5 Fragen an Dr. Herbert Kloiber, Inhaber und Geschäftsführer der Tele München Gruppe
Montag, 08. Juni 2009
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Herr Dr. Kloiber, bereits 1970 nach Studium und Promotion in den Rechtswissenschaften begann Ihre Karriere. Bis 1976 verantworteten Sie für Leo Kirch bei der Firma Beta/Taurus den Bereich Filmeinkäufe und Klassikproduktion (UNITEL). Danach waren Sie aktiv in Beteiligungen und Zukäufen, z.B. TV-Produktionsfirma Tele München, Sender Tele 5, TM 3, Wiener Privatsender ATV, Kinokette CinemaxX. Als Professor an der Hochschule für Fernsehen und Film München leiten Sie die Abteilung "Produktion und Medienwirtschaft". Für Ihr erfolgreiches Engagement im Mediengeschäft erhielten Sie viele Auszeichnungen und Ehrungen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Privatsender im Hinblick auf das Fortschreiten der digitalen Low-Pay-Bereiche und die Veränderung des Fernsehverhaltens der Menschen?
KLOIBER: Der Low-Pay-Bereich hat meiner Meinung nach bislang wenig Erfrischendes zur Vielfalt beigetragen. Ich sehe für die nächsten drei bis vier Jahre keine Bedrohung der Free-TV Sender durch diesen Bereich. Mich wundert es aber schon, dass sich so viele halten, obwohl ich keinen Sender kenne, der schwarze Zahlen schreibt. Es ist wohl mehr ein Branding-Versuch der großen Networks und Majors. Auch bei Premiere / Sky sehe ich nicht, dass sich da viel tun wird. Die wirtschaftlichen Daten werden sich verringern, es wird kaum bessere Programmangebote geben, eine fulminante Wachstumsrate ist meiner Einschätzung nach nicht zu erwarten. Wir haben mit der Tele München Gruppe unsere drei geplanten digitalen Sender auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die größte Bedrohung ist die sehr messbare und nachhaltige Änderung des Fernsehverhaltens. Die Zuschauer - vor allem die Jüngeren - wandern allmählich ins Netz ab, das ist deutlich zu spüren. Das Medium Fernsehen muss diese Reise mitmachen und kann noch immer mit unschlagbaren Reichweiten und günstigen Werbepreisen punkten.
Das Internet wird das Fernsehen nicht ersetzen können. Es ist ein notwendiges Standbein der TV-Sender, um so die Dachmarke logisch und effektiv weiterzuführen. Die TV-Sender holen im Netz die Zuschauer ab, erhöhen die Verweildauer und erreichen eine werbewirksame Konvergenz zwischen den Medien.
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Noch im Herbst letzten Jahres prognostizierten Sie, dass die Finanzkrise die Film- und Fernsehbranche weniger betreffen werde, jedoch setzten Sie kürzlich mit Erfolg Staatshilfe durch für Ihren Wiener Privatsender ATV, nachdem Sie den Abbau von 130 Mitarbeitern angekündigt hatten.
Welche Veränderungen - außer dem Einbruch der Werbeeinnahmen - sind aus Ihrer Sicht eingetreten, dass sich die wirtschaftliche Situation so rasch und stark verschlechtert hat? Sehen Sie diesbezüglich Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland?
KLOIBER: Wir fordern seit sechs bis sieben Jahren bereits die Medienförderung in Österreich ein, dass hat keinen Zusammenhang mit der derzeitigen Krise. Die Situation für Privatsender war in Österreich so verkrustet, dass es für einen Anbieter dort nicht leicht war. Wir haben es nun geschafft, eine Förderung im ganz kleinen Rahmen durchzusetzen, nicht wie gefordert 20 - 30 Millionen, sondern nur 5 Millionen Euro. Wir werden versuchen, einen guten Anteil der Förderung zu bekommen. ATV hat nun eine zu Österreich sehr passende Kulturschiene implementiert, wo wir Berichte über Oper, Theater, Kunst und Kultur zur besten Zeit senden wollen.
Die Werbekrise trifft die Privaten in Österreich weniger hart als beispielsweise in Deutschland oder Osteuropa. Zum einen erleben wir noch eine Konversion von Print zu TV. Zum anderen erleben wir ein dramatisches Abfallen der Leistungsdaten des ORF, das ATV natürlich zugute kommt.
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Seit Beginn dieses Jahres haben sich die Werbeerlöse der Kinobranche fast halbiert. Sie wollen die Kinokartenpreise um ca. 1 Euro erhöhen und ggfs. auf Kinowerbung gänzlich verzichten. Dagegen hat der auf Kinowerbung spezialisierte Kinovermarkter WerbeWeischer ein anderes Modell, mit dem er flächendeckend die Werbeumsätze zurückgewinnen will, die Werbung soll künftig den jeweiligen Zuschauern adäquat sein, z.B. sollen bei typischen Männerfilmen Werbespots von Auto- und Bierkonzernen gezeigt werden.
