Jahren kriselnde Branche ein Minus von 25.000 Stellen im laufenden Jahr. Auch im Maschinenbau, der sich dank seiner Exportaufträge lange wacker gehalten hatte, mehren sich nun die Ankündigungen von Stellenstreichungen. Häufig sind es nur einige hundert Positionen pro Unternehmen, die prozentual dennoch deutlich zu Buche schlagen.

Vielfältige Ursachen


Die Ursachen für die allgemeine Beschäftigungskrise sind vielfältig: Viele Unternehmen trifft die schlechten Branchenkonjunktur. Dies gilt etwa für Baukonzerne. Selbst der weniger als mancher seiner Wettbewerber unter hausgemachten Problemen leidende Hochtief-Konzern wird 1700 von 13.000 Stellen streichen. Auch die zahlreichen großen und kleinen Betriebe der Holz- und Möbelindustrie haben seit Jahresbeginn kräftig abgebaut.      

» Manches Unternehmen leidet unter eigenen Versäumnissen. «

         
Bei den Banken wiederum müssen die Folgen des Börseneinbruchs verarbeitet werden, aber auch das weggebrochene Geschäft mit Fusionen und Übernahmen; zugleich war im engmaschigen Filialgeschäft seit langem eine Ausdünnung zu erwarten. So meldet die Deutsche Bank ein Minus von 7100 Stellen, die HypoVereinsbank von 9100 Stellen vor allem bei Neuerwerbungen im Ausland. Die von der Allianz übernommene Dresdner Bank muss 7800 Stellen einsparen.

Andere Unternehmen sind unmittelbar von den Folgen der Terroranschläge des 11. September betroffen. Dies gilt neben der Luftfahrtindustrie und den Fluggesellschaften auch für die Tourismusbranche. Nicht zuletzt leidet manches Unternehmen unter eigenen Versäumnissen, etwa weil Restrukturierungen verschlafen wurden oder man strategisch ins Hintertreffen geraten ist. Der Autobauer Opel ist hier zu nennen, der Baukonzern Holzmann oder die Frankfurter Commerzbank.      

» Kurzfristig bringt die Trennung von Mitarbeitern kaum Kostenersparnis. «

       
Kurzfristig übrigens, darauf weisen Experten hin, bringt die Trennung von Mitarbeitern kaum Kostenersparnis. Zwar fallen Arbeitsplätze weg, zugleich schlagen jedoch Abfindungszahlungen oder – im Streitfall – Anwaltskosten in der Summe kräftig zu Buche. Unternehmensberater schätzen, dass der von den führenden 30 Industrieunternehmen bisher angekündigte Stellenabbau die Konzerne zunächst mehrere Milliarden DM kosten wird.

Eine Frage des Images

 
Der übereilte Abschied von qualifizierten Mitarbeitern kann ein Unternehmen nicht nur Ansehen kostet, sondern auch zu Problemen in der – wann auch immer startenden – Erholungsphase der Wirtschaft führen. „Wir sollten alles tun“, appelliert Arbeitgeberpräsident Hundt an seine Unternehmerkollegen, um die qualifizierten Mitarbeiter an Bord zu halten, um im nächsten Aufschwung nicht wieder Hände ringend Fachkräfte zu suchen.“      

» Der übereilte Abschied von qualifizierten Mitarbeitern kann ein Unternehmen das Ansehen kostet. «

         
Stellenstreichung heißt deshalb auch nicht automatisch Entlassung. Vielmehr lässt die arbeitsrechtliche Wirklichkeit viele Möglichkeiten zu, Entlassungen durch kreativere Maßnahmen wie Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten oder Regelungen im Rahmen von Beschäftigungssicherungsverträgen zu vermeiden.

So legt einer von Deutschlands größten Arbeitgebern, die Siemens AG in München, Wert darauf, dass der angekündigte Abbau von 17000 Jobs keine einzige betriebsbedingte Entlassung nach sich ziehe (siehe Beitrag auf dieser Seite). Und auch die Volkswagen AG in Wolfsburg bestand gegenüber der SZ darauf, dass sie dank intelligenter Betriebsvereinbarungen „noch nie“ auch nur einem Angestellten betriebsbedingt gekündigt habe.  

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Linus:

danke, interessant o.T.

 
06.12.01 13:32
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