Kama Ado versehentlich von B-52-Bomb. angegriffen

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Kama Ado versehentlich von B-52-Bomb. angegriffen

 
13.08.02 16:15
Das Dorf, in dem nichts passiert ist
Kama Ado wurde versehentlich von B-52-Bombern angegriffen
Von Richard Lloyd Parry
Kama Ado - Das Dorf, in dem nichts passiert ist, erreicht man, von einer dreistündigen Fahrt über Felspisten durchgerüttelt, über einen steilen Pfad. Bis zu dem Augenblick, an dem hier "nichts" passierte, früh am Samstagmorgen und dann noch einmal am nächsten Tag, war dies ein großes Dorf mit einem kleinen Friedhof. Doch das wurde zum Gegenteil umgekehrt: Jetzt gibt es auf dem Friedhofshügel 40 namenlose neue Gräber. Und das Dorf Kama Ado existiert nicht mehr.

Von vielen der Häuser sind nur tiefe Krater im Boden übrig, der Rest ist aufgerissen wie zerquetschte Pappkartons. In dem Moment, in dem nichts passierte, nahmen die Einwohner von Kama Ado gerade ihre frühmorgendliche Mahlzeit ein, vor dem Sonnenaufgang und dem Beginn der Fastenzeit des Ramadan. Und hier in den Trümmern liegen die verbeulten und zerrissenen Überreste des einfachen Lebens, das sie führten: ein deformierter Wasserkessel, das Innere durch die Explosion fast nach draußen gerissen; eine Sammlung verkohlter Kochtöpfe und die Bruchstücke einer altmodischen, pedalgetriebenen Nähmaschine. In einer aufgerissenen Metalltruhe liegen Fetzen von Kinderkleidung aus billigem Nylon. In einem anderen Raum befindet sich das einzig Wertvolle, das diese Menschen jemals besaßen - sechs tote Kühe, wild übereinander geworfen und durch den Verwesungsprozess aufgebläht. Und all das ist sehr merkwürdig, denn an dem Samstagmorgen, als amerikanische B-52-Flugzeuge Dutzende von Bomben fallen ließen und 115 Männer, Frauen und Kinder töteten - passierte hier nichts.

Wir wissen das, weil das amerikanische Verteidigungsministerium es uns gesagt hat. An diesem Abend wurde ein Sprecher des Pentagon in Washington zu Berichten über zivile Opfer im Osten Afghanistans befragt. Er erklärte, dass sie nicht wahr seien, weil die Vereinigten Staaten peinlichst darauf achteten, ausschließlich militärische Ziele auszuwählen, die mit Osama Bin Ladens Al-Qaida-Netzwerk in Zusammenhang stehen. Spätere Äußerungen des Pentagon zu diesem Thema waren etwas wackliger, aber zurückgezogen wurde diese ursprüngliche Stellungnahme nicht: "Es ist einfach nichts passiert."

Wer weiß also, durch was für einen Zauberspiegel ich gestern guckte, als ich von Jalalabad aus die Straße nach Kama Ado entlangfuhr. Von dem Moment an, als ich aufwachte, war ich umgeben von Trümmern und den unschuldigen Opfern von großer Zahl, von entwickelter Technologie und von viel "Nichts".

Es begann an diesem Morgen im Haus von Haji Zaman Gamsharik, einem prowestlichen Führer der Anti-Taliban-Mudschahedin, der diskret von der US-Regierung versorgt und finanziert wird. Am vorherigen Tag folgte ich ihm durch Jalalabads Leichenhalle, in der sieben verstümmelte Leichen gewaschen und aufgebahrt wurden - Kämpfer der Mudschahedin von Zaman, die getötet wurden, als amerikanische Bomben die Niederlassung der Regierung trafen, in der sie schliefen. Und jetzt ist es wieder geschehen.

Da waren sie, auf der Ladefläche von drei Kleintransportern - sieben weitere, noch blutigere Körper von sieben anderen Mudschahedin, die getötet wurden, als das Gästehaus in dem Dorf Landi Khiel, in dem sie schliefen, um 6.30 Uhr morgens von Bomben getroffen wurde. Zaman ist ein stolzer, hochmütiger Mann, der jahrelang in den Bergen gegen die Sowjets gekämpft hat, doch ich habe ihn nie so verletzlich gesehen. "Ich habe sie noch selbst dorthin geschickt", war alles, was er sagen konnte. "Ich habe sie zur Sicherheit dorthin geschickt."

