Financial Times Deutschland (von Björn Maatz und Jenny Genger (Hamburg)
Dienstag 3. Juni 2008, 13:00 Uhr
Solaraktien befinden sich im Aufwärtstrend: Nachdem Bosch den Zukauf bekanntgab, eilten Ersol (Xetra:
662753 - Nachrichten) -Aktien davon - sie legten mehr als 60 Prozent zu. Auch die Anteilsscheine der Konkurrenz verteuerte sich um bis zu zehn Prozent.
Bereits am Freitag lagen die sonnenverwöhnten Werte im Plus: Vorausgegangen war die Entscheidung der Großen Koalition, die Solarförderung ab 2009 nur leicht zurückzufahren. Die Solarfirmen hatten drastischere Einschnitte befürchtet. In der Union gab es Überlegungen, die Fördersätze Anzeigeum ein Drittel zu kürzen.
In den vergangenen Monaten bereits haben die Solartitel dem Technologieindex
mächtig Auftrieb gegeben. Dieser legte nach einem heftigen Kurseinbruch am Jahresanfang von seinem Tiefpunkt im März bis Mitte Mai rund 30 Prozent zu - der Dax (Xetra: Nachrichten) schaffte im selben Zeitraum 17 Prozent. Sieben der 30 TecDax-Werte kommen aus dem Fotovoltaiksegment. FTD-Online gibt einen Überblick über die Solarbranche.
Welche Firmen mischen im deutschen Markt mit?
Solarunternehmen sind seit wenigen Jahren die Stars am Finanzmarkt. Nachdem die Blase am
Neuen Markt platzte und der Hype um Internetfirmen nachließ, schlug die Stunde für Fotovoltaikexperten. Allein in den vergangenen vier Jahren stürmten fünf Hoffnungsträger aus Deutschland an die Börse. Mit Centrotherm, Conergy (Xetra: 604002 - Nachrichten) , Ersol, Q-Cells, Phoenix Solar, Solarworld (Xetra: 510840 - Nachrichten) und Solon (Xetra:
747119 - Nachrichten) tummeln sich mittlerweile sieben Solarfirmen im TecDax. Als Schwergewicht stechen die beiden deutschen Marktführer heraus: Q-Cells mit einer Marktkapitalisierung von 8,4 Mrd. Euro und Solarworld mit einem Börsenwert von 3,6 Mrd. Euro. Beide Firmen decken weite Teile der margenträchtigen Produktionskette ab, und beide haben im vergangenen Jahr kräftige Gewinnsprünge hingelegt: Q-Cells verbesserte das Ergebnis um 52 Prozent, Solarworld um 48 Prozent.
"Deutsche Firmen sind vor allem stark bei Vorprodukten, wie etwa Silizium und Wafern. Das erfordert viel Know-how, und die Margen sind vergleichsweise hoch", sagt Solarexperte Gunter Greiner, Fondsmanager des VCH New Energy Fund. Der neue Kompromiss zur Solarförderung gibt den Unternehmen Raum zur weiteren Entfaltung und bewahrt schwächere Marktteilnehmer vor einem Aus. "Ein Förderungseinschnitt von 30 Prozent hätte kleinere Solarfirmen ausradiert und den Markt abgewürgt", schätzt Greiner.
Wie wird die deutsche Solarbranche finanziell unterstützt?
Die Solarfirmen erhalten keine direkten Subventionen: Sie werden nach einer Umlage finanziert, die jeder Stromverbraucher mitträgt. Das regelt das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das aus Klimaschutzgründen regenerative Energien stützt. Davon profitieren Unternehmen, die Strom aus Wind und Wasser, mittels Sonnenenergie, Geothermie und Biomasse erzeugen oder dabei als Zulieferer fungieren. Auch die Stromerzeugung aus Deponie-, Klär- und Grubengas fällt unter das EEG. Die Hersteller der Anlagen erhalten durch die Einspeisegarantien satte Gewinne. Der VCH Investment Group zufolge wurde das EEG bereits in mehr als 20 Länder "exportiert".
In bestimmten Abständen wird das Gesetz auf seine Wirksamkeit hin überprüft. Da die Solarbranche schneller als erwartet gewachsen ist und die Firmen mehr Geld verdienen als veranschlagt, werden die Einspeisevergütungen nun um rund acht bis neun Prozent gesenkt. Entsprechend mehr erhalten in den Folgejahren etwa Betreiber von Offshore-Windparks, die derzeit unter Plan liegen.
Warum ist von einer Konsolidierung auszugehen?
Bislang profitieren die deutschen Solarunternehmen vor allem von ihrem Know-how-Vorsprung. Kleinere Firmen müssen dagegen aufkeimenden Wettbewerb aus China fürchten. Unternehmen wie Solarworld und Q-Cells, die große Teile der Wertschöpfungskette abdecken, dürften dagegen eine gute Chance haben.
Fast ein Viertel aller TecDax-Werte bestehen aus Solarwerten. Um überlebensfähig zu bleiben, erwarten Experten zwei Szenarien: Entweder bündeln die Unternehmen untereinander ihre Kräfte, oder sie lassen sich von finanzstarken Industriekonzernen kaufen, wie das Beispiel Ersol und Bosch (Frankfurt:
860489 - Nachrichten) zeigt. Auch ein Schraubenhersteller hat das Thema Fotovoltaik für sich entdeckt: 2006 gründete Reinhold Würth die Unternehmenstochter Würth Solar und die Vertriebsfirma Würth Solergy. Im Herbst 2006 eröffnete Würth eine Solarzellenfabrik in Schwäbisch Hall.
Welche Zukunftschancen hat die Solarbranche?
Die Branche wächst jährlich um rund 30 bis 50 Prozent. Bis 2015 soll Solarstrom in Deutschland wettbewerbsfähig sein, also nicht mehr teurer sein als Netzstrom vom Energieversorger. Für sonnenreiche Länder wie Spanien, Griechenland und Italien erwartet Solarexperte Gunter Greiner von der Frankfurter VCH Investment Group bereits 2011 den Durchbruch. Dann werde nach seiner Prognose in Deutschland nur noch 25 Prozent der Umsätze erzielt. "Die Solarbranche wird dann sehr stark exportorientiert sein", so Greiner.
Mit dieser Umwandlung werden noch unsichere Jahre auf die Solarfirmen zukommen. "Die Branche wird in fünf Jahren nicht wiederzuerkennen sein", sagt Stewart Armer, Fondsmanager von Fortis Investment.
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