Das Geschäftsmodell der Immobilienunternehmen beruht darauf, Eigenkapital durch Fremdkapital zu hebeln, in (vor allem Wohn-)Immobilien zu investieren und so den Gewinn zu maximieren. Der rapide Zinsanstieg stellt dieses Geschäftsmodell auf den Kopf. Während sich Vonovia vor anderthalb Jahren noch locker für ca. 1% und weniger refinanzieren konnte, liegen die SWAP-Sätze aktuell bei 3% für 5 bis 10 Jahre und bei etwa 2,8% für 20 Jahre Laufzeit. Dazu kommt der Risikoaufschlag.
Offene Immobilienfonds erwirtschaften seit Jahren etwa zwei bis 2,5% per annum, was ja auch die Wertsteigerungen der Immobilien beinhaltet ebenso wie alle Kosten.
Für die etwa achteinhalb Jahre laufende Anleihe
A30VQB liegt die Rendite aktuell bei knapp 6 %. Das bedeutet demnach einen Risikoaufschlag (Spread) von rund 3%. Je mehr Anleihen fällig werden, umso teurer wird es. Die 500 Mio. Anleihe
A2R8NC, die am 06.04. fällig wird, hat einen Kupon von 0,125%. Wenn man dafür nur 6% berappen muss, heißt das knapp 30 Mio. mehr Zinsaufwand. Die verschlechterten Ertragsaussichten bedeuten aber zeitgleich steigende Risikoaufschläge - es droht hier ein Teufelskreis aus höheren Renditeanforderungen der Anleger und nicht mehr Bezahlbarkeit durch Vonovia. Klar, aktuell ist die Ertragslage noch gut. Anhand der Gewinnschätungen von finanzen. net (800 Mio Aktien + 1,50 je Aktie) könnte Vonovia 1,2 Mrd. aus Gewinnen refinanzieren. Wenn aber nun die Liquiditätslage schlechter wird, könnte eine Liquiditätsbeschaffung durch Immobilenverkauf notwendig werden. Und hier liegt das eigentliche Risiko, denn sehr viele Leute können sich eine eigene Immobilie einfach nicht mehr leisten. Somit könnten derartige Zwangsverkäufe (und es ist ja nicht nur Vonovia) ein deutlich steigende Angebot an Immobilien schaffen, das bei aktuellen Marktpreisen auf eine mehr oder weniger starre Nachfrage trifft. Diese Situation kann einen Crash der Immobilienpreise hervorrufen - und dann? Dann sind Abschreibungen auf die Immobilienportfolios nötig.
Bei einer Fremdkapitalquote von rund 2/3 würde eine 10-prozentige Abschreibung auf die Immobilien schon den Verlust eines Drittels des Eigenkapitals bedeuten. Das würde die Spreads schnell in Höhen katapultieren, die nicht mehr bezahlbar sind bzw. betriebswirtschaftlich keinen Sinn mehr ergäben. Also würden weitere Immobilienverkäufe anstehen.
Der Markt hat diese Szenarien lange schon vorweg genommen. Nicht umsonst ist der Kurs drastisch gefallen. Je höher die Zinsen aber steigen und je länger sie oben bleiben, umso prekärer wird die Situation.