Die führenden deutschen Hersteller von Solarstromtechnologie haben gute Chancen, die aktuelle Wirtschaftskrise ohne große Probleme zu überstehen. “Die Branche kommt mit einem blauen Auge davon”, schätzt Claudia Kemfert, Leiterin der Energieabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Zwar dürften einige Firmen, die ihre Kosten nicht ausreichend senken könnten, Schwierigkeiten bekommen und vom Markt verschwinden. Insgesamt erwartet sie “für die heimische Branche aber keine schädliche Konsolidierung”. Zu den Gewinnern werden die großen, internationalen Marktführer zählen. Sie seien stark genug, den internationalen Preiskampf zu meistern.
Der aktuelle Preisverfall für Solarstromanlagen und der damit verbundene Druck auf die Produktionskosten seien sogar “gut für die Branche”. Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der konventionellen Stromerzeugung komme schneller voran und sorge für zusätzliche Nachfrage.
Bei der Finanzierung von Solaranlagen für Hausbesitzer sieht sie “keine Kreditklemme” und verweist auf zahlreiche Gespräche des DIW mit Banken. Solar-Kredite gelten dank der staatlich garantierten Förderung der Solarstromerzeugung als besonders risikoarm.
Auch Frank Asbeck, Vorstandschef des Bonner Konzerns Solarworld, äußerte sich im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau optimistisch zum weiteren Jahresverlauf. “Wir erwarten in Deutschland einen Zuwachs der installierten Solarstromleistung von mindestens 20 Prozent”, sagte Asbeck, zugleich Vorstand des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).
Die gesunkenen Preise sorgten in Deutschland aktuell für eine spürbare Nachfragebelebung, nachdem sich die Sonnenstromkunden in den ersten Monaten des Jahres noch zurückgehalten hatten. Offenbar nähmen Verbraucher den Kauf eines eigenen Solarkraftwerks in Zeiten der Finanzkrise auch als sichere Kapitalanlage wahr.
Der Marktzuwachs könnte sogar so kräftig ausfallen, dass die Vergütung für neu installierte Anlagen 2010 stärker als um die vorgesehenen acht Prozent gesenkt werde. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht eine verschärfte Tarifanpassung im Falle besonders hohen Wachstums ausdrücklich vor.
“Das ist auch gut so”, sagt Asbeck, der eine möglichst rasche Preisparität von Solarstrom und Normalstrom anstrebt, da sich von da an Solaranlagen auch ohne staatliche Förderung rechnen. Ab 2012 könnte es so weit sein.
Die Preise für “Qualitätsmodule aus Silizium” liegen nach Auskunft des Solarworld-Chefs aktuell rund zwölf Prozent unter dem Vorjahresniveau. Asiatische Billighersteller würden ihre Produkte zwar um fünf bis zehn Prozent günstiger offerieren, böten aber weniger Qualität und keinen Service.
Manche chinesische No-Name-Produzenten sind schon wieder vom Markt verschwunden, weil sie “im Zuge der Finanzkrise ihre Fabriken massenhaft schließen mussten”, sagt Silvia Christel, Solaranalystin beim US-Marktforschungsunternehmen Greentech Media. “Die größten aber weiten ihre Produktion aus und werden den Preiskampf fortsetzen.”
Für 2009 und 2010 prognostiziert sie einen Preisrutsch von jeweils 20 Prozent über alle Qualitäten. Darin finden sich auch sogenannte Dünnschichtmodule, die billiger in der Herstellung, unter Umweltaspekten aber umstritten sind, weil manche das Schwermetall Cadmium enthalten.
“Wenn das Recycling dieser Module nicht vollständig gewährleistet ist, werden sie zum Problem”, sagt Knut Sander, Umweltexperte beim Institut für Ökologie und Politik in Hamburg. “Damit holen wir uns ein Akzeptanzproblem ins Haus”, moniert auch Asbeck.
Profitieren dürften trotz des Preis- und Imagekampfs alle internationalen Hersteller von den staatlichen Programmen, die teils erst in den vergangenen Monaten neu aufgelegt wurden. Das gilt zum Beispiel für China, Japan und die USA. Diese können die einbrechende Nachfrage in anderen Staaten wie Spanien, deren üppiges Förderprogramm letztes Jahr auslief, mehr als kompensieren.
Allerdings scheinen nicht mehr alle etablierten Hersteller auf Expansion zu setzen. BP Solar, einst einer der größten Solarzellenhersteller der Welt, hat die Schließung der letzten beiden europäischen Werke in Madrid eingeleitet und scheint sich damit ebenso aus der Technologie zurückzuziehen wie vor drei Jahren bereits Konkurrent Shell.
Quelle: FR-Online
"Ein Analyst ist ein Experte, der morgen wissen wird, wieso die Dinge, die er gestern prognostiziert hat, heute nicht eintreffen."