Hochzins-Anleihen - Wenn Engel (ge)fallen (EurAmS)
25.05.2003 10:54:00
Selten gab es so viele Konzerne mit schwacher Kreditwürdigkeit. Sie arbeiten hart an der Rückkehr in die Bonität. Ihre Anleihen bieten risikobewussten Anlegern jetzt gute Renditechanchen.
von Peter Gewalt, Euro am Sonntag 21/03
Für Engel sind es höllische Zeiten. Über hundert an der Zahl fielen allein seit Anfang 2002 vom Firmament herab und mühen sich seither verzweifelt, wieder aufzusteigen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um goldgelockte Wesen, sondern um gestrauchelte Engel aus dem Anleihehimmel - darunter auch so bekannte Namen wie British Airways, ABB, Ericsson, Ahold oder die italienische Fiat.
Einst als hochsolide gepriesen, haben die "Fallen Angels" durch rasant wachsende Schuldenberge oder Bilanzskandale viel Vertrauen bei den Rating-Agenturen und Investoren verspielt. Soll heißen, sowohl Standard & Poor’s (S&P) als auch Moody’s stuften die Kreditwürdigkeit der Firmen von sehr solide auf sehr risikoreich herunter (siehe Kasten). Wie tief die einstigen Bonitäts-Engel stürzten beweisen die wenig schmeichelhaften Bezeichnungen der Fallen-Angels-Anleihen. Sie werden wegen ihres hohen Ausfallrisikos abfällig Junk-Bonds oder auch Schrottanleihen genannt.
Mit rund 70 Abstürzen aus dem Anleihehimmel registrierte S&P im vergangenen Jahr einen neuen Rekord. Für Henning Lenz, den Fondsmanager des WestAM Euro HighYield, ist diese Entwicklung keine Überraschung: "Viele Firmen expandierten in den 90er-Jahren sehr stark durch fremdfinanzierte Übernahmen. Seit sich die Konjunktur abgeschwächt hat, gibt es Umsatz- und Ertragsprobleme, die die Schulden der Firmen ansteigen lassen. Ein Downgrade ist dann unausweichlich."
Gefallen an gefallenen Engeln finden Fondsmanager von Anleihefonds trotz der miesen Bonität der Unternehmen. Denn die betroffenen Anleihen bieten nach ihrer Herabstufung sehr verlockende Renditen von teilweise 20 Prozent im Jahr. Angesichts der schwächelnden Kurse an den Aktienmärkten stießen die Fallen Angels deshalb in den vergangenen Monaten auf reges Interesse. Ergebnis: Die Kurse vieler Junk-Bonds legten wieder kräftig zu. Gut für die Fondsmanager: Ihnen brachte der Anleiheschrott Glanz ins Depot.
Hinzu kommt, dass die Junk-Bonds im Vergleich zu vielen anderen Hochzinsanleihen meist sehr liquide sind. Sie wurden für ein breites Investorenpublikum ausgegeben, als die Firmen noch Investment-Grade-Status besaßen. Für eine gute Perfor mance von Hochzinsanleihen spricht aber auch eine Reihe weiterer Faktoren, erklärt Fondsmanager Lenz. "Selbst ein nur sehr moderates Wirtschaftswachstum, wie es derzeit zu erwarten ist, wirkt sich günstig auf die Anleihekurse aus. Für High Yields ist ein hoher Cash-Flow entscheidend, der für den Schuldenabbau eingesetzt wird."
Dieser könne vor allem durch Einsparungen, durch den Verkauf von Vermögenswerten oder Beteiligungen sowie durch neue Bonds erhöht werden, so Lenz. Auch Narciso Quijano, High-Yield-Experte bei HSBC Trinkaus, sieht noch Kurspotenzial für viele Fallen Angels: "Solange die Aktienmärkte nicht entscheidend drehen, wird die Nachfrage nach Hochverzinslichen dank der hohen Renditen stark bleiben."
So bietet etwa die Anleihe des niederländischen Einzelhandelskonzerns Ahold, der wegen der Bilanzskandale bei seiner US-Tochter heruntergestuft wurde, trotz Kurssprüngen immer noch zehn Prozent Rendite - pro Jahr versteht sich. Das sind rund 800 Basispunkte mehr als bei einer vergleichbaren Bundesanleihe. Und sollte es Ahold, wie von vielen Experten erwartet, gelingen, Teile seiner Einkaufsketten zu verkaufen und neue Kredite von den Banken zu bekommen, dürften die Kurse weiter steigen.
