Wo ist das Fell der Schafe ? (Teil 1)

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Stox Dude:

Wo ist das Fell der Schafe ? (Teil 1)

 
18.12.03 12:24
Wo ist das Fell der Schafe?


1. Fundamentale Rückschau
An der Wall Street ist man wieder soweit, die Champagner-Korken knallen zu lassen, da der Dow über 10.000 zieht und der Nasdaq sich der 2.000er Marke nähert. Für die Wall Street und Investoren war es bisweilen ein ziemlich gutes Jahr. Der S&P500 konnte 18% und der Nasdaq über 43% zulegen. Solche Zahlen haben wir seit 1999 nicht mehr gesehen. Der allgemeine Konsens verlautbart, dass 2003 das "Ausbruch-Jahr für Aktien" ist, und dass nächstes Jahr genauso lukrativ werden könnte. Hinter dem Anstieg der Aktien verbirgt sich der Glaube, dass die langersehnte Erholung ("the recovery") nun endlich vor der Tür steht. Wirtschaftswachstum ist stark, die Gewinne haben sich verbessert und als Konsequenz befinden sich Aktien auf dem Weg zur Besserung. Überall wird darüber gesprochen, dass sich die Fundamentaldaten verbessern, die Geschäftsbedingungen stärker werden und der amerikanische Konsument weiter Kredite aufnimmt und Geld ausgibt. Viel wichtiger ist nach Auffassung der Wall Street allerdings die Feststellung, dass die Politik der amerikanischen Zentralbank (das Federal Reserve System) als günstig und positiv eingestuft wird, und ihren Weg solange beibehält, bis die Wirtschaft wieder auf festem Boden steht. Der Ratschlag an Investoren ist "long Aktien" zu sein.

Genau wie beim letzten Bullenmarkt sind es die gleichen Sektoren, die den Markt (an)führen. Technologie-Aktien, Internet-Firmen, aber auch alles, das im Entferntesten mit Technologie in Verbindung gebracht werden kann, befindet sich derzeit am "Ausreißen". Amazon.com konnte dieses Jahr schon 213% zulegen. Das Unternehmen arbeitet immernoch daran, Gewinne auszuweisen - und bleibt eines der teuersten Aktien der Einzelhandelsbranche. Die Börsenbewertung ist 12mal so hoch wie bei deren Mitbewerber Barnes & Nobles und Borders. Amazon ist immernoch mehr als doppelt so teuer wie andere Handelsunternehmen (zum Beispiel Costco, May Company, Federated und Sears).

Der Technologie-Wahn treibt in allen Branchen der Tech-Arena sein Unwesen. So wie beim Techno-Wahn 1997-1999 bieten Investoren die Aktien von Unternehmen in die Höhe, welche Geld verlieren, kaum schwarze Zahlen schreiben, oder gerade damit beschäftigt sind, in die Gewinnzone zu klettern. Der begierige Appetit, Technologie-Anteile zu besitzen, zieht durch die Tech-Szene. Genau wie im Jahr 1999 treiben Investoren mit Ihren Geboten die Aktien in luftige Höhen, während Unternehmens-Insider Kasse machen und ihre Aktienbestände in nun rekordmäßigem Tempo auf den Markt werfen. Das Ausmaß an Insider-Verkäufen der letzten vier Monate sucht immernoch seinesgleichen und entspricht nicht im Geringsten dem, was wir vor ein paar Jahren miterleben mussten.

Also, wer kauft denn jetzt und warum?
Wenn Insider verkaufen, wer kauft dann eigentlich? Die Antwort auf die Frage ist zugleich eine einfache: All diejenigen, die zwischen institutionellen Investoren und der breiten Öffentlichkeit identifiziert werden können. Institutionelle Investoren sind heute noch mehr voll investiert ("more fully invested") wie in den drei Jahren zuvor. Die Öffentlichkeit kehrt in den Markt zurück - mit einem aktuellen Jahreshoch ihrer Verschuldungsmarge. Day-Trading feiert ebenfalls einen Comeback.

Die zwei Hauptgründe, die den Markt antreiben, lassen sich auf die aufdringlich angekündigte Erholung des 2. Halbjahres zurückführen. Von der Wirtschaft erwartet man sich einen Boom - Hand in Hand mit Unternehmensgewinnen. Unternehmen, von denen man erwarten würde, an der Spitze der Wirtschaftserholung zu sein, sind Technologie- und Energie-Titel. Energie-Unternehmen von ExxonMobil bis zu Erdgas-Produzenten wie Apache melden stellar-hohe Gewinne. Energie war dieses Jahr für einen Großteil der Gewinne innerhalb des S&P500 verantwortlich. Trotzdem haben sich vergleichsweise deren Aktien nicht sonderlich bewegt. Das Geld fließt hauptsächlich in Technologie-Werte. Dies spiegelt sich in der Tatsache wieder, dass der Großteil der diesjährigen Gewinne in der Tech-Branche zu verbuchen war - ein Faktum, welches in der Kluft zwischen dem Nasdaq und dem S&P500 beheimatet ist. Wie dem auch sei, in den S&P500 ging das viele Geld auf jeden Fall nicht rein. Der Hauptteil der diesjährigen Gewinne wurde in der Technologie-Branche geschrieben. Der Nasdaq steht momentan mit 43% im Plus; einzelne Tech-Sektoren wie bspw. der SOX (The Philadelphia Semiconductor Index) konnten um mehr als 62% an Wert zulegen. Die Internet-Branche konnte sogar noch mehr aufholen. Amazon.com +215%, Drugstore.com +221%, Homestore +295% und Priceline.com +205%. Der manische Technologie-Anstieg der heutigen Zeit erinnert schon fast an den Technologie-Wahn von 1999.


Sind die heutigen Preise gerechtfertigt?
Haben sich die industriellen Bedingungen genug verbessert, um die derzeit vorherrschenden Bewertungen rechtfertigen zu können? Ist dies der Beginn eines neuen Technologie-Booms mit Parallelen zu den 1990ern? Der Technologie-Stratege Fred Hickey glaubt nicht daran. In seinem aktuellen Newsletter weist Fred auf einen sehr wichtigen Aspekt hin, der die Industrie quält: "Obsoleszenz" (Überalterung): "Das schmutzige kleine Geheimnis des Tech-Investings ist, dass praktisch niemand großartige Wachstumsaktien kaufen kann, um sie schließlich in der Schublade verschwinden lassen zu können. Es ist verstärkt ein Spiel des "Greater Fools" geworden ("Der Größere Dummkopf")." Die Technologie-Mistkübel sind vollgestopft mit bankrotten, obsoleten, fusionierten oder gescheiterten Stars von gestern. Erinnert sich jemand an Atari, Commodore International, Amdahl, Digital Equipment oder Data General?

Ich entschloss mich dazu, einen gründlichen Blick auf die Tech-Branche zu werfen. Die Suche grenzte ich mit dem SOX-Index ein, besonders den Internet-Höhenflieger Amazon.com im Visier. Was ich wissen wollte war, ob sich die Fundamentaldaten der Tech-Industrie verbessern oder ob dies eher ein temporärer Aufschwung aufgrund Kostenkürzungen ist. Ich wollte speziell erforschen, was mit dieser Industrie in den letzten fünf Jahren passiert ist. Für meine Untersuchungen habe ich die fünf größten Aktien in Hinsicht auf Kapitalisierung innerhalb des SOX herangezogen. Ich wollte herausfinden, ob sich die Bedingungen verbessert haben. Konnten sich der Absatz und die Margen verbessern, und noch wichtiger, was ist mit der Kennzahl Eigenkapitalrendite (ROE - Return on Equity) passiert, der beste Maßstab für die Performance des Managements? Und das hier folgend ist, was ich herausgefunden habe. Die der Untersuchung zugrundeliegenden Daten kamen aus dem Tabellenkalkulationsprogramm Bloombergs. Diese beinhalten die Finanzberichte der letzten fünf Jahre. Die Zahlen für das laufende Bilanzjahr wurden nicht berücksichtigt, welche sich für einige Unternehmen im Vergleich zum vorherigen stark verbessert haben. Am Ende dieses Berichts finden Sie eine separate Tabelle mit den Gewinnbilanzen.

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Gewinn-Margen weisen höhere Rückstellungen aus
Tabelle 1 zeigt die Gewinn-Margen der fünf am stärksten kapitalisierten SOX-Unternehmen. Diese konnten im Jahr 2000 allesamt den Höchststand ihrer Aktien verzeichnen. Zu der Zeit stiegen Rückstellungen schneller als Gewinne und Cash-Flows. In den darauffolgenden Jahren füllten sich die Bücher mit Wertberichtigungen und Abschreibungen. Wenn der Netto-Gewinn schneller als operativ erzieltes Cash steigt, ist die Differenz durch Rückstellungen verursacht worden. Dies ist genau der Bereich im Geschäftsbetrieb, der nicht durch Cash gedeckt ist (sein muss). Vielmehr stützt sich dieser auf Buchhaltungsrichtlinien und innerbetrieblichen Schätzungen. Wann immer die Bilanzseite mit den Rückstellungen schneller wächst als die Cash-Seite, nehmen Abschreibungen mehr und mehr zu. Die Bilanzierungsentscheidungen der Unternehmen sollten dem Investor suspekt vorkommen. Unternehmen, in deren Bilanzen das Muster steigender Rückstellungen im Verhältnis zum Cash dominiert, werden in der nicht allzu fernen Zukunft eher mit überwältigenden Abschreibungen zu kämpfen haben und es offensichtlich erscheinen lassen, dass die vorherige Buchführung zu aggressiv gewesen war.

Umsatz-Kennzahlen
Nachdem die Margenseite der Unternehmen durchleuchtet wurde, warf ich einen genaueren Blick auf die Umsatz-Kennziffern, um herauszubekommen, wie gut diese Betriebe das Anlagevermögen nutzten, um Erträge zu generieren. Der Lagerumschlag, der Lagerumschlag in Tagen, und der Netto-Kapitalumschlag des Anlagevermögens dienten zum Vergleich. Wie ich vermutet habe, kann der gleiche Trend auch bei der Nutzung des Betriebsvermögens beobachtet werden. Der Trend einer zunehmend schlechteren Nutzung von Vermögenswerten folgte somit dem Trend in den Gewinn-Margen. Die Zeit gestattete es mir leider nicht, mehr Umsatz-Kennzahlen zu erwähnen, wie zum Beispiel die Umschlagshäufigkeit des Netto-Umlaufvermögens. Ich kann Ihnen aber bestätigen, dass ein sich gleich verschlechternder Trend auch hier sichtbar war.

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Die Ertragskraft nimmt ab
Tabelle 3 zeigt den Schwund beim Ertragswert der examinierten Unternehmen, welcher durch die Gesamtkapitalrendite (ROA - Return on Assets) und der Eigenkapitalrendite (ROE - Return on Equity) ersichtlich wird. Diese zwei Kennzahlen sind in Bezug auf die langfristigen Wachstumsaussichten eines Unternehmens die wichtigsten. Sie beantworten uns die Frage, wie hoch die Leistungsfähigkeit eines Betriebes ist, sein organisches (innerbetriebliches) Wachstum beizubehalten und zu bekräftigen, ohne es durch Akquisitionen überzubezahlen. Eine nachhaltige Wachstumsrate zeichnet sich dadurch aus, wieviel ein Unternehmen mit seinem Eigenkapital verdienen kann und wie diese Gewinne rekapitalisiert werden.

Die Formel für nachhaltiges Wachstum sieht wie folgt aus:

Nachhaltige Wachstumsrate = Eigenkapitalrendite x (1 - Gewinnausschüttung)


Nimmt man nun die aktuelle Rentabilität der Unternehmen, so ist die nachhaltige Wachstumsrate die maximale Rate, zu der ein Betrieb ohne zusätzliche, externe Finanzierung wachsen kann. Investoren sollten misstrauisch werden, wenn Absatzwachstums-Prognosen der Analysten die nachhaltige Wachstumsrate überschrei(t)en. Deswegen ist die Eigenkapitalrendite alias ROE als so wichtig einzustufen. Diese Kennziffer deckt unbarmherzig auf, inwieweit das Management innerbetrieblich dazu imstande ist, die Verkaufserträge zu nutzen und wieviel davon für die eigentliche Unternehmung übrig bleibt, um die zukünftigen Gewinne anzukurbeln. Die Rentabilität ist in den letzten drei Jahren merklich gefallen, sowohl in Bezug auf das Eigenkapital als auch auf rekapitalisierte Gewinne.

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Heutzutage greifen Analysten auf Kennzahlen nach der Dupont-Methode zurück, um die Eigenkapitalrendite so zu zerlegen, dass besser verstanden werden kann, was genau die Einkünfte aus Kapitalvermögen verursacht.

