Markus Braun und "seine" Wirecard AG haben auf der heutigen HV ein Bild großer Gelassenheit vermittelt und höchstes Vertrauen in eine positive Verwirklichung der "Vision 2020" zum Ausdruck gebracht.
Die in dieser Vision veranschlagten Geschäftszahlen seien eher Mindestziele und rein organisch, also ohne weitere M&A-Akquisitionen angesetzt.
Nach der eher langatmigen Präsentation weitgehend bekannter Sachverhalte (am CMD war Braun wesentlich überzeugender!) war es ausgerechnet der Vertreter der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz e.V., der für einen hohen Unterhaltungsfaktor sorgte.
Er lieferte eine Lobrede auf die Wirecard ab, da wäre selbst Sasse der Mund offen stehen geblieben! Ich fasse mal zusammen:
- Vor 9 Jahren sei er auf einer HV der Wirecard gewesen, das war damals seine zweite oder dritte. Damit müsste er rechnerisch 2007 meinen, aber ich denke, er meint 2008. Damals seien "schlimme Dinge" passiert, er sei "sehr verwirrt" gewesen ob der Vorwürfe, die da aufkamen. Dies wirke bis heute nach und die Verursacher haben sich dafür nie entschuldigt. Er wolle das heute nachholen und sich entschuldigen im Namen seiner Branche. Das ist heftig! Aber die DSW sieht sich ja auch als "Betreuer der Wirecard", eine interessante Interpretation der Aufgabe seines Vereins, aber gut...
Dann legte der Kerl aber mal richtig los! Es sei unfassbar, was wirecard unbemerkt, "im Stealth Mode" an Wertschöpfung geschaffen habe. Wirecard sei in Deutschland konkurrenzlos und auch in Europa habe man Mühe, eine Handvoll Firmen zu finden, die man als Konkurrenten ansehen könne.
Wirecard sei "die einzige Bank in Deutschland, die verstanden hat, wo es hingeht". Es sei für alle Firmen, die es wirecard nachmachen wollen, schwierig, in die Sphären vorzustoßen, in der Wirecard sich bewegt. Daher sei der niedrige Aktienkurs völlig unverständlich. Wirecard sei auf dem Wege, die "Deutsche Bank der Zukunft" zu werden. Da musste ich dann ja doch fast lachen angesichts der aktuellen internationalen Diskussion um die "Deutsche Krank". Aber der Herr war ja noch nicht fertig: Wirecard entwickle sich zu "einer der führenden Banken des Universums".
Das freute mich, denn man fühlt sich einfach wohler, wenn man nicht das Gefühl hat, der einzige zu sein, der manchmal im Überschwang der Gefühle mit seiner Argumentation etwas den Boden unter den Füßen verliert ;)
Er sieht wegen des niedrigen Aktienkurses ein bisschen die Gefahr, dass Begehrlichkeiten entstehen könnten. Das beunruhigt ihn, weil der Aktienkurs überhaupt nicht dem wahren Wert entspricht, der durch "leisen und weisen" Einsatz des Kapitals immer größer werde.
Zur Steuerquote von 13% (niedriger als die Deutsche Post, Herr Schürmann!) bat er den Vorstand launig um Tipps für seine eigene Steuererklärung. John Doe wäre ihm an dieser Stelle wahrscheinlich an die Gurgel geganegn ;)
Übrigens wurde die Frage nach der Steuerquote wie folgt beantwortet: "Steueroptimierung" gäbe es nicht, man sei also kein Kandidat "wie Firmen in den panama papers", man komme - sagte er Richtung DSW - auf diesen Steuersatz, wenn man Firmen an vielen Standorten habe und dort die örtlichen Steuersätzen zahle.
Dann redete er leider zu schnell für mich (Ley war es, glaube ich): wirecardbank zahlt in DE 27-28% Steuern, an anderen Standorten seien die Steuersätze häher (UK, Österreich) oder niedriger (Irland, Ostasien). In Indien sei das Steueraufkommen mit 33% hoch, daher werde der Steuersatz auf 15% steigen.
In Dubai sei der Steuersatz 0.
Der Rest ist Mathematik. Man nehme die Ergebnisse der Gesellschaften "an ihren Standorten" und rechne es mal nach. Ich bin mir sicher, dass die DSW das kann.
Ich fand den Kerl amüsant.
zum Rest schreib ich nicht vierl, da vieles schon am CMD gesagt wurde. Es war ähnlich überzeugend in der Sache, aber mit etwas weniger Esprit. Ramu war ja auch nicht da. Die neue Aufsichtsrätin hielt einen Vortrag in Denglisch, machte aber (auch dadurch) einen sympathischen Eindruck.
Zum AR wurde kritisch angemerkt, dass er nicht entsprechend der Aktionärsverteilung besetzt sei (zu viele Instis)
Was war noch? Ach ja, Big Data wird ein großer Gewinnbringer werden. Man halte aber selbstverständlich alle Regularien ein. Als "Spinne im Netz" der Zahlungsvorgänge (Hellsick?) sei doch logisch, dass Biug Data ein großer Punkt werden wird, ob der Vorstand das im Blick habe (ja)
Es gab noch eine Frage zum beta-wert 0,94 (S188). Dieser sei unlevered und an die peergroup angelehnt (ua Visa, Mastercard, Amex, Global Payment,SA?, und noch paar Firmen)
Zatarra - dieses Wort fiel überhaupt nicht. Hedgefonds dürfe man nicht pauschal bewerten, ansomnsten seien das Finanzspekulationen, für Braun uninteressant, für Aktionäre unangenehm und schwer einzuschätzen, man müsse da durch, das trifft andere Große auch, besonders die Erfolgreichen, viele Technikfirmen seien angegriffen worden (Linkedin?) Apple?), man eghe robust damit und, man habe freudvolle Kontakte zur BaFin, zu laufendn Untersuchungen kann man nichts sagen, er ist selbst Aktionär, nicht nur in Wirecard, auf anonyme Quellen würde er nie etwas geben, naja, ähnliche (nicht vollkommen überzeugende) Argumente liest man ja in jedem mittelmäßigen deutschen Börsenforum. Wer zu diesem Thema etwas wirklich Tragfähiges lesen will, muß englische Texte lesen :)
interessant: Risikomanagement als ganz wichtiger Punkt, deshalb auch Zurückhaltung bei bitcoin (historisch bedingt), lieber Geldwäschegefahren vermeiden und auf Ertrag verzichten (allgemein) (aha!)
wie wirecard sein geld verdient und wo die guten Prognosen herkommen, wurde erklärt, wie schon beim CMD (allgemeines Wachstum, Digitalisierung von POS, Skalierungseffekte: Durchschnittsvolumen der merchants seit 2009 verdoppelt usw)
das war jetzt aus dem gedächtnis, vielleicht fehlt was
Ergebnis: Das, worüber gesprochen wurde, überzeugte. Nur war es halt nicht alles, was es zu besprechen gab. Von interessierten Anlegern hätte ich mir schon Fragen erwartet... sind die negativen Aussagen in der Wirtschaftswoche nicht besorgniserregend? Reicht es, in Indien nur bei der letzten meile anzusetzen? Welche Fragen stellte Warburg zu Zatarra und warum? Was passiert, wenn es tatsächlich Ermittlungen der FCA gibt? usw
ich hatte keine Lust, Fragen zu stellen, da ich heute ja meine wirecardaktien verkaufe. Leider nicht mit 30% Verlust. Ich spende meinen gigantischen Gewinn dem ICIJ.