Geben Sie diesem Modell eine echte Erfolgschance? Besteht bei Erhöhung der Kinopreise nicht die Gefahr der Minderung der Besucherzahl, und warum wird eine Qualitätsverbesserung und technische Innovation der Filme als mögliche Problemlösung so wenig angesprochen?
KLOIBER: Das ist mein derzeitiges Steckenpferd. Wenn man auf unsere ca. 20 Millionen Kinobesucher pro Jahr eine marginale Preiserhöhung von zum Beispiel 0,50 EUR pro Kinobesuch umsetzt, ergeben sich in der Folge beachtliche Zahlen, die wenigstens einen Teil abfedern könnten. Das Konzept von WerbeWeischer kenne ich, meiner Meinung nach hätte so ein Konzept vor drei bis vier Jahren präsentiert werden müssen, um eine reelle Chance zu haben. Das ist vielleicht der Nachteil eines Quasi-Monopolisten, dass es in Zeiten, in denen es zu lange zu gut läuft, nicht rechtzeitig aus eigenem Antrieb neue Ideen und Konzepte gibt.
Der Wegfall der großen Werbesegmente wie Tabak oder Alkoholika hat eine deutliche Wirkung. Aber Werbung im Kino wird es immer geben, nur vielleicht nicht mehr die 9 - 12 Minuten Werberollen, die Werbung von Reifenhändlern oder lokalen Restaurants zeigen. Dieses Modell scheint überholt. Vielmehr halte ich ein Vermarktungsmodell wie das der Champions League im TV für erfolgversprechend, also zum Beispiel vier Großsponsoren, die das Trailer-Programm präsentieren und ggf. crossmedial kommunizieren.
Ich denke einfach, wenn wir zum Beispiel früher 20 Million eingenommen haben und heute nur noch 5, dann ist es an der Zeit, dass wir etwas tun. Technisch aufrüsten müssen wir alle, ob es nun 3D, 4K, automatisierte Kassen oder Sonstiges ist. Das ist einfach der Lauf der Zeit, dem man folgen muss.
Ich selber setze nicht so sehr auf 3D. CinemaxX hat zum Beispiel bundesweit noch nicht in 3D aufgerüstet. Hier warten wir lieber etwas ab und beobachten die Marktentwicklung. Wir setzen dafür auf andere Elemente wie zum Beispiel auf die Ausstattung von bundesweit 2000 Flatscreens in unseren Kinos.
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Dank Ihrer Erfahrungen als Produzent, Rechtehändler, Programmveranstalter und Kinobetreiber können Sie in der Hochschule für Fernsehen und Film München Theorie und Praxis auf qualitativ höchster Ebene verbinden.
Haben Sie die Lehrinhalte an der HFF München verändert? Was müssen Nachwuchskräfte im Bereich Film und Fernsehen heutzutage wissen und können, und wie sehen Sie die Berufschancen der Absolventen in Film und Fernsehen?
KLOIBER: Das Studium hat sich dreidimensional verkompliziert. Es ist komplexer, anspruchsvoller und interessanter geworden. Durch die Monothematik Film / Fernsehen war der Nachwuchs nie so fürchterlich groß, das hat sich geändert. Die Aufgaben in der Filmindustrie sind heute vielfältiger, die Tätigkeiten breiter gefächert. Dies spiegelt der Ausbildungsgang meiner Einschätzung nach gut wider. Der Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs wird weiter wachsen, gut ausgebildete und vielfältig einsetzbare Allrounder werden zunehmend gebraucht und für interessante Aufgaben eingesetzt.
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Sie sind seit 33 Jahren bei Tele München, seit 30 Jahren im Kinoverleih und seit 15 Jahren bei RTL 2 aktiv, haben zahlreiche Sender aufgebaut bzw. gekauft und zwei davon verkauft.
Welche Aktivitäten werden uns in naher Zukunft überraschen?
KLOIBER: Allzu viel verraten kann ich natürlich nicht, da es sonst ja keine Überraschung mehr wäre. Aber ein wenig kann ich schon sagen. So werden wir weiter sehr aktiv an dem Auf- und Ausbau unseres Senders Tele 5 arbeiten und diesen weiter mit CinemaxX vernetzen. Außerdem setzen wir stark auf den Ausbau von ATV. Osteuropa ist für uns ein interessanter und großer Markt, auf dem wir uns weiter engagieren werden. Und wir werden weiter auf große Produktionen setzen.