Freitag 28. Juni 2002, 18:49 Uhr
Aus Wasserhähnen kommt ein Medikamenten-Cocktail
Berlin (dpa) - Arzneimittel reichern sich über das Abwasser in nennenswerten Dosen auch in Flüssen und Seen an und gelangen so zum Teil auch ins Grund- und Trinkwasser. Darauf hat das Umweltbundesamt am Donnerstag in Berlin hingewiesen. Auch in geklärtem Wasser finde sich teilweise ein Cocktail aus Arzneispuren, der über das Trinkwasser bis zum Verbraucher gelangen könne. Bisher sei aber weitgehend unbekannt, ob und wie sich dies auf Mensch und Natur auswirke. Das Amt forderte, dass die Arzneihersteller Umweltrisiken strenger prüfen müssen.
Als Beispiel nannte das Amt die Anti-Baby-Pille. Deren Hormone würden wieder ausgeschieden und gelangten so in den Wasserkreislauf. Auf Grund der Verkaufsdaten der Pille gingen Experten davon aus, dass die Oberflächengewässer in Deutschland mit 2 Mikrogramm pro Liter des Östrogens 17alpha-Ethinylestradiol belastet sind. Bereits 0,5 Mikrogramm pro Liter führten bei Fischen zu Hormonstörungen: Fischmännchen verweiblichten und bildeten Eidotter aus, das Geschlechterverhältnis verschiebe sich und die Fische bekämen weniger Nachwuchs. Auch im Trinkwasser sei das Östrogen vereinzelt nachgewiesen worden.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, warnte davor, die Folgen der Arzneimittel auf Mensch und Natur zu vernachlässigen. «Wir wollen ohne jeden Alarmismus frühzeitig sagen, wo wir zukünftig Probleme sehen.» Den Angaben zufolge wurden allein im Jahr 2000 in Deutschland etwa 29 000 Tonnen Humanarzneimittel-Wirkstoffe verkauft. Davon waren 7000 Tonnen synthetische Wirkstoffe. Dazu kämen etwa 2320 Tonnen Tierarzneimittel. «Irgendwo bleibt alles», sagte Troge.
Vor allem in und in der Nähe von Klärwerken seien zahlreiche Arzneiwirkstoffe etwa gegen Epilepsie gefunden worden. Bei einer Berliner Kläranlage wies das Amt Wirkstoffe von schleimlösende Hustenmitteln sowie Tropfen gegen Pollenallergie nach. Deren Konzentration im Wasser stieg in der Grippe- bzw. Heuschnupfenzeit deutlich an. Das Umweltbundesamt ist seit kurzem auch dafür zuständig, die Wirkung von Arzneien auf die Umwelt zu prüfen.
Troge kritisierte, dass bei Humanarzneien bisher keine detaillierte Bewertung von Umweltrisiken vorgeschrieben ist. Er forderte, von den Herstellern eine aussagekräftige Umweltprüfung zu verlangen. Es gehe nicht an, dass mögliche Gefahren für Umwelt und Mensch auf Kosten der Steuerzahler erforscht würden. Allerdings müsse den Herstellern ausreichend Zeit für diese Untersuchungen gelassen werden. Es dürfe «niemand in den Bankrott getrieben werden».
Verhalten und Effekte von Arzneien in der Umwelt seien weitgehend unbekannt, sagte Troge. Viele dieser Wirkstoffe seien chemisch sehr stabil und reicherten sich an. Gerade bei Hormonen gingen manche Wissenschaftler zudem davon aus, dass kleine Dosen sogar stärker wirkten als mittlere. Bei Einnahme würden die Arzneistoffe im menschlichen Körper teilweise in veränderte Wirkstoffe umgewandelt. Die Wirkung dieser so genannten Metaboliten sei noch weniger bekannt als die der Ursprungswirkstoffe.
Aus Wasserhähnen kommt ein Medikamenten-Cocktail
Berlin (dpa) - Arzneimittel reichern sich über das Abwasser in nennenswerten Dosen auch in Flüssen und Seen an und gelangen so zum Teil auch ins Grund- und Trinkwasser. Darauf hat das Umweltbundesamt am Donnerstag in Berlin hingewiesen. Auch in geklärtem Wasser finde sich teilweise ein Cocktail aus Arzneispuren, der über das Trinkwasser bis zum Verbraucher gelangen könne. Bisher sei aber weitgehend unbekannt, ob und wie sich dies auf Mensch und Natur auswirke. Das Amt forderte, dass die Arzneihersteller Umweltrisiken strenger prüfen müssen.
Als Beispiel nannte das Amt die Anti-Baby-Pille. Deren Hormone würden wieder ausgeschieden und gelangten so in den Wasserkreislauf. Auf Grund der Verkaufsdaten der Pille gingen Experten davon aus, dass die Oberflächengewässer in Deutschland mit 2 Mikrogramm pro Liter des Östrogens 17alpha-Ethinylestradiol belastet sind. Bereits 0,5 Mikrogramm pro Liter führten bei Fischen zu Hormonstörungen: Fischmännchen verweiblichten und bildeten Eidotter aus, das Geschlechterverhältnis verschiebe sich und die Fische bekämen weniger Nachwuchs. Auch im Trinkwasser sei das Östrogen vereinzelt nachgewiesen worden.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, warnte davor, die Folgen der Arzneimittel auf Mensch und Natur zu vernachlässigen. «Wir wollen ohne jeden Alarmismus frühzeitig sagen, wo wir zukünftig Probleme sehen.» Den Angaben zufolge wurden allein im Jahr 2000 in Deutschland etwa 29 000 Tonnen Humanarzneimittel-Wirkstoffe verkauft. Davon waren 7000 Tonnen synthetische Wirkstoffe. Dazu kämen etwa 2320 Tonnen Tierarzneimittel. «Irgendwo bleibt alles», sagte Troge.
Vor allem in und in der Nähe von Klärwerken seien zahlreiche Arzneiwirkstoffe etwa gegen Epilepsie gefunden worden. Bei einer Berliner Kläranlage wies das Amt Wirkstoffe von schleimlösende Hustenmitteln sowie Tropfen gegen Pollenallergie nach. Deren Konzentration im Wasser stieg in der Grippe- bzw. Heuschnupfenzeit deutlich an. Das Umweltbundesamt ist seit kurzem auch dafür zuständig, die Wirkung von Arzneien auf die Umwelt zu prüfen.
Troge kritisierte, dass bei Humanarzneien bisher keine detaillierte Bewertung von Umweltrisiken vorgeschrieben ist. Er forderte, von den Herstellern eine aussagekräftige Umweltprüfung zu verlangen. Es gehe nicht an, dass mögliche Gefahren für Umwelt und Mensch auf Kosten der Steuerzahler erforscht würden. Allerdings müsse den Herstellern ausreichend Zeit für diese Untersuchungen gelassen werden. Es dürfe «niemand in den Bankrott getrieben werden».
Verhalten und Effekte von Arzneien in der Umwelt seien weitgehend unbekannt, sagte Troge. Viele dieser Wirkstoffe seien chemisch sehr stabil und reicherten sich an. Gerade bei Hormonen gingen manche Wissenschaftler zudem davon aus, dass kleine Dosen sogar stärker wirkten als mittlere. Bei Einnahme würden die Arzneistoffe im menschlichen Körper teilweise in veränderte Wirkstoffe umgewandelt. Die Wirkung dieser so genannten Metaboliten sei noch weniger bekannt als die der Ursprungswirkstoffe.