WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Notenbank (Fed) hat die Leitzinsen überraschend
stark gesenkt und sich deutlich verhaltener mit Blick auf die
Konjunkturaussichten der größten Volkswirtschaft der Welt gezeigt. Die jüngsten
Turbulenzen an den Finanzmärkten hätten die Unsicherheit über das Wachstum in
den USA erhöht, schreibt die Fed in ihrer Begründung zu ihrer überraschend
deutlichen Zinssenkung. Der geldpolitische Ausschuss der Notenbank werde die
Entwicklung an den Finanzmärkten beobachten.
Zuvor hatte die US-Notenbank den Leitzins (Fed Funds Rate) überraschend deutlich
um 0,50 Prozentpunkte auf 4,75 Prozent gesenkt. Damit hat die Notenbank den
Leitzins zum ersten Mal seit über vier Jahren gesenkt. Volkswirte hatten mit
einer Zinssenkung gerechnet, allerdings bestand bis zuletzt Uneinigkeit über das
Ausmaß des Zinsschritts. Mehrheitlich waren die Experten von einem 'kleinen'
Zinsschritt um 0,25 Punkte ausgegangen.
Zudem reduzierte die Notenbank den weniger bedeutsamen Diskontsatz. Die Fed
senkte den Satz um ebenfalls 0,50 Prozentpunkte auf 5,25 Prozent. Zuletzt hatte
die US-Notenbank den Diskontsatz angesichts der Finanzmarktturbulenzen Mitte
August um 0,50 Punkte auf 5,75 Prozent gesenkt. Die Zinsentscheidungen sind laut
Erklärung einstimmig gefallen.
FED: ZINSSENKUNG SOLL NEGATIVE EFFEKTE IM VORFELD VERHINDERN
Verschärfte Kreditbedingungen könnten die Korrektur am US-Häusermarkt
verschärfen und das Wirtschaftswachstum generell beeinträchtigen, begründete die
Notenbank ihren Zinsschritt. Die Zinssenkung solle mögliche negative Effekte auf
das Wachstum im Vorfeld verhindern, die sich ansonsten angesichts der
Turbulenzen an den Märkten ergeben könnten. Die Zinssenkung solle ein moderates
Wachstum unterstützen.
Die Kerninflation habe sich im laufenden Jahr zwar leicht verbessert. Gleichwohl
bestünden weiterhin 'einige Inflationsrisiken'. Die Notenbank werde die
Preisentwicklung weiterhin genau beobachten. Eine Formulierung wie in ihrer
Begründung zum letzten Zinsentscheid der Fed vom August, in der sie die
Inflationsrisiken noch als vorherrschende Sorge bezeichnet hatte, findet sich in
ihrer aktuellen Erklärung nicht.
EXPERTE: FED ZEIGT WILLEN ZUR VERTRAUENSSTÄRKUNG
Die Fed zeige mit dem deutlichen Zinsschritt ihren Willen, zur
Vertrauensstärkung und Wiederherstellung der Liquidität besondere Maßnahmen zu
ergreifen, kommentierte der Chefökonom der Ratingagentur Moody's, John Lonski,
den Schritt der US-Notenbank. Die US-Wirtschaft benötige derzeit außergewöhnlich
Maßnahmen, die zur Stabilisierung des angeschlagenen Häusermarktes beitragen.
Das Ausmaß der Zinssenkung zeige, dass die Fed die Möglichkeit einer Rezession
in den nächsten zwölf Monaten nicht ausschließe.
EUROKURS UND US-ÖLPREIS STEIGEN AUF NEUE REKORDSTÄNDE
Die Reaktionen an den Finanzmärkten auf den Zinsschritt der US-Notenbank waren
deutlich. Der Euro sprang nach der Bekanntgabe der Zinsentscheidung auf ein
neues Rekordhoch von 1,3980 US-Dollar. Er übertraf damit seinen letzten
Rekordstand vom vergangenen Donnerstag (1,3927 Dollar) deutlich. Vor den Daten
hatte der Euro noch bei 1,3885 Dollar notiert.
Auch die US-Aktienindizes sprangen nach der Zinsentscheidung merklich nach oben.
Der Dow Jones Industrial sprang in einer ersten Reaktion um rund 157 Punkte von
seinem Niveau vor der Zinsentscheidung nach oben bis auf 13.624,36 Zähler.
Zuletzt lag der weltweit bekannteste Index mit 1,89 Prozent im Plus bei
13.656,23 Punkten.
Auf ein neues Rekordhoch kletterte auch der der US-Ölpreis. Der Preis für die
US-Sorte WTI zur Auslieferung im Oktober stieg nach dem Zinsschritt der Fed
erstmalig über 82 Dollar. In der Spitze kostete das Barrel WTI 82,17
Dollar./bf/she
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