Anbieter von Internet-Dienstleistungen und Portalen sind sich weitgehend einig: Kostenpflichtige Angebote bestimmen die Zukunft des Webs. Was würde Ihre Zahlungsbereitschaft im Internet steigern?
T-Online-Chef Thomas Holtorp zog kürzlich eine ernüchternde Bilanz: "Jedem in der Internet-Branche ist klar, dass die derzeitige Kostenlos-Kultur im Internet ihre Grenzen hinsichtlich Qualität, Kreativität und Objektivität hat." Und weiter sagte er: "Einfach ein Preisschild an bestehende Inhalte zu kleben und dafür zukünftig Geld zu kassieren, das funktioniert mit den Verbrauchern nicht." Funktionieren soll dagegen so genannter "Value Content". Neben zahlreichen kostenlosen Angeboten will T-Online ab Ende des Jahres auch eine breite Palette an Inhalte bieten, für deren hohen Nutzwert die Kunden bereit sind zu bezahlen. Dass ein Teil der Kunden solche kostenpflichtigen Offerten annehmen wird, ist für Holtorp gesichert.
Zahlungswillige User Glaubt man indes aktuellen Studien, sitzt nicht nur bei den Kunden des rosa Online-Riesen das Geld einigermaßen locker: Das Online-Marktforschungsinstitut Ears and Eyes ermittelte, dass die Hälfte der Internet-User bereit wäre, für innovativen kostenpflichtigen Web-Content monatlich 39 DM auszugeben. Bislang finden die Internet-Nutzer aktuelle Nachrichten, Informationen über den Urlaubsort oder Aktientipps im Internet noch meist umsonst. Durch die Einbrüche im Online-Werbegeschäft ist bei vielen Anbietern aber in den letzten Monaten die Wertschöpfung auf der Strecke geblieben. Rein werbefinanzierte Unternehmensmodelle haben sich als langfristig nicht rentabel erwiesen. Deshalb wollen viele Anbieter ihre Kunden jetzt direkt zur Kasse bitten. Noch klingen ihre Meldungen zur Zahlungsbereitschaft der Kunden ein bisschen wie das Pfeifen im Walde einer gebeutelten Branche, die neue Einnahmequellen erschließen muss. Eines ist aber sicher: Umsonst war gestern. Die Zahl der virtuellen Produkte und Dienstleistungen, für die Verbraucher mit ganz realem Geld bezahlen müssen, steigt.
Geschäfte mit Musik Am ehesten rollt der Rubel derzeit wohl bei den Musikdownloads. Bereits im April hielten 47 Prozent der Befragten bei einer Emnid-Studie 4 DM für den Download eines Musikstücks nebst Text, Noten und Künstlerbiografie für akzeptabel. "Die Bereitschaft zu zahlen ist erstaunlich hoch", kommentiert Frank Wagner von E-Mind-emnid das Ergebnis. Aber nicht nur Napster & Co. wollen für ihre Dienste Bares sehen. Sogar die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis denkt im Rahmen der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrages ab 2005 laut über eine Gebühr für öffentlich-rechtliche Online-Angebote nach.
Neben solchen ungelegten Eiern wurde es in den letzten Wochen bei einigen Anbietern auch konkret: Web.de, im Hinblick auf die Reichweite hinter T-Online die Nummer zwei der deutschen Portale, hat schon vor einiger Zeit mit Handy-Logos und Klingeltönen erste kostenpflichtige Angebote eingeführt. Im Mai offerierten die Süddeutschen ein Adventure-Spiel mit kostenloser Grundversion und der Möglichkeit, höhere Versionen für 19,95 DM herunterzuladen. Die Kunden nahmen die Testballons positiv auf, und Web.de installierte ein eigenes Billing-System mit Zahlungsmöglichkeit per Kreditkarte, Lastschrift oder Paybox. Mittlerweile gibt es für monatlich 2,50 Euro eine Wunschrufnummer, um die weitere kostenpflichtige Dienste geschaffen werden sollen. "In Zukunft werden wir mit der so genannten On-Air-Time Geld verdienen. Mittelfristig werden sich solche digitalen Dienste zu einer von drei gleichstarken Säulen unseres Business-Modells entwickeln", meint Firmensprecher Richard Berg. "Kostenpflichtige Angebote funktionieren nur, wenn sie Mehrwert bieten. Gibt es dasselbe Angebot bei einem anderen Anbieter werbefinanziert, bezahlen Kunden nicht. Deshalb werden wir Basisdienste auch künftig umsonst anbieten."
Erotik kostet mehr Der einst kostenlose Datenspeicherdienst My-files.de steht dagegen seit August nur noch gegen eine Nutzungsgebühr zur Verfügung. "Diese Umstellung hat einen eindeutig betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Unsere Kunden haben das überraschend positiv aufgenommen", sagt Reinhardt Altmann, Vorstand der My-files-Muttergesellschaft Netfiles AG. Altmann ist sich sicher, dass der Kostenlos-Kult zu Ende ist und professionelle Dienste auf Dauer nicht über Werbung und Kooperationsgeschäfte refinanziert werden können.
Der Griff in die Erotikkiste galt lange Zeit als werbewirtschaftlicher Selbstläufer - doch auch im Umfeld der Nackedeis haben die Banner an Wirksamkeit verloren. Nun wird das bewährte "Sex sells" neu definiert: Auch im Erotik-Sektor gibt es immer mehr Kostenpflichtiges. Im August wurde das Erotik-Portal FunDorado als Joint Venture von Freenet.de, der Orion Holding International und der Audiofon gestartet. Neben einem kostenlosen Bereich gibt es gegen eine Grundgebühr von 9,95 Euro im Monat auch einen geschlossenen Clubbereich. "Auch kostenlose Angebote fordern eine Gegenleistung von den Konsumenten. Im Erotik Internet Entertainment sind es meist Popups, blinkende Banner und 0190-Dialer, die den Nutzern schnell den Spaß am kostenlosen Content verderben", sagt FunDorado-Geschäftsführer Mirko Drenger. "Der User ist diese Belästigung durch teils extrem aggressive Werbung leid und wird für ein faires Angebot zahlen wollen."
Gruß
Happy End
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