Doch der Kommandeur stellte uns eine eigene Eskorte von Mudschahedin zur Verfügung, und so machten wir uns auf den Weg nach Landi Khiel. Wir fanden die Ruinen des Büros, in dem die erste Gruppe von Soldaten gestorben war, und das Gästehaus, in dem gestern Morgen die anderen umgekommen waren.

Und dort, in den Ruinen eines Einfamilienhauses, war ein kleines Bruchstück von diesem "Nichts": Es war der hintere Teil einer Bombe. Darauf standen die Worte "gesteuertes Bodengeschoss AGM 114", und eine Seriennummer: 23 2687. Er lag halb vergraben unter den Überresten des Strohdachs eines Hauses, in dem drei Männer gestorben waren: Fazil Karim, sein Bruder Mahmor Ghulab und sein Neffe Hasiz Ullah. "Sie waren eine Familie, ganz normale Leute", sagte Haji Mohammed Nazir, der Dorfälteste, der uns begleitete. "Sie waren keine Terroristen - die Terroristen sind in den Bergen da drüben."

Also fuhren wir weiter in Richtung der Weißen Berge, in denen sich Hunderte von Al-Qaida-Mitgliedern und vielleicht sogar Osama Bin Laden selbst im Tora-Bora-Höhlensystem versteckt halten. Eine B 52 schwebte hoch über uns am Himmel, schwarze Rauchschwaden waren über dem Tal zu sehen.

Eines war sicher: Irgendetwas ging da vor sich. Und dann erreichten wir endlich die Ruinen von Kama Ado. Unter den erbärmlichen Überresten fand ich einen unheimlichen Gegenstand - ein altes Pistolenhalfter aus Leder mit einem Munitionsgürtel. Ich nehme an, dass es denkbar ist, dass eine Hand voll von Al-Qaida-Mitgliedern hier die Nacht verbracht hat, und dass das amerikanische Militär irgendwie von ihrem Aufenthaltsort erfahren hat.

Aber nach 22 Jahren des Krieges gibt es in fast jedem afghanischen Haus irgendein militärisches Überbleibsel, und der Dorfbewohner versicherte mir, dass es 14 Tage her sei, seitdem man hier irgendwelche Araber oder Taliban gesehen habe. Mit Sicherheit hätten hier nicht genügend Terroristen sein können, um die 40 neuen Gräber zu füllen. Man erzählte mir, dass die letzten Löcher nicht ganze Leichen enthalten, sondern nur Körperteile, aufs Geratewohl zusammengeworfen und vergraben. Man hatte uns davor gewarnt, dass die Gesichter von Weißen hier, in dem Dorf, in dem nichts passiert war, auf Wut und Ablehnung stoßen würden, aber mir begegneten nur Verzweiflung und Verblüffung. Während des gesamten Tages erlebte ich nur einen Moment wirklicher Angst, und zwar, als ein amerikanischer Bomber direkt über unseren Köpfen flog. Wir hielten unseren Konvoi an, kletterten aus den Autos und rannten in die Felder auf beiden Seiten.

Das Flugzeug zog langsam seine Runde, und ich war mir der elektronischen Überprüfung bewusst, denn wir waren die Einzigen auf der Straße. Und dann, zu unser aller Erleichterung, drehte der Bomber langsam ab.

Bevor wir die Stadt verlassen hatten, hatte ein amerikanischer Kollege in Jalalabad das Pentagon angerufen und sie über unsere Pläne informiert, zu dem Dorf zu fahren, in dem nichts passiert war. Die Information wurde aufgenommen, und man bedankte sich höflich. Und in diesen Zeiten von verwunschenen Zauberspiegeln muss ich mich immer wieder fragen, was der Bomber mit unserem kleinen Konvoi gemacht hätte, wenn dieser Anruf nicht erfolgt wäre. Vielleicht wäre auch uns "nichts" passiert.






Kama Ado versehentlich von B-52-Bomb. angegriffen 749259

Die_Quadratur_des_KreisesKama Ado versehentlich von B-52-Bomb. angegriffen 749259

 
Abzieher:

war ich

 
13.08.02 16:20


und nicht versehentlich :-)



Die_Quadratur_der_Ellipse
chreil:

Wie unterscheidet man nochmal die

 
13.08.02 16:22
Taliban- und die Al-Quaida-Kämpfer?

Hach ich verwechs'le die ständig....... :)

BRAD PIT:

@cHreil

 
13.08.02 16:27
Die Taliban gibt es wirklich und die AL-Quaida gibt es nur, weil die USA es behaupten  
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