Chronik der FlowTex-AffäreDie FlowTex-Affäre ist der größte Wirtschaftsbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die beiden Hauptangeklagten Manfred Schmider, 52, und Klaus Kleiser, 51, haben Banken und Leasinggesellschaften um insgesamt 2,05 Milliarden Euro (rund vier Milliarden Mark) betrogen. Hier die wichtigsten Ereignisse der Affäre im Überblick:
4. Februar 2000
Die Hauptgesellschafter der Ettlinger Firma FlowTex, Manfred Schmider und Klaus Kleiser, werden festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Mannheim wirft ihnen betrügerische Geschäfte und Steuerhinterziehung vor. Nach ersten Erkenntnissen sollen insgesamt 80 Leasinggesellschaften und Banken um Hunderte von Millionen Mark betrogen worden sein.
9. Februar 2000
Der SWR berichtet über die Einzelheiten der dunklen Geschäfte bei der FlowTex. Die Firma hat angeblich 3.200 Bohrsysteme vermittelt, obwohl sie in Wirklichkeit nur über 400 verfügt habe. Inzwischen wurden das Firmenvermögen und die Privatvermögen der Hauptgeschäftsführer (Villen, Hubschrauber, Jets) beschlagnahmt.
16. Februar 2000
Der vorläufige Insolvenzverwalter Eberhard Braun informiert die Gläubigerbanken in einer Krisensitzung über die Lage der Firma. Sein Urteil: FlowTex sei ein "virtuelles Unternehmen", das nicht mehr zu halten sei.
21. Februar 2000
Die Staatsanwälte entdecken 220 Millionen Mark der Firma auf Schweizer Konten. Das berichtet die "Stuttgarter Zeitung". Zudem werden Räume des Regionalflughafens Baden-Airpark durchsucht, der zur Schmider-Kleiser-Holding gehört. Angeblich würden dort Akten vernichtet.
März 2000
Die Insolvenzverwalter gehen davon aus, dass die Schmider-Kleiser-Firmen ein "Verschiebe-Bahnhof" für große Geldströme gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Mitarbeiter der Baden-Württembergischen Bank wegen Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz. Inzwischen hat sich auch die Geschäftsführerin der Schmider-Kleiser-Gruppe, Angelika Neumann, der Staatsanwaltschaft gestellt.
1. April 2000
Das Amtsgericht Karlsruhe eröffnet das Insolvenzverfahren über FlowTex.
15. April 2000
Der deutsch-syrische Geschäftsmann Mohamed Yassin Dogmoch, ein Partner der FlowTex-Geschäftsführer, beteuert seine Unschuld. Er wehrt sich gegen den Verdacht, in den Milliardenbetrug verwickelt zu sein.
5. Mai 2000
Neue Informationen der Insolvenzverwalter: Die FlowTex verfügte nur über 270 Bohrsysteme, betrieb jedoch ihr Leasinggeschäft mit mehr als 3.000.
8. Juni 2000
Die Baden-Airpark-Gruppe steht im Insolvenzverfahren.
23. Juni 2000
Weitere FlowTex-Konten in Nordirland werden entdeckt. Angeblich hat Schmiders Bruder Matthias von diesen Konten hohe Summen abgehoben.
4. August 2000
Der Finanzchef des FlowTex-Konzerns Karl Schmitz wird u.a. wegen des Verdachts auf Geldwäsche festgenommen. Matthias Schmider wird per Haftbefehl gesucht.
24. November 2000
Das restliche Inventar der FlowTex kommt im Auftrag der Insolvenzverwalter "unter den Hammer".
19. März 2001
Matthias Schmider wird am Flughafen Amsterdam festgenommen. Er wird des Betrugs, der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung verdächtigt. Vier Tage später wird er an Deutschland ausgeliefert. Gegen ihn läuft ein abgetrenntes Verfahren.
17. April 2001
Die Mannheimer Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die vier Hauptverdächtigen Manfred Schmider, Klaus Kleiser, Karl Schmitz und Angelika Neumann. Ihnen wird schwerer Betrug vorgeworfen. Der strafrechtlich relevante Schaden wird nun auf 4,13 Milliarden Mark geschätzt. Oberstaatsanwalt Hubert Jobski spricht vom "größten deutschen Wirtschaftsstrafverfahren".
30. April 2001
Mohamed Yassin Dogmoch droht dem Land Baden-Württemberg eine Schadensersatzklage an. Sein Vorwurf: Die Finanzbehörden hätten schon seit 1996 von den FlowTex-"Luftgeschäften" gewusst, jedoch nicht eingegriffen. Dadurch sei ihm großer Schaden entstanden.