Verlockende Aussichten auch für Privatanleger, wenn es da nicht einen Haken gäbe: Wer auf einzelne gefallene Engel setzt, der muss auch einen Totalausfall einkalkulieren. So liegt die Ausfall-Wahrscheinlichkeit von Ahold-Bonds mit längerer Laufzeit, die bei S&P mit B+ eingestuft sind, bis 2007 immerhin bei rund 28 Prozent (siehe Tabelle links). Anleger sollten daher nur wenig Geld in Einzeltitel investieren oder auf High-Yield-Fonds setzen. Diese verteilen das Risiko auf mehrere Schultern, sprich auf mehrere Anleihen.
Dass Anleiheschrott viel Geld bringen kann, zeigt der Kursverlauf der Junk-Bonds des US-Konzerns Xerox. Notierten die Anleihekurse nach der Herabstufung des Kopierer-Herstellers im Jahr 2001 bei 70 Prozent, legten sie bis heute, nach dem Turnaround des Konzerns, auf 110 Prozent zu. Auch die Kurse der Vivendi-Universal-Bonds sind in den vergangenen Monaten stark nach oben geschossen. Dem Medienkonzern ist es gelungen, im vergangenen Jahr Unternehmensteile im Wert von über sieben Milliarden Euro abzustoßen. Nun warten die Franzosen darauf, ihr Musik- und Filmgeschäft in den USA zu versilbern. "Sollte dies gelingen, dann dürften die Kurse der Vivendi-Anleihen noch einmal zulegen", erklärt Barry Whitman, Fondsmanager des Threadneedle European High Yield Bond Fund. Zudem dürfte Vivendi dann einer Rückkehr in das Oberhaus der Kreditwürdigkeit wenig im Wege stehen, glaubt Whitman. Dabei gilt es als bemerkenswerte Leistung, wenn ein Fallen Angel wieder Investmentgrade-Status schafft. Laut S&P gelang dieses Bonitäts-Comeback in den vergangenen 16 Jahren nur einem Viertel aller gefallenen Engel. Der Rest, immerhin 75 Prozent, blieb nach dem tiefen Fall weiterhin im Junk-Bond-Land.
Die Fondsmanager leuchten die Hintergründe jedes einzelnen Fallen Angel daher genau aus, um das Ausfallrisiko abzuschätzen. "Die Auswahl der Unternehmen kann angesichts des hohen Risikos nur von Fall zu Fall entschieden werden", sagt Whitman. Er legt bei seiner Investmentsuche Wert auf ein gutes Management, das den Verkauf von Aktiva für den Schuldenabbau schnell vorantreibt. Neben Vivendi gehört auch der schweizerisch-schwedische Mischkonzern ABB zu Whitmans Favoriten.
Henning Lenz von der WestAM sieht bei ABB-Anleihen ebenfalls noch Kurspotenzial, sollte das derzeit drängendste Problem des Konzerns wie erwartet in Kürze gelöst sein. Schon länger steht der Konzern in den USA wegen Klagen von Asbestopfern unter Druck. Nun wird laut ABB in den kommenden Wochen ein gerichtlicher Vergleich geschlossen. "Wenn dies tatsächlich gelingt, steht weiteren Firmenverkäufen durch ABB nichts mehr im Weg", erklärt Lenz.
Doch nicht alle Fallen Angels werden in Zukunft wieder abheben können. Weniger optimistisch ist Lenz etwa für die Anleihen des Reifenherstellers Goodyear. "Der Konzern hat in einem schrumpfenden US-Markt auch noch mit sinkenden Marktanteilen zu kämpfen." Für HSBC-Trinkaus-Experte Quijano zählen die Telekom-Ausrüster Alcatel und Ericsson zu den wenig aussichtsreichen Fällen. "Beide Firmen haben nur wenige Vermögenswerte, die sie verkaufen können." Auch auf den britischen Stahlriesen Corus sieht Quijano auf Grund der starken Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt harte Zeiten zukommen.
Doch um Nachschub von oben müssen sich Anleger und Fondsmanager nicht sorgen: Zwar rechnet S&P weltweit in diesem Jahr erstmals seit 1996 mit weniger gefallenen Engeln als noch im Vorjahr. Dennoch gibt es heute schon eine ganze Reihe von Absturzkandidaten, wie etwa den kanadischen Flugzeug- und Wagonhersteller Bombardier oder den deutschen Baukonzern Heidelberg Cement. Aufpassen müssen aber speziell Engel in den Branchen Technologie, Versicherung, Medien und Einzelhandel. Ihnen prophezeit S&P ein weiteres höllisches Jahr.
