Spiegel-Herausgeber Augstein vergleicht Israels Ministerpräsidenten mit Adolf Hitler
Dass die Juden an Allem im Allgemeinen und dem Schlechten im Besonderen Schuld haben, ist nichts Neues, wie zum Beispiel eine Forsa-Umfrage zeigt. Aber es überrascht schon ein wenig, solche Thesen auch im Spiegel zu lesen. Der Herausgeber Rudolf Augstein vergleicht in der aktuellen Ausgabe in einem Kommentar Ariel Scharon mit Adolf Hitler: Der Ministerpräsident Israels verhalte sich gegenüber Arafat und der palästinensischen Autonomiebehörde wie Hitler gegenüber Neville Chamberlain und Großbritannien.
Es geht hier nicht um eine Verteidigung von Scharons Politik. Die kann man zurecht kritisieren und verurteilen - aber darum scheint es Augstein gar nicht zu gehen. Er verschweigt Tatsachen, um seine These einer Alleinschuld Israels am Nahost-Konflikt und dessen aktueller Eskalation zu untermauern. Mit keinem Wort erwähnt Augstein die jüngsten Anschläge, die ganz gezielt zur Tötung israelischer Kinder, Jugendlicher und anrückender Rettungskräfte konzipiert waren. Mit keinem Wort erwähnt Augstein, dass die aktuelle zweite Intifada wenig mit der ersten zu tun hat: Sie ist nicht der Aufstand breiter Bevölkerungsmassen in den besetzten Gebieten zwecks eines "Abschüttelns" der Besatzung, sondern vor allem eine Terrorkampagne radikaler Gruppen mit dem erklärten Ziel, alles jüdische Leben zu vernichten.
Kein Wort davon in Augsteins Kommentar. Stattdessen schiebt er die Schuld allein Scharon zu: "Ein Protektorat über Palästina würde er sich auch heute zurechtzimmern, wenn man ihn nur ließe." Und mit Scharon meint Augstein ganz Israel, denn: "Die Mehrheit der Israelis dürfte dabei hinter dem Premierminister Scharon stehen." Israel ist also einschließlich Schimon Peres und aller Kritiker offenbar ein großer, einheitlicher - und, das muss doch mal gesagt werden, jüdischer - Block. In Augsteins Zeilen klingt die Theorie von der durch Juden dominierten US-Regierung - "Zionist Occupied Government" heißt das in amerikanischen Neonazikreisen - mit. Was sonst meint Augstein mit diesem Satz: "Die Amerikaner leisten noch Lippenbekenntnisse für den Palästinenser-Präsidenten, sind aber aus inneren Gründen unfähig, Scharon die Stirn zu bieten."
Überraschen kann dies alles jedoch nicht, hatte Augstein doch schon immer ein besonderes Verhältnis zu bestimmten Themen. Zum Reichtagsbrand beispielsweise. Ende 1959 begann der Spiegel eine Artikelreihe, in der die These von der Alleintäterschaft des Anarchisten Marinus van der Lubbe behauptet wurde. Diese Ansicht verbreiteten schon 1933 die Nationalsozialisten. Seit dem Fall der Mauer sind die Ermittlungsakten zum Reichtagsbrand in Westdeutschland wieder zugänglich und die Spiegel-Version der Alleintäterschaft als Legende widerlegt. "Eine der übelsten apologetischen Geschichtsfälschungen in der deutschen Publizistik überhaupt" nennt sie zum Beispiel der Düsseldorfer Soziologe Hersch Fischler. Auch die "Neue Züricher Zeitung" kritisierte am 8. Dezember vergangenen Jahres, das Hamburger Magazin sei dem Publikum "die fällige Auseinandersetzung mit der neuen Beweislage" schuldig geblieben.
Ebenso schuldig wie die kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Der Dortmunder Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister berichtete Anfang diesen Jahres bei einer Podiumsdiskussion in Düsseldorf, dass zwei von fünf Ressortleitern des Spiegels SS-Hauptsturmführer waren, dass der ehemaliger Chefadjutant Joseph Goebbels' mit von Augstein eigenhändig unterschriebenem Presseausweis aus Südamerika berichtete, dass in Berlin der frühere Leiter von Ribbentrops "Auslandspresseclub" als Spiegel-Korrespondent arbeitete. Hachmeister sprach in Düsseldorf von einem "Netzwerk alter Kameraden", die ihr "altes Weltbild nahezu bruchlos ins Blatt brachten".
Bestritten hat Augstein das nie. Aufgearbeitet aber auch nicht. Vielleicht helfen diese Auslassungen, andere besser zu verstehen.
