Keine Zinswende in Euroland INTERESSANT

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mothy:

Keine Zinswende in Euroland INTERESSANT

 
22.03.02 10:05
Keine Zinswende in Euroland

Nein, als Marktschelte will er seine Einlassungen nicht verstanden wissen. Ein wenig verwundert ist Klaus Holschuh aber doch über den steilen Anstieg, den amerikanische und europäische Anleiherenditen seit einigen Wochen verzeichnen. Für zehnjährige Bundesanleihen liegt die Rendite mittlerweile recht stabil um 5,2 Prozent, für zweijährige Renten bei über vier Prozent. Auffällig ist die Dynamik. Seit Jahresbeginn hat die Rendite in der zweijährigen Laufzeit - wie in den Vereinigten Staaten - um kräftige 0,6 Prozentpunkte zugelegt; der Unterschied zu den Zinssätzen am Geldmarkt ist rapide gestiegen. Holschuh berichtet von großen Unterschieden zu den Zinsen auf Dreimonatsgeld.

"Solch steile Zinsstrukturkurven haben wir üblicherweise nur in Zinswendezeiten. Die spannende Frage ist: Ist es eine Zinswende?" Der Abteilungsleiter Fixed Income Research der DZ Bank beantwortet seine Frage mit einem erneuten Nein. Er glaube an eine Korrektur der Anleiherenditen - nach unten. "Die Europäische Zentralbank (EZB) muß bis in das kommende Jahr hinein geldpolitisch gar nichts machen." Im kürzerfristigen Laufzeitbereich von zwei bis vier Jahren sieht Holschuh deshalb bis zum Jahresende Raum für eine Entspannung um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte, die Rendite der Zehnjährigen erwartet er im Herbst bei etwa 4,75 Prozent.

Mit dieser Meinung steht der DZ-Bank-Volkswirt im Kreis seiner Kollegen nahezu alleine da - und erst recht im Kreis von Händlern. An den Terminsätzen am Geldmarkt ist für Euroland die Zinswende zur Jahreswende schon enthalten, mit einem Anstieg des Leitzins von aktuell 3,25 Prozent auf dann gut 4 Prozent. "Das ist eine Erwartung, die wir gar nicht teilen." Im Gegenteil wäre Holschuh nicht überrascht, wenn die EZB noch einmal die Geldpolitik lockerte. Wahrscheinlich sei das nicht, gesteht er zu, aber bei weitem auch nicht ausgeschlossen.

Die ruhige Vehemenz, mit der der Ökonom seine Thesen in druckreifer Rede vertritt, gründet in jahrelanger Erfahrung als Rentenanalyst. Er verweist auf die Abschwünge von 1996, 1994 und von 1984: Auch damals hätten die Händler an den Rentenmärkten nach dem Konjunkturtief eine rasche Zinserhöhung von der EZB erwartet - und seien jedesmal enttäuscht worden. Die EZB habe die Zinszügel sogar noch gelockert. Offensichtlich wird die Erfahrung auch darin deutlich, daß ihm der Unterschied zwischen EZB und Deutscher Bundesbank entschwindet - ein verzeihlicher Lapsus, sieht Holschuh die historische Parallelität doch in der Sache gegeben: In den genannten Abschwüngen hätten sich nach dem Konjunkturtief in Deutschland sowohl die Dreimonatssätze am Geldmarkt wie die Inflationsraten zunächst immer entspannt, bis zu zwei Jahre lang. "Üblicherweise gehen wir aus einer Rezession mit fallenden Inflationsraten heraus." Holschuh erwartet für 2002 im Euro-Raum eine analoge Entwicklung. Die Teuerungsrate werde bis zum Herbst auf etwa 1,5 Prozent sinken; die Preisaussichten darüber hinaus seien günstig. Als Grund nennt er eine gemächlichere wirtschaftliche Erholung hierzulande als in Amerika und einen strukturellen Effekt: "Im Aufschwung erzielen Unternehmen Gewinne über die Menge, nicht über Preiserhöhungen." Die EZB habe somit kaum einen Anlaß, die Geldpolitik zu straffen.

Doch muß sie nicht der Fed folgen, von der alle Welt Zinserhöhungen erwartet? "Am langen Zinsende hängen wir ganz klar an Amerika, am kurzen Ende macht die EZB eine autonome Geldpolitik." Ohnehin aber hält der Ökonom die weitverbreitete Erwartung rascher Zinsanhebungen der amerikanischen Notenbank für verfehlt. "Der Aufschwung kommt, das Inflationsumfeld bleibt aber ausgesprochen günstig."

Der amerikanische Konsument habe angesichts der niedrigen Sparquote keinen Spielraum, seinen Verbrauch weiter zu steigern - zumal es gut ein Jahr dauern werde, die Verluste an Arbeitsplätzen aus 2001 wieder aufzuholen. Kaum Belebung sei von den Investitionen zu erwarten: Bei einer Kapazitätsauslastung von unter 70 Prozent bleibe vorerst genügend Spielraum, die Produktion ohne Neuinvestitionen auszubauen. Damit einher gingen ein stärkeres Produktivitätswachstums und so geringe Preisrisiken. In einer großen, relativ geschlossenen Volkswirtschaft wie den Vereinigten Staaten seien solche Preiseinflüsse weitaus wichtiger als Ölpreisrisiken infolge politischer Krisen, beschwichtigt Holschuh Marktängste vor einer militärischen Krise im Irak. Er erwartet gegen Jahresende eine Inflationsrate von 2,5 Prozent, was für Amerika günstig ist. Das werde es der Fed erlauben, die Zinspolitik gelassener zu straffen, als es die Händler an den Anleihe- und Geldmärkte unterstellen. Holschuh rechnet mit vorsichtigen Zinserhöhungen erst ab dem dritten Quartal. Der Markt nehme mit einer Verdoppelung der Dreimonatszinsen zum Jahresende "zu viel vorweg".

Und all das soll keine Kritik an den Märkten sein? Im Moment spielten die Märkte den Aufschwung zu Recht, sagt der Volkswirt: "Der aktuelle Preis ist der faire Preis." Auf Sicht von vielleicht sechs Monaten seien aber andere Themen angesagt, aus Sicht von Holschuh eben das günstigere Inflationsumfeld. Marktkritik verbirgt sich dahinter nicht, wohl aber die Erkenntnis sich wandelnder Erkenntnisse.

PATRICK WELTER

Klaus Holzschuh.

DZ Bank

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.03.2002, Nr. 69 / Seite 25
mod:

Thx, mothy. Fazit: Nichts Genaues weiss

 
22.03.02 11:10
er wie alle anderen auch!

"Das Schwierigste an der Prognose ist eben, dass sie sich mit der Zukunft beschäftigt!"

Viele Grüsse
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