Stoiber stoppen
In den Monaten vor der Wahl versucht die SPD-Führung wieder den Schulterschluß mit den Gewerkschaften. Denn offenkundig dämmert es auch Gerhard Schröder: er kann es noch so gut mit den Interessen der wirtschaftlich Mächtigen meinen und ihnen Zugeständnisse machen - doch wählen werden sie ihn nicht. Aber reichen ein paar publikumswirksame Auftritte vor Gewerkschaftstagen und sozialdemokratischen Betriebsrätekonferenzen aus, um die Stimmung noch einmal herumzureißen?
Trotz alledem - wählen gehen!
Gründe, um wählen zu gehen und Stoiber zu verhindern, gibt es mehr als genug. Der Kandidat aus Oberbayern schwört zwar Stein und Bein, auch er wolle den Sozialstaat nicht abschaffen. Doch seine Forderung nach "mehr Wachstum und Beschäftigung" erinnert an das gleichlautende Kahlschlagspaket der Regierung Kohl vom Sommer 1996, das u.a. Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Zahnersatz für Jugendliche kippte. CDU und CSU wollen jetzt den Kündigungsschutz für Ältere und in kleineren Betrieben aufweichen und Arbeitnehmern, Arbeitslosen und Rentnern in die Taschen greifen. Die Umverteilung von unten nach oben würde unter Stoiber energischer fortgesetzt werden. Die Horrokataloge von Unternehmerverbänden und vom CDU-Wirtschaftsrat geben die Linie vor, die von einer möglichen CSU/CDU/FDP-Koalition zu erwarten ist. Die Militarisierung der Außenpolitik würde unter Stoiber konsequent fortgesetzt werden, denn führende Unionspolitiker haben schon jetzt ihre Unterstützung für einen Krieg gegen den Irak bekundet und die Demonstrationen im Mai gegen den Bush-Besuch als Schande für Deutschland bezeichnet.
Lassen wir uns von Stoibers vorsichtigen taktischen Äußerungen nicht täuschen - eine Regierung Stoiber wäre kein Haar besser als andere Rechtsregierungen in Europa - von Norwegen bis Italien und Spanien.
Es gibt Unterschiede zwischen einer Regierung Schröder und einer Regierung Stoiber - auch wenn diese manchmal bzw. immer öfter verschwimmen und gegen Null tendieren. Eine CDU/CSU/FDP-Regierung etwa wäre gegen gewerkschaftlichen Druck immuner als eine SPD-geführte Regierung. So zog Kohl 1996 auch nach einer Massendemo von 300.000 Gewerkschaftern in Bonn sein Kahlschlagspaket eiskalt durch, während Schröder im Winter 2000 nach anfänglichem "Basta" den zögerlich beginnenden gewerkschaftlichen Druck gegen die Renten"reform" wahrnahm und einige Zugeständnisse machte.
Frust an der SPD-Basis
Aber Stoiber verhindern kann und darf nicht heißen, Schröder einen Blankoscheck auszustellen. Denn die Bilanz nach knapp vier Jahren aus der Sicht von abhängig Beschäftigten, Arbeitslosen und Jugendlichen ist nicht so goldig, wie es uns die Wahlkampfplaner in der SPD-Kampa einreden wollen.
Quelle:Der Funke