Was passiert mit dem Strompreis?
Sechs deutsche Atomkraftwerke sollen vorläufig abgeschaltet werden, zwei weitere nicht wieder ans Netz gehen - da stellt sich die Frage nach dem Strompreis. RWE-Chef Jürgen Großmann warnte in einem "Zeit"-Interview ausdrücklich vor hohen Kosten, sollte sich Deutschland aus der Atomenergie zurückziehen.
Die Gesellschaft müsse anerkennen, "dass man in einem Industrieland nicht einfach so auf Kohle und Kernenergie verzichten kann, wenn man Wohlstand und Versorgungssicherheit erhalten will". Es sei zwar "richtig, auf Erneuerbare zu setzen und sie auszubauen, aber man muss wissen, welchen Preis man dafür bezahlen will". Billige Energie und gleichzeitiger Komplettumbau der Stromversorgung seien eine Illusion, sagte er.
Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle wollte nicht ausschließen, dass die Strompreise steigen könnten.
Kompensation durch Kohlekraft kostet
Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet mit steigenden Strompreisen. Zwar könnten kurzfristig bis zu vier oder fünf Kernreaktoren vom Netz genommen werden, dies entspreche dem Überschuss an Strom in Deutschland, sagte DIW-Expertin Claudia Kemfert. "Dies ändert sich jedoch im kommenden Jahrzehnt, da viele alte Kohlekraftwerke vom Netz gehen."
Die Abschaltung der Reaktoren müsste nach Einschätzung von Kemfert durch mehr Kohlekraftwerke kompensiert werden. Somit würden die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) steigen und somit auch die Preise für den Ausstoß des klimaschädlichen Gases: "Das würde die Strompreise tendenziell steigen lassen." Für die Betreiber der Atomkraftwerke würden Zusatzgewinne wegfallen, die durch den Weiterbetrieb der Reaktoren entstehen - und längst eingepreist sind.
Knappes Gut?
Höhere Preise sieht auch das Verbraucherportal Verivox kommen: Der durch das Moratorium der Bundesregierung wegfallende Atomstrom sorge für eine Verknappung, die nicht gänzlich durch Ökostrom ersetzt werden könne. Die Verknappung wiederum ließe die Preise an der Strombörse steigen, erklärte Verivox. Mittelfristig würden dann auch die Verbraucherpreise zulegen.
Der Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Holger Krawinkel, betonte, dass sich der Strompreis an der Börse immer nach den teuersten Kraftwerken richtet: Fehlt Atomkraft, kann es sein, dass teure Gaskraftwerke in Spitzenzeiten Strom zuschießen müssen, dann steigt der Preis. Die Regierung müsse hier notfalls regulatorisch einschreiten, um zu hohe Strompreise zu unterbinden, sagte Krawinkel.