16. Mai 2001
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zahlt 100 Millionen Mark an FlowTex-Gläubiger. Obwohl die KPMG von der Staatsanwaltschaft ebenfalls als Geschädigte eingestuft wird, einigt sich das Unternehmen auf diesen außergerichtlichen Vergleich. Man wolle langjährige Gerichtsverfahren vermeiden, so die KPMG. Die Leasingfirmen und Banken hatten der KPMG vorgeworfen, die FlowTex nur mangelhaft geprüft zu haben.
25. Juni 2001
Das vom SWR produzierte ARD-Magazin "Report" berichtet, dass bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe schon im Jahr 1996 eine anonyme Anzeige im Zusammenhang mit den möglichen FlowTex-Betrügereien eingegangen sei. Die Staatsanwaltschaft bestätigt diese Darstellung.
16. Juli 2001
Das Mannheimer Landgericht lässt die Klage gegen die FlowTex-Geschäftsführer zu. Das Prozess soll am 25. September beginnen.
August 2001
Die baden-württembergische Steuerfahndung gerät zunehmend unter Druck. Weil sie eine 1996 eingegangene Strafanzeige nicht weitergeleitet haben sollen, wird gegen Beamte wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt. Inzwischen führt die Spur im FlowTex-Skandal auch nach Liechtenstein. Dort wird gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelt.
29. August 2001
Der Hauptangeklagte Manfred Schmider kommt zur psychiatrischen Beobachtung vorübergehend in ein Krankenhaus. Es soll geprüft werden, ob seine Schuldfähigkeit durch einen bei ihm vermuteten Größenwahn vermindert sein könnte.
11. September 2001
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe stellt das Ermittlungsverfahren gegen Manfred Schmider wegen eines angeblich fingierten Raubüberfalls ein. Schmider war verdächtigt worden, den Überfall auf sein Anwesen im Jahr 1986 fingiert zu haben.
14. September 2001
Der möglicherweise größenwahnsinnige Hauptverdächtige Manfred Schmider wird nach der Untersuchung seines Geisteszustandes wieder ins Mannheimer Gefängnis zurückverlegt.
25. September 2001
Beim Landgericht Mannheim beginnt der Prozess gegen Schmider und Kleiser.
27. September 2001
Manfred Schmider legt vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab.
1. Oktober 2001
Klaus Kleiser legt ebenfalls ein Geständnis ab.
2. Oktober 2001
Die Ex-Managerin Angelika Neumann räumt ihre Schuld in dem Betrug ein.
4. Oktober 2001
Der vierte Angeklagte, der Ex-Finanzchef Klaus Schmitz, gesteht seine Mitwirkung an dem Milliardenbetrug.
3. Dezember 2001
Polizeibeamte durchsuchen die Privatwohnung eines früheren FlowTex-Betriebsprüfers des Finanzamtes Karlsruhe-Durlach. Der Beamte soll Anfang Februar 2000 Schmider vor der bevorstehenden Verhaftung gewarnt haben.
12. Dezember 2001
Der SWR berichtet, dass Schmider im Jahr 1998 das neue Auto eines Betriebsprüfers des Finanzamtes Karlsruhe-Durlach bezahlt haben soll. Der Beamte hatte 1996 den FlowTex-Konzern geprüft. Trotz Auffälligkeiten soll er den Skandal um fingierte Leasinggeschäfte nicht verfolgt haben. Die Staatsanwaltschaft Mannheim bestätigt, dass Ermittlungsverfahren gegen Betriebsprüfer und Steuerfahnder geführt werden.
18. Dezember 2001
Das Mannheimer Landgericht verurteilt die Hauptverantwortlichen. Der frühere FlowTex-Boss Manfred Schmider muss dem Urteil zufolge für zwölf Jahre ins Gefängnis. Sein Kompagnon Klaus Kleiser erhielt eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Den ehemaligen FlowTex-Finanzchef Karl Schmitz verurteilten die Richter zu sechseinhalb Jahren Haft. Die Ex-Geschäftsführerin der FlowTex-Tochter KSK, Angelika Neumann, muss für sieben Jahre und sechs Monate hinter Gitter.
4. Januar 2002
Die SPD-Landtagsfraktion sieht deutliche Hinweise dafür, dass Karlsruher Finanzbeamte die FlowTex-Ermittlungen abgeblockt haben.
5. Januar 2002
Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Walter Döring fordert einen FlowTex-Untersuchungsausschuss im Landtag.
14. Januar 2002
Insolvenzverwalter Eberhard Braun fordert von der Stadt Ettlingen Rückzahlungen von FlowTex-Gewerbesteuer in Höhe von bis zu 38 Millionen Euro.
15. Januar 2002
Vor dem Mannheimer Landgericht beginnt der zweite FlowTex-Prozess. Angeklagt sind Matthias Schmider, der jüngere Bruder von Manfred Schmider, und sein Vertrauter Massimo Corbari.
Letzte Änderung am: 15.1.2002
www.swr.de/thema/archiv/011218_flowtex/chronik.html