Dass die Juden an Allem im Allgemeinen und dem Schlechten im Besonderen Schuld haben, ist nichts Neues, wie zum Beispiel eine Forsa-Umfrage zeigt. Aber es überrascht schon ein wenig, solche Thesen auch im Spiegel zu lesen. Der Herausgeber Rudolf Augstein vergleicht in der aktuellen Ausgabe in einem Kommentar Ariel Scharon mit Adolf Hitler: Der Ministerpräsident Israels verhalte sich gegenüber Arafat und der palästinensischen Autonomiebehörde wie Hitler gegenüber Neville Chamberlain und Großbritannien.
Es geht hier nicht um eine Verteidigung von Scharons Politik. Die kann man zurecht kritisieren und verurteilen - aber darum scheint es Augstein gar nicht zu gehen. Er verschweigt Tatsachen, um seine These einer Alleinschuld Israels am Nahost-Konflikt und dessen aktueller Eskalation zu untermauern. Mit keinem Wort erwähnt Augstein die jüngsten Anschläge, die ganz gezielt zur Tötung israelischer Kinder, Jugendlicher und anrückender Rettungskräfte konzipiert waren. Mit keinem Wort erwähnt Augstein, dass die aktuelle zweite Intifada wenig mit der ersten zu tun hat: Sie ist nicht der Aufstand breiter Bevölkerungsmassen in den besetzten Gebieten zwecks eines "Abschüttelns" der Besatzung, sondern vor allem eine Terrorkampagne radikaler Gruppen mit dem erklärten Ziel, alles jüdische Leben zu vernichten.
Kein Wort davon in Augsteins Kommentar. Stattdessen schiebt er die Schuld allein Scharon zu: "Ein Protektorat über Palästina würde er sich auch heute zurechtzimmern, wenn man ihn nur ließe." Und mit Scharon meint Augstein ganz Israel, denn: "Die Mehrheit der Israelis dürfte dabei hinter dem Premierminister Scharon stehen." Israel ist also einschließlich Schimon Peres und aller Kritiker offenbar ein großer, einheitlicher - und, das muss doch mal gesagt werden, jüdischer - Block. In Augsteins Zeilen klingt die Theorie von der durch Juden dominierten US-Regierung - "Zionist Occupied Government" heißt das in amerikanischen Neonazikreisen - mit. Was sonst meint Augstein mit diesem Satz: "Die Amerikaner leisten noch Lippenbekenntnisse für den Palästinenser-Präsidenten, sind aber aus inneren Gründen unfähig, Scharon die Stirn zu bieten."
Überraschen kann dies alles jedoch nicht, hatte Augstein doch schon immer ein besonderes Verhältnis zu bestimmten Themen. Zum Reichtagsbrand beispielsweise. Ende 1959 begann der Spiegel eine Artikelreihe, in der die These von der Alleintäterschaft des Anarchisten Marinus van der Lubbe behauptet wurde. Diese Ansicht verbreiteten schon 1933 die Nationalsozialisten. Seit dem Fall der Mauer sind die Ermittlungsakten zum Reichtagsbrand in Westdeutschland wieder zugänglich und die Spiegel-Version der Alleintäterschaft als Legende widerlegt. "Eine der übelsten apologetischen Geschichtsfälschungen in der deutschen Publizistik überhaupt" nennt sie zum Beispiel der Düsseldorfer Soziologe Hersch Fischler. Auch die "Neue Züricher Zeitung" kritisierte am 8. Dezember vergangenen Jahres, das Hamburger Magazin sei dem Publikum "die fällige Auseinandersetzung mit der neuen Beweislage" schuldig geblieben.
Ebenso schuldig wie die kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Der Dortmunder Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister berichtete Anfang diesen Jahres bei einer Podiumsdiskussion in Düsseldorf, dass zwei von fünf Ressortleitern des Spiegels SS-Hauptsturmführer waren, dass der ehemaliger Chefadjutant Joseph Goebbels' mit von Augstein eigenhändig unterschriebenem Presseausweis aus Südamerika berichtete, dass in Berlin der frühere Leiter von Ribbentrops "Auslandspresseclub" als Spiegel-Korrespondent arbeitete. Hachmeister sprach in Düsseldorf von einem "Netzwerk alter Kameraden", die ihr "altes Weltbild nahezu bruchlos ins Blatt brachten".
Bestritten hat Augstein das nie. Aufgearbeitet aber auch nicht. Vielleicht helfen diese Auslassungen, andere besser zu verstehen.