Wie Gerüchte die Kurse treiben
Finanzforen im Internet erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Oft werden durch die Nachrichten dort Kurse in die Höhe getrieben. Doch wer den Kauftipps folgt, verliert am Ende meist.
"Die nächste 500-Prozent-Gewinnchance", "Die kommende Kursrakete", "Der Börsenkracher schlechthin". Die Kommentare im Internetforum der Onlinefinanzseite Ariva.de könnten verheißungsvoller nicht sein. Gemeint ist die Aktie Swing Entertainment. Kennt keiner? Macht nichts, denn schließlich geht es den meisten Teilnehmern des Internetchats vorwiegend um das Spekulieren auf kurzfristige, sehr hohe Gewinne.
Die Strategie, den Kurs mittels anonymer Gerüchte hochzutreiben, geht auch diesmal auf. Die Aktie klettert von sieben Cent auf fast 13 Cent, innerhalb weniger Tage hat sich der Wert bei ungewöhnlich hohem Volumen nahezu verdoppelt, und das ohne jede Nachricht. Selffulfilling Prophecy nennen das Experten; eine sich selbst erfüllende Prophezeiung also. Am Anfang steht eine bloße Empfehlung, die treibt die Nachfrage, was schließlich aufgrund der oft geringen Marktkapitalisierung den Kurs tatsächlich massiv hochklettern lässt.
<!-- ad-tag rectangle --><!-- Start Ad-Tag --><!-- keine AD-Zuordnung fuer Position 'rectangle' unter dem Pfad /ivw/CP/welt/redaktion/webwelt/data/2006/09/24/1047409.html definiert (1000) --><!-- End Ad-Tag --><!-- end ad-tag rectangle -->Anderes Forum, andere Aktie: Bei Wallstreet-online.de zählt Blue Perl Mining derzeit zu den heißesten Zockertipps. Die Gerüchteküche brodelt auch hier, innerhalb weniger Monate sind zu dem Wert fast 50 000 Beiträge verfasst worden, die meisten davon natürlich positiv. Der Erfolg stellt sich fast zwangsläufig ein. Der Wert der Aktie hat sich seit Juli vervierfacht, das Papier notiert aktuell bei 4,50 Euro.
"Gerüchte bestimmen das Geschehen auf den Finanzmärkten in einem Maße, das Laien und sogar die meisten Börsianer kaum für möglich halten", sagt Professor Friedrich Thießen, der an der TU Chemnitz die Entstehung, Verbreitung und Wirkung von Falschmeldungen an den Finanzmärkten untersucht. Er kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass Gerüchte an den Finanzmärkten etwas Alltägliches seien. Durch das Internet und dessen Chatforen hätten sie jedoch für den Kreis der Privatanleger an Bedeutung gewonnen.
"Wenn es das Ziel der Verbreiter von Gerüchten sein sollte, Bewegung in den Markt zu bringen, um mehr Umsatz zu erzielen, dann gelingt ihnen dies tatsächlich gut. Ein Zusammenhang zwischen Umsätzen und Gerüchten ist deutlich erkennbar", sagt Thießen. Im Durchschnitt waren die Umsätze in den entsprechenden Aktien um 67 Prozent höher als in den 30 Handelstagen davor, so ein Ergebnis der Studie. Doch nur wenige Gerüchte seien so bedeutend, dass sie zu heftigen Preisausschlägen führen.
"Beliebte Spekulationsobjekte sind vor allem Penny Stocks", sagt Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Dies sind Aktien, deren Wert unter einem Euro liegt. Auch Werte, die als Börsenmantel fungieren könnten, werden oft als heißer Tipp gehandelt. Dabei suchen Unternehmen, die an die Börse streben, aber die hohen Kosten für einen Börsengang scheuen, nach Firmen, die entweder insolvent oder nicht mehr operativ tätig sind, deren Aktien aber weiter an der Börse gelistet sind. Aus den leblosen Papieren werden so schnell Kursraketen. Einschlägige Internetforen sind dann eine ideale Verbreitungsmöglichkeit.
"Der Markt reagiert auf ein Gerücht meist nach dem immer gleichen Muster", sagt Friedrich Thießen. Zunächst bewegt sich der Preis nach oben oder unten, je nachdem, wie der Gerüchteurheber es beabsichtigt hat. Keiner will die Kurssprünge verpassen. Anschließend folgt meist eine Phase der Unsicherheit, der Preis verhält sich unentschlossen. Schließlich - oft schon nach Minuten - wird die wahre Natur des Gerüchts erkannt, der Kurs bewegt sich auf sein ursprüngliches Niveau zurück.
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