Mit Öl, Silber, Kupfer und Co. ließ sich zuletzt gutes Geld verdienen. Inzwischen zieht auch der Goldpreis wieder an
Flink dem Gegenüber ein kleines Zuckertütchen zugesteckt, so weist Jim Rogers auf einen der bedeutendsten Wachstumsmärkte hin. Der erfahrene Anlageexperte wird seit Jahr und Tag nicht müde, auf das enorme Potenzial der Rohstoffe hinzuweisen. Und er behält damit seit Jahr und Tag recht.
Beispiel Gold: Einmal mehr erreicht das Edelmetall Anfang Oktober einen Höchststand mit 475 US-Dollar. Damit notiert die Feinunze erneut auf einem 16-Jahres-Hoch, nachdem ihr Preis zwischenzeitlich wieder ein wenig gefallen war. Beispiel Öl: 60 Dollar kostet inzwischen der Barrell Rohöl.
Die hohen Preise schlagen sich auch in den Rohstoffaktien nieder. Ein Plus von gut 100 Prozent erwirtschaftete der Rohstoffindex Dow Jones Stoxx 600 Basic Resources binnen dreier Jahre. Der MSCI Welt, der Index für Standardaktien weltweit also, schaffte dagegen nur knapp 24 Prozent. Und auch auf ein halbes Jahr berechnet enteilt die durchschnittliche Rohstoffaktie der Standardaktie.
In den Augen der meisten Anlageprofis ist das nur eine der Stärken von Rohstoffen. Sie sorgen nämlich auch für eine bessere Diversifikation im Portfolio. "Gold hat eine relativ geringe Korrelation mit anderen Assetklassen wie etwa Anleihen oder Aktien" erklärt Richard Davis, Fondsmanager und Direktor für Rohstoffe bei Merrill Lynch.
Das gilt aber auch für andere Rohstoffe. Hintergrund: Sie haben eine spezifische Faktorsensitivität, das heißt, sie reagieren auf Faktoren wie Inflation anders als zum Beispiel Aktien. Und dementsprechend unabhängig entwickeln sie sich von anderen Anlageklassen.
Zu Anfang war die Rohstoffgeschichte eine Goldgeschichte. Wie beim Merrill Lynch Fonds World Mining Fund, der zu 8 Prozent aus Goldaktien besteht. Das ist weit mehr, als sich nur auf den Goldpreis zu konzentrieren, erklärt Davis. Zum einen hat das Management die Möglichkeit, auf Unternehmen zu setzen, die Goldminen suchen, zum anderen kann es jene kaufen, die die Minen ausbeuten. Das kann im demokratischen Australien geschehen, aber auch in unruhigen Ländern wie Angola.
Kein Wunder also, wenn politische Aspekte für solche Fonds wichtig sind. "Darum bauen wir ein gut diversifiziertes Portfolio auf, damit uns negative politische Entscheidungen nicht negativ erwischen." Diversifikation bedeutet für die meisten Fondsmanager, auch abseits der ausgetretenen Wege nach spannenden Rohstoffgeschichten zu suchen. Das Team um Wolfgang Mayr zum Beispiel verwaltet den VCH Expert Natural Ressources. Und ist nicht nur bei Aktien von Goldunternehmen, sondern auch unter den anderen Edelmetallen, Öl und Rohstoffen aus den Bereichen Wasser- und Forstwirtschaft fündig geworden. "Besser eine breite Streuung", kommentiert das Fondsmanagement diese Entscheidung.
So ganz einfach ist die Hinwendung zu anderen Rohstoffen allerdings nicht immer. Zwar sind die wirtschaftlichen Eckdaten jener Materialien, die noch nicht im Fokus des Anlegerinteresses stehen, gut. Silber notiert auf einem Mehrjahreshoch, Coltan wird dringend zur Mobiltelefonherstellung benötigt.
Von den Soft Commodities, den weichen Rohstoffen also, ganz zu schweigen. Zucker zum Beispiel wird in vielen Ländern als Treibstoffersatz genutzt. Brasilien verbrennt bereits heute schon die Hälfte der heimischen Zuckerproduktion in PKW-Motoren - als Bioethanol, einem Alkohol, der von den Brasilianern Àlcool genannt wird.