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Über Ratings und Kurse
Rating: Rating-Agenturen wie Standard&Poor’s oder Moody’s benoten die Kreditwürdigkeit (Bonität) eines Emittenten. Im Mittelpunkt der Beurteilung steht die Frage nach der fristgerechten und vollständigen Zahlung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus einer Anleihe. Dabei drückt das Rating die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ausfalls aus (siehe Tabelle). Der Bereich der Bestnoten AAA bis BBB wird als Investment-Grade bezeichnet. Die Qualität ist hoch. In der Kategorie "Speculative Grade" sind die Anleihen geringerer Qualität, die auch als Junk Bonds oder Ramschanleihen bezeichnet werden. Anleihen mit niedriger Qualität bieten den Anlegern Chancen auf hohe Renditen. Das Rating ist aber keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung.
Kurs und Rendite: Für die Rendite einer Anleihe ist nicht nur die Höhe des Kupons, der Zins, entscheidend. Dieser bezieht sich immer auf den Nominalbetrag von 100 Prozent. Kauft ein Anleger eine Anleihe unter Nominalbetrag, erzielt er am Laufzeitende zusätzlich einen Kursgewinn, da die Anleihe im Normalfall zu 100 Prozent zurückgezahlt wird - die Gesamtrendite der Anleihe steigt. Wird der Bond dagegen über 100 Prozent gekauft, ist die Rendite geringer als der Kupon.
Vivendi
Vivendi Universal gilt als Prototyp eines Fallen Angel, da sich die Firma für ihre Expansion extrem verschuldet hat. Heute drücken die Franzosen trotz diverser Firmenverkäufe noch immer Verbindlichkeiten in Höhe von 19 Milliarden Euro. Derzeit laufen Verkaufsgespräche für die US-Entertainment-Sparte. Bond ist schon gut gelaufen. Halten.
LZ: 04/10 Kupon: 9,5% Kurs: 113% Rendite: 7,1% ISIN: XS0165785683
Fiat
Der hoch verschuldete italienische Autokonzern Fiat kämpft derzeit ums Überleben. Die Geschäfte laufen auf Grund einer verfehlten Modellpolitik und vieler Qualitätsmängel schlecht. Zuletzt schockte Fiat mit einem Quartalsverlust in Höhe von 342 Millionen Euro - 50 Millionen Euro mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Moody’s veränderte den Ausblick auf Negativ. Zurzeit spricht wenig für die Turiner. Verkaufen.
LZ: 05/06 Kupon: 5,75% Kurs: 99,5% Rendite: 5,9% ISIN: XS0129648209
Ericsson
Einen harten Sparkurs fährt der schwedische Telekom-Ausrüster Ericsson. Allein in diesem Jahr sollen 7000 Angestellte gehen. Mit einem schnellen Turnaround ist bei den Schweden aber nicht zur rechnen. Nun ermitteln auch noch die Behörden in der Schweiz gegen Ericsson wegen Betrug und Bestechung. Finger weg.
LZ: 05/06 Kupon: 6,875% Kurs: 98,8% Rendite: 8,4% ISIN: XS0130182784
Ahold
Der niederländische Handelskonzern Ahold kam im Februar 2003 ins Trudeln, als Bilanzmanipulationen bei einer US-Tochter auftraten. Zudem ist die Verschuldung des Unternehmens durch viele Übernahmen auf 13 Milliarden Euro gestiegen. Ahold muss nun einen Teil der Supermarktketten verkaufen. Bonds für spekulative Anleger interessant.
LZ: 06/05 Kupon: 6,375% Kurs: 93,5% Rendite: 10,0% ISIN: XS0112351662
ABB
Acht Milliarden Euro Schulden sowie Asbestklagen in den USA setzen dem schweizerisch-schwedischen Mischkonzern zu. In den kommenden Wochen soll es aber eine gerichtliche Einigung in der Asbestfrage geben. Im Anschluss plant ABB, die Sparten Öl, Chemie, Gas und Gebäudetechnik zu verkaufen. Die Experten der Commerzbank empfehlen, ABB-Anleihen mit langer Laufzeit zu kaufen.
LZ: 01/08 Kupon: 11% Kurs: 90,0% Rendite: 14,0% ISIN: XS0148556532
25.05.2003 10:54:00
Selten gab es so viele Konzerne mit schwacher Kreditwürdigkeit. Sie arbeiten hart an der Rückkehr in die Bonität. Ihre Anleihen bieten risikobewussten Anlegern jetzt gute Renditechanchen.
von Peter Gewalt, Euro am Sonntag 21/03
Für Engel sind es höllische Zeiten. Über hundert an der Zahl fielen allein seit Anfang 2002 vom Firmament herab und mühen sich seither verzweifelt, wieder aufzusteigen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um goldgelockte Wesen, sondern um gestrauchelte Engel aus dem Anleihehimmel - darunter auch so bekannte Namen wie British Airways, ABB, Ericsson, Ahold oder die italienische Fiat.
Einst als hochsolide gepriesen, haben die "Fallen Angels" durch rasant wachsende Schuldenberge oder Bilanzskandale viel Vertrauen bei den Rating-Agenturen und Investoren verspielt. Soll heißen, sowohl Standard & Poor’s (S&P) als auch Moody’s stuften die Kreditwürdigkeit der Firmen von sehr solide auf sehr risikoreich herunter (siehe Kasten). Wie tief die einstigen Bonitäts-Engel stürzten beweisen die wenig schmeichelhaften Bezeichnungen der Fallen-Angels-Anleihen. Sie werden wegen ihres hohen Ausfallrisikos abfällig Junk-Bonds oder auch Schrottanleihen genannt.
Mit rund 70 Abstürzen aus dem Anleihehimmel registrierte S&P im vergangenen Jahr einen neuen Rekord. Für Henning Lenz, den Fondsmanager des WestAM Euro HighYield, ist diese Entwicklung keine Überraschung: "Viele Firmen expandierten in den 90er-Jahren sehr stark durch fremdfinanzierte Übernahmen. Seit sich die Konjunktur abgeschwächt hat, gibt es Umsatz- und Ertragsprobleme, die die Schulden der Firmen ansteigen lassen. Ein Downgrade ist dann unausweichlich."
Gefallen an gefallenen Engeln finden Fondsmanager von Anleihefonds trotz der miesen Bonität der Unternehmen. Denn die betroffenen Anleihen bieten nach ihrer Herabstufung sehr verlockende Renditen von teilweise 20 Prozent im Jahr. Angesichts der schwächelnden Kurse an den Aktienmärkten stießen die Fallen Angels deshalb in den vergangenen Monaten auf reges Interesse. Ergebnis: Die Kurse vieler Junk-Bonds legten wieder kräftig zu. Gut für die Fondsmanager: Ihnen brachte der Anleiheschrott Glanz ins Depot.
Hinzu kommt, dass die Junk-Bonds im Vergleich zu vielen anderen Hochzinsanleihen meist sehr liquide sind. Sie wurden für ein breites Investorenpublikum ausgegeben, als die Firmen noch Investment-Grade-Status besaßen. Für eine gute Perfor mance von Hochzinsanleihen spricht aber auch eine Reihe weiterer Faktoren, erklärt Fondsmanager Lenz. "Selbst ein nur sehr moderates Wirtschaftswachstum, wie es derzeit zu erwarten ist, wirkt sich günstig auf die Anleihekurse aus. Für High Yields ist ein hoher Cash-Flow entscheidend, der für den Schuldenabbau eingesetzt wird."
Dieser könne vor allem durch Einsparungen, durch den Verkauf von Vermögenswerten oder Beteiligungen sowie durch neue Bonds erhöht werden, so Lenz. Auch Narciso Quijano, High-Yield-Experte bei HSBC Trinkaus, sieht noch Kurspotenzial für viele Fallen Angels: "Solange die Aktienmärkte nicht entscheidend drehen, wird die Nachfrage nach Hochverzinslichen dank der hohen Renditen stark bleiben."
So bietet etwa die Anleihe des niederländischen Einzelhandelskonzerns Ahold, der wegen der Bilanzskandale bei seiner US-Tochter heruntergestuft wurde, trotz Kurssprüngen immer noch zehn Prozent Rendite - pro Jahr versteht sich. Das sind rund 800 Basispunkte mehr als bei einer vergleichbaren Bundesanleihe. Und sollte es Ahold, wie von vielen Experten erwartet, gelingen, Teile seiner Einkaufsketten zu verkaufen und neue Kredite von den Banken zu bekommen, dürften die Kurse weiter steigen.
Verlockende Aussichten auch für Privatanleger, wenn es da nicht einen Haken gäbe: Wer auf einzelne gefallene Engel setzt, der muss auch einen Totalausfall einkalkulieren. So liegt die Ausfall-Wahrscheinlichkeit von Ahold-Bonds mit längerer Laufzeit, die bei S&P mit B+ eingestuft sind, bis 2007 immerhin bei rund 28 Prozent (siehe Tabelle links). Anleger sollten daher nur wenig Geld in Einzeltitel investieren oder auf High-Yield-Fonds setzen. Diese verteilen das Risiko auf mehrere Schultern, sprich auf mehrere Anleihen.
Dass Anleiheschrott viel Geld bringen kann, zeigt der Kursverlauf der Junk-Bonds des US-Konzerns Xerox. Notierten die Anleihekurse nach der Herabstufung des Kopierer-Herstellers im Jahr 2001 bei 70 Prozent, legten sie bis heute, nach dem Turnaround des Konzerns, auf 110 Prozent zu. Auch die Kurse der Vivendi-Universal-Bonds sind in den vergangenen Monaten stark nach oben geschossen. Dem Medienkonzern ist es gelungen, im vergangenen Jahr Unternehmensteile im Wert von über sieben Milliarden Euro abzustoßen. Nun warten die Franzosen darauf, ihr Musik- und Filmgeschäft in den USA zu versilbern. "Sollte dies gelingen, dann dürften die Kurse der Vivendi-Anleihen noch einmal zulegen", erklärt Barry Whitman, Fondsmanager des Threadneedle European High Yield Bond Fund. Zudem dürfte Vivendi dann einer Rückkehr in das Oberhaus der Kreditwürdigkeit wenig im Wege stehen, glaubt Whitman. Dabei gilt es als bemerkenswerte Leistung, wenn ein Fallen Angel wieder Investmentgrade-Status schafft. Laut S&P gelang dieses Bonitäts-Comeback in den vergangenen 16 Jahren nur einem Viertel aller gefallenen Engel. Der Rest, immerhin 75 Prozent, blieb nach dem tiefen Fall weiterhin im Junk-Bond-Land.
Die Fondsmanager leuchten die Hintergründe jedes einzelnen Fallen Angel daher genau aus, um das Ausfallrisiko abzuschätzen. "Die Auswahl der Unternehmen kann angesichts des hohen Risikos nur von Fall zu Fall entschieden werden", sagt Whitman. Er legt bei seiner Investmentsuche Wert auf ein gutes Management, das den Verkauf von Aktiva für den Schuldenabbau schnell vorantreibt. Neben Vivendi gehört auch der schweizerisch-schwedische Mischkonzern ABB zu Whitmans Favoriten.
Henning Lenz von der WestAM sieht bei ABB-Anleihen ebenfalls noch Kurspotenzial, sollte das derzeit drängendste Problem des Konzerns wie erwartet in Kürze gelöst sein. Schon länger steht der Konzern in den USA wegen Klagen von Asbestopfern unter Druck. Nun wird laut ABB in den kommenden Wochen ein gerichtlicher Vergleich geschlossen. "Wenn dies tatsächlich gelingt, steht weiteren Firmenverkäufen durch ABB nichts mehr im Weg", erklärt Lenz.
Doch nicht alle Fallen Angels werden in Zukunft wieder abheben können. Weniger optimistisch ist Lenz etwa für die Anleihen des Reifenherstellers Goodyear. "Der Konzern hat in einem schrumpfenden US-Markt auch noch mit sinkenden Marktanteilen zu kämpfen." Für HSBC-Trinkaus-Experte Quijano zählen die Telekom-Ausrüster Alcatel und Ericsson zu den wenig aussichtsreichen Fällen. "Beide Firmen haben nur wenige Vermögenswerte, die sie verkaufen können." Auch auf den britischen Stahlriesen Corus sieht Quijano auf Grund der starken Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt harte Zeiten zukommen.
Doch um Nachschub von oben müssen sich Anleger und Fondsmanager nicht sorgen: Zwar rechnet S&P weltweit in diesem Jahr erstmals seit 1996 mit weniger gefallenen Engeln als noch im Vorjahr. Dennoch gibt es heute schon eine ganze Reihe von Absturzkandidaten, wie etwa den kanadischen Flugzeug- und Wagonhersteller Bombardier oder den deutschen Baukonzern Heidelberg Cement. Aufpassen müssen aber speziell Engel in den Branchen Technologie, Versicherung, Medien und Einzelhandel. Ihnen prophezeit S&P ein weiteres höllisches Jahr.
----
Über Ratings und Kurse
Rating: Rating-Agenturen wie Standard&Poor’s oder Moody’s benoten die Kreditwürdigkeit (Bonität) eines Emittenten. Im Mittelpunkt der Beurteilung steht die Frage nach der fristgerechten und vollständigen Zahlung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus einer Anleihe. Dabei drückt das Rating die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ausfalls aus (siehe Tabelle). Der Bereich der Bestnoten AAA bis BBB wird als Investment-Grade bezeichnet. Die Qualität ist hoch. In der Kategorie "Speculative Grade" sind die Anleihen geringerer Qualität, die auch als Junk Bonds oder Ramschanleihen bezeichnet werden. Anleihen mit niedriger Qualität bieten den Anlegern Chancen auf hohe Renditen. Das Rating ist aber keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung.
Kurs und Rendite: Für die Rendite einer Anleihe ist nicht nur die Höhe des Kupons, der Zins, entscheidend. Dieser bezieht sich immer auf den Nominalbetrag von 100 Prozent. Kauft ein Anleger eine Anleihe unter Nominalbetrag, erzielt er am Laufzeitende zusätzlich einen Kursgewinn, da die Anleihe im Normalfall zu 100 Prozent zurückgezahlt wird - die Gesamtrendite der Anleihe steigt. Wird der Bond dagegen über 100 Prozent gekauft, ist die Rendite geringer als der Kupon.
Vivendi
Vivendi Universal gilt als Prototyp eines Fallen Angel, da sich die Firma für ihre Expansion extrem verschuldet hat. Heute drücken die Franzosen trotz diverser Firmenverkäufe noch immer Verbindlichkeiten in Höhe von 19 Milliarden Euro. Derzeit laufen Verkaufsgespräche für die US-Entertainment-Sparte. Bond ist schon gut gelaufen. Halten.
LZ: 04/10 Kupon: 9,5% Kurs: 113% Rendite: 7,1% ISIN: XS0165785683
Fiat
Der hoch verschuldete italienische Autokonzern Fiat kämpft derzeit ums Überleben. Die Geschäfte laufen auf Grund einer verfehlten Modellpolitik und vieler Qualitätsmängel schlecht. Zuletzt schockte Fiat mit einem Quartalsverlust in Höhe von 342 Millionen Euro - 50 Millionen Euro mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Moody’s veränderte den Ausblick auf Negativ. Zurzeit spricht wenig für die Turiner. Verkaufen.
LZ: 05/06 Kupon: 5,75% Kurs: 99,5% Rendite: 5,9% ISIN: XS0129648209
Ericsson
Einen harten Sparkurs fährt der schwedische Telekom-Ausrüster Ericsson. Allein in diesem Jahr sollen 7000 Angestellte gehen. Mit einem schnellen Turnaround ist bei den Schweden aber nicht zur rechnen. Nun ermitteln auch noch die Behörden in der Schweiz gegen Ericsson wegen Betrug und Bestechung. Finger weg.
LZ: 05/06 Kupon: 6,875% Kurs: 98,8% Rendite: 8,4% ISIN: XS0130182784
Ahold
Der niederländische Handelskonzern Ahold kam im Februar 2003 ins Trudeln, als Bilanzmanipulationen bei einer US-Tochter auftraten. Zudem ist die Verschuldung des Unternehmens durch viele Übernahmen auf 13 Milliarden Euro gestiegen. Ahold muss nun einen Teil der Supermarktketten verkaufen. Bonds für spekulative Anleger interessant.
LZ: 06/05 Kupon: 6,375% Kurs: 93,5% Rendite: 10,0% ISIN: XS0112351662
ABB
Acht Milliarden Euro Schulden sowie Asbestklagen in den USA setzen dem schweizerisch-schwedischen Mischkonzern zu. In den kommenden Wochen soll es aber eine gerichtliche Einigung in der Asbestfrage geben. Im Anschluss plant ABB, die Sparten Öl, Chemie, Gas und Gebäudetechnik zu verkaufen. Die Experten der Commerzbank empfehlen, ABB-Anleihen mit langer Laufzeit zu kaufen.
LZ: 01/08 Kupon: 11% Kurs: 90,0% Rendite: 14,0% ISIN: XS0148556532