Dr. Sommer weiß die Antwort
SPIEGEL ONLINE - 02. Februar 2002, 13:52
URL: www.spiegel.de/panorama/0,1518,180510,00.html
Mit dem vorzeitigen Samenerguss von Männern ist es offenbar wie mit so vielen Dingen - alles eine Sache des Standpunkts.
Köln/Neu-Isenburg - Auf diese Nachricht haben viele gewartet: Männer, die nach zwei bis drei Minuten Sex bereits einen Orgasmus haben, leiden nicht unbedingt an einer Störung. Das hat der Kölner Urologe Dr.Frank Sommer herausgefunden. Er schickte 45 Paare mit der Stoppuhr ins Bett. Resultat der Studie: Die Zeitdifferenz zwischen Patienten, die über vorzeitigen Samenerguss klagten, und gesunden Männern lag nur bei 31 Sekunden. Bei dieser Erhebung handelt es sich nach Angaben der Neu-Isenburger "Ärzte Zeitung" um die erste objektive Studie mit Stoppuhr und den Partnerinnen als Zeitnehmern.
Sommer untersuchte insgesamt 45 Männer zwischen 25 und 40 Jahren. Davon waren 15 Patienten, deren Orgasmus nach eigener Einschätzung zu früh kam, 15 mit ihrem Sexualleben zufriedene Männer und 15 Urologen aus ganz Europa. "Die Partnerinnen der Männer haben eine Stoppuhr in die Hand bekommen und die Zeit genommen", beschrieb Sommer die Vorgehensweise in einem dpa-Gespräch. Gemessen wurde die Zeit zwischen Penetration und Samenerguss.
Männer, die über einen zu frühen Samenerguss (Ejaculatio praecox) klagten, brauchten im Mittel zweieinhalb Minuten, um zum Höhepunkt zu kommen. "Der Durchschnitt bei den 'Gesunden' lag bei drei Minuten und einer Sekunde", sagte Sommer. Ausdauernder waren Fachärzte: Die Gruppe der Urologen hingegen, die sich beruflich täglich mit Sexualstörungen befassten, habe es auf fünf Minuten und 58 Sekunden gebracht, berichtet die "Ärzte Zeitung". Sommers Schlussfolgerung: "Die alleinige Angabe von Patienten, sie kämen zu früh, gibt dem Arzt keinen Hinweis über eine Krankheit."
Der Zeitraum bis zum Orgasmus sei individuell unterschiedlich und von der Partnerschaft abhängig. "Ein männlicher Orgasmuseintritt nach zwei bis drei Minuten muss nicht immer als krankhaft eingestuft werden", sagte Sommer. "Wenn die Partnerinnen und der Patient zufrieden sind, ist doch alles in Ordnung."
Die subjektive Dauer bis zum Samenerguss betrage nach Literaturdaten wesentlich länger als die in der Studie gestoppten Zeiten, berichtet die "Ärzte Zeitung". Diese "gefühlte Zeitspanne" liege im Bevölkerungsdurchschnitt bei vier bis zwölf Minuten.
Männer und Frauen schätzten die Dauer des Akts außerdem sehr unterschiedlich ein: "Was in Wirklichkeit zwei Minuten und 50 Sekunden dauerte, empfanden die Männer als vier Minuten 31 Sekunden", schreibt die Zeitung mit Bezug auf die Studie. "Frauen wägten sich sogar fünf Minuten und 33 Sekunden im Liebesglück."
Die Paare lebten laut Bericht mindestens zwei Jahre zusammen. Die Messungen wurden drei Mal im Abstand von mehreren Tagen wiederholt.