Aber auch die herkömmliche Nutzung von Zucker verspricht weiteres Aufschwungpotential. Denn der Süßstoff, so die Analystenmeinung, wird immer dann gefragt, wenn der allgemeine Wohlstand steigt. Genau das ist in Indien und China der Fall. Dort entwickelt sich langsam eine konsumfreudige Mittelschicht. Diese Entwicklungen beobachtet auch das Team um den Vermögensverwalter Jens Ehrhardt sehr genau. "Allerdings ist es oft schwierig, solche Aktien zu bekommen", erklärt Eberhard Weinberger von der Vermögensverwaltung Dr. Jens Ehrhardt Kapital. "Zum einen, weil diese Unternehmen vielfach nicht börsenotiert sind, zum anderen, weil sie oftmals wenig liquide sind." Und das kann den Einstieg großer Fonds vereiteln, da diese bei jeder Transaktion die Kurse solcher Aktien empfindlich beeinflussen würden.
Und in den letzten Jahren ist viel Geld in die Rohstofffonds geflossen. Fonds wie etwa der M&G Global Basics zum Beispiel bündeln inzwischen Anlegergelder im Wert von über einer Milliarde Euro. Und so bleiben die Soft Commodities in aller Regel den Zertifikaten vorbehalten, die einen dementsprechenden Index mit Futures nachbauen, ohne Aktien kaufen zu müssen. "Doch mittelfristig sind diese Soft Commodities auf jeden Fall ein Thema", so noch einmal Weinberger.
Diversifikation beinhaltet aber nicht notwendigerweise die Einbeziehung der weichen Rohstoffe. Sie funktioniert auch entlang der Wertschöpfungskette. In Ehrhardts DJE Gold & Ressources finden sich zum Beispiel Aktien von Hochtief. Der Baukonzern "ist Mutter der australischen Leighton, dem Weltmarktführer im Contract Mining."
Die Streuung puffert gegen unliebsame Überraschungen an der Börse ab. Die Kehrseite der Streuung über verschiedene Themen demonstriert beispielsweise der Activest Aktien Rohstoffe. Peter Königbauer verwaltet den Fonds nahe am CRX-Index, der breit über verschiedene Rohstoffarten streut. Über fünf Jahre gehörte er damit zu den besten Rohstofffonds. Doch seit einem halben Jahr zieht ihm die Konkurrenz auf und davon. "Andere setzen den Fokus zum Beispiel auf Energie". Und konnten damit vom starken Anstieg des Ölpreises überproportional profitieren.
Eine weitere Ursache für Unterschiede in der Wertentwicklung liegt in der Währung. Die meisten Rohstoffaktien stammen aus Ländern fernab der Europäischen Union und werden dementsprechend in fremden Währungen gehandelt. Sei es also der US-Dollar, der australische Dollar oder auch der südafrikanische Rand; alle diese Fremdwährungen bringen ein Währungsrisiko in die jeweiligen Portfolios hinein.
Das Risiko kann sich auch einmal bezahlt machen und sich in zusätzlicher Wertentwicklung niederschlagen. Steigt der Dollar im Vergleich zum Euro, legt auch der dort anlegende Fonds zu, ohne dass der Wert der Aktien dort notwendigerweise hat ansteigen müssen. Es sei denn, der Fondsmanager sichert dieses Risiko ab. Zur Unzeit gesetzt, kostet der Währungshedge dann Performance. Wie im Falle des Activest-Fonds, der zu gut 50 Prozent währungsgehedgt ist.
Über die Zukunft dieses Marktsegments sind sich die Experten dennoch einig. Weiter aufwärts soll es gehen. Das beginnt beim Gold, "das erst seit vier bis fünf Jahren in einer Rally ist", erklärt Davis von Merrill Lynch. "Das ist ein kurzer Zeitraum, vergleicht man es mit den bisherigen Bullen- und Bärenmärkten des Goldes."
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Derzeit ist das Angebot vieler Rohstoffe auf absehbar Zeit limitiert. Denn die Investitionen in Minen, Förderanlagen und Fabriken waren in der Vergangenheit schwach. Auf der anderen Seite steht die steigende Nachfrage. Sie kommt aus China und anderen asiatischen Ländern, erklärt das Management des VCH-Fonds, "aber auch aus arabischen Ländern mit hohem Bevölkerungswachstum". Jim Rogers, der Rohstoff-Guru, scheint tatsächlich Recht zu behalten.
Artikel erschienen am Di, 18. Oktober 2005