Die Berechnung der Eigenkapitalrendite (ROE) kann wie folgt dargestellt werden:

ROE = Netto Gewinn-Marge (x) Kapitalumschlag (x) Gesamt-Fremdfinanzierung


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Obwohl die Dupont-Methode heutzutage viel an Popularität gewinnen konnte, um sich die Unternehmens-Rentabilität genauer anschauen zu können, bevorzuge ich lieber die "Erweiterte Dupont-Methode" ("Advanced Dupont Method"), welche die Performance des operativen Geschäfts noch deutlicher darstellt. Diese Methode isoliert die Auswirkungen von operativen und finanztechnischen Entscheidungen, um dem Investor ein besseres Verständnis davon zu geben, was auf der operativen Seite des Unternehmens so vor sich geht. Die Formel kann wie folgt auf einen Nenner gebracht werden:

ROE = RNOA + Gesamt-Fremdfinanzierung (Leverage) x Spread

Nach dieser Analysemethode kann die Rendite des operativ eingesetzten Kapitals (RNOA - Return on Operating Assets) - das Hauptgeschäftsfeld eines Unternehmens - von seinen finanziellen Netto-Verpflichtungen aus den Verbindlichkeiten und den bevorzugten Beständen ("preferred stocks") getrennt betrachtet werden. Desweiteren kann sich ein Investor die Netto-Kosten der Geldaufnahme (NBC - Net Borrowing Costs) zu Gemüte führen, um herauszufinden, ob das Unternehmen genug aus dem operativen Geschäft verdient, um seine Schuldverpflichtungen befriedigen zu können. Das Ausmaß, um welches die Eigenkapitalrendite ROE die Rendite des operativ verwendeten Kapitals (RNOA) übersteigt, ist einerseits von dem "Spread" (Spannweite/Differenz) zwischen dem RNOA und der NBC abhängig, andererseits aber auch von der Höhe der Fremdkapitalaufnahme ("amount of leverage"), welches das Unternehmen nutzt.

Die Vorteile dieses Ansatzes, der die Eigenkapitalrendite zerlegt, sind, dass die operativen Netto-Margen, welche das Unternehmen am Laufen halten, nicht wie beim klassischen Dupont-Modell mit Zinsaufwand oder bevorzugten Dividenden ("preferred dividends") verwässert werden.

Darüber hinaus sind die Auswirkungen der operativen Verbindlichkeiten bei beiden Ansätzen von Grund auf verschieden.

Investoren zahlen drauf
Wie Tabelle 4 nahelegt, brach die Rendite des operativ eingesetzten Kapitals (RNOA) in den letzten Jahren dramatisch ein. Im Falle von Motorola und Texas Instruments decken die operativ erzielten Erträge nicht mal die Netto-Kosten der Geldaufnahme (NBC). Darüberhinaus zahlen Investoren für diese Unternehmen drauf, wie in Tabelle 5 bei den Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV), den Zuwachsraten des KGV (ZKGV) und den Kurs-Ertrags-Verhältnissen (KEV) ablesbar ist.

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Die nächste Tabelle ermöglicht einen nach Quartalen heruntergebrochenen Vergleich der Jahre 2002 und 2003 in Hinsicht auf erzielte Erträge, welche sich zum Vorjahr verbessern konnten - jedoch nicht sehr viel. Gewiss auch nicht so viel, wie die Pro-Forma-Zahlen nahelegen, die breite Verwendung in Presseveröffentlichungen gefunden haben und zunehmend auch im Kabelfernsehen genannt werden. Wenn man die besten Quartalserträge dieses Jahres in die Zukunft extrapoliert, dann verkauft sich Applied Materials für 108 mal ihren Erträgen, Intel kostet 31 mal soviel wie ihre Erträge ausweisen, 50 mal soviel kostet Linear Technology, Motorola notiert derzeit bei einem Multiplikator von 55, und Texas Instruments bei einem Faktor von 71.

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Hohe Rentabilität hält nicht
Nach den Untersuchungen des SOX-Indexes ist es offensichtlich, dass die Technologie-Industrie eine zyklische Industrie ist, genau wie die Automobil-Industrie oder jedwede andere industrielle Branche, die von der Gesundheit der Wirtschaft abhängig ist. Daneben ist transparent geworden, dass die Technologie-Industrie eine gesättigte Industrie ist, die der Obsoleszenz, dem Wettbewerb, und den geringeren Einnahmen unterworfen ist - genau wie es bei allen anderen Industrien auch der Fall ist. Hoch rentable Industrien tendieren aufgrund von Wettbewerb dazu, im Laufe der Zeit wieder zum Durchschnitt zurückzukehren. Der Grund, dass Industrien, die einen hohen ROE aufweisen, im Zeitablauf mit ansehen müssen, dass ihre Einnahmen zunehmend wegschmelzen, ist, dass der Wettbewerb zu einem Entzerrer/Gleichmacher ("Equalizer") wird. Wenn sich ein Unternehmen einer hohen Eigenkapitalrendite erfreuen kann, dann zieht dies gleichzeitig die Aufmerksamkeit anderer Unternehmen an, welche fortan in dieselbe Branche ziehen. Die bereits existierenden und fest verwurzelten Firmen unterbieten die Produktpreise der neuen Firmen. Da alle Unternehmen branchenweit auf diese drohenden Wettbewerber mit eigenen Preiskürzungen reagieren, schwindet die Rentabilität, welche die Eigenkapitalrendite für die ganze Industrie nach unten korrigiert.

Genau dies geschieht momentan im Technologiemarkt. Doch im Gegensatz zu anderen Industrien, haben sich die Aktienpreise nicht den neuen Realitäten innerhalb der Industrie nach unten angepasst. Stattdessen bieten institutionelle Investoren und Momentum-Trader die Aktien dieser Unternehmen in die Höhe, ohne an eine sinnvolle Branchen-Due Diligence zu denken. Sie verhalten sich wie einst 1991, als wenn ein weiterer Technologie-Boom bereits unter uns wäre - aber in Wirklichkeit gibt es gar keinen. Die Stellung von Microsoft, monopolistische Betriebssysteme anzubieten, gerät durch Linux-Attacken mehr und mehr ins Wanken. Die Markführung von Intel in der MicroChip-Technologie wird vehement von AMD attackiert, dessen 64-Bit Hammer-Chip dem Pentium-"Dynastie"-Chip von Intel weit überlegen ist.

Es ist nicht nur, dass Intel und Microsoft mehr und mehr hartem Konkurrenzkampf ausgesetzt sind. Die Geschäftsmodelle beider Unternehmen überreifen bzw. sättigen sich selbst. Weder Microsoft noch Intel ist dazu imstande, ihr Hauptgeschäftsfeld mit weiterhin mehr als 40% durchschnittlich wachsen zu lassen. Wenn man allerdings deren heutige Marktpreise anschaut, verkaufen sie sich noch immer bei Ertrags-Multiplikatoren, die einst zu Beginn des Technologie-Booms zu verzeichnen waren. Es ist eine deutliche Abkoppelung zwischen den aktuellen Marktbewertungen für Technologie-Aktien und den zugrundeliegenden Fundamentaldaten der Industrie erkennbar. In den letzten drei Jahren hat sich das Absatzwachstum von Applied Materials nicht vom Fleck gerührt. Das Eigenkapital ("stockholders equity") von Intel ist seit den letzten drei Jahren flau, da das Unternehmen die erzielten Gewinne dazu benutzte, um eigene Aktien zurückzukaufen, um eine Verwässerung des Aktienkapitals durch Optionen zu verhindern. Die Bilanzen von Motorola sind schwer am bluten; während sich das Eigenkapital von Texas Instruments auf gleichem Niveau wie vor vier Jahren befindet. Und dennoch, es ist genau so wie es inmitten einer Blase sein sollte. Das ist genau der Punkt, an dem wir heute stehen. Das ist nichts weiter als eine flächendeckende Wiederholung der 1999er Manie. Wie dem auch sei, die heutigen Investoren - insbesondere Institutionen, die treuhänderisch das Geld anderer Leute verwalten und der Fürsorge verpflichtet sind - sollten es eigentlich besser wissen.

Die Blase bläht auch in der Internet-Branche
Wenn die Dinge schon in der Halbleiter-Industrie aus dem Gleichgewicht geraten sind, dann sind sie in der Internet-Branche noch viel mehr. Ein Blick auf Amazon.com und die Einzelhandelsbranche ist ein Paradebeispiel für die vorherrschende Absurdität. Amazon steht dieses Jahr mit 215% im Plus. Ein durchleuchtender Blick auf Amazon und deren naheliegendsten Wettbewerber ist ziemlich aufschlußreich. Die folgende Tabelle verdeutlicht diese Absurdität und zeigt wie lächerlich sich Investoren erneut verhalten.

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Amazon verliert weiterhin Geld; während seine Mitstreiter Gewinne erwirtschaften. Kann ein intelligenter Investor das Amazon-Franchise 12-15 mal so hoch bewerten wie seine nächste Konkurrenz? Es schwappt noch mehr ins absurde über, wenn man Amazon mit anderen "Ziegel- und Mörtel-Einzelhändlern" ("brick and mortar retailers") vergleicht. Costco setzte 42 Milliarden $ ab und erzielte einen Gewinn in Höhe von 721 Millionen $. Trotzdem zählt deren Marktkapitalisierung 8 Milliarden $ weniger als die von Amazon. Andere Handelsunternehmen mit weit größeren Absatzzahlen, besseren operativen Margen und Kapitalrenditen sind mit noch niedrigeren Marktkapitalisierungen bewertet. Ziehen Sie Compare Federated, May Company und Sears für einen Vergleich heran. Kann ein Unternehmen, das keinen Gewinn erwirtschaftet, wirklich 5-14 mal so wertvoll wie seine [profitable] Wettbewerber sein?

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Wohin man auch schaut - sei es der SOX-Index, die Internet-Branche oder der Nasdaq - ist ersichtlich, dass die Blase zurück ist ("the bubble is back"). Investoren begehen die gleichen Kardinalfehler wie jüngst 1999-2000. Die Medien trichtern uns ein, dass sie dieses mal smarter seien und ihre Lektionen aus der Geschichte gelernt hätten. Ach wirklich!? Was dieses mal passiert, ist meiner Meinung nach, dass sich Institutionelle den individuellen Investoren angeschlossen haben, Aktien spekulativer Firmen in die Höhe zu schrauben, um die eigene Performance zu verbessern. Wenn dieses Mal Schwierigkeiten ans Tageslicht kommen, dann ist die Lektion, die wir bereits aus der Geschichte gelernt haben, dass kein Investor mehr ausharren ("stick around") wird, wenn die ersten Zeichen von Problemen auftauchen. Das bedeutet, dass alle gleichzeitig in Richtung "Ausgang" stürmen. Dies wird eine Sehenswürdigkeit sein, die man sich unbedingt ansehen sollte. In der Zwischenzeit erzählen die Charts von Eric King auch eine Geschichte.

Fortsetzung Teil 2 folgt

Stox Dude
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Tazzel:

Hallo Stox, da hast Du Dir wieder einmal

 
18.12.03 13:11
unendlich Mühe gemacht.Danke dafür.
Ich habe diesen Artikel gespeichert, um ihn in Ruhe zu lesen und nicht in der Tageshektik.
Sicher wird es so geschehen, die Frage die bleibt: WANN rennen "alle" zum Ausgang ?Diese Entscheidung muß tunlichst wohl jeder für sich selbst treffen !
Im Board gibt es dazu ein reiches Spektrum an Meinungen.

Grüße  Tazzel
Stox Dude:

Wo ist das Fell der Schafe ( Teil 2 )

 
18.12.03 13:17
Wo ist das Fell der Schafe


2. Technische Rückschau

Applied Materials:Chart 1
Ich eröffne dieses Kapitel mit Applied Materials, aufgrund deren Anstieg bei den Lagerbeständen. Der folgende 10-Jahres-Chart mit wöchentlicher Kursfixierung zeigt, dass die aktuelle Aktien-Notierungen von AMAT (Applied Materials) in USD auf stärkeren Widerstand ("resistance") stoßen. Der 250-Wochen gleitende Durchschnitt (250-Tage-Linie SMA250) diente 1996 und während der Asien-Krise 1998 als Unterstützung ("support"). Die Kurse konnten Ende 2000 und Anfang 2001 ebenfalls über dieser Kurve halten. Die 250-Tage-Linie ist momentan zu einem starken Widerstand geworden, wie man an der rechten Seite des Charts sehen kann.

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Applied Materials: Chart 2
Der folgende 10-Jahres-Chart mit monatlicher Kursfeststellung zeigt den gleitenden Durchschnitt der Jahre 1996 und 1998 ebenfalls als Unterstützung. Diese gleitende Monatslinie unterstützte die Kurse auch Ende 2000 und Anfang 2001. Dieselbe Linie nimmt zur Zeit eine stark widerständige Rolle ein, wie man an der rechten Seite des Charts sehen kann. Daneben kann beobachtet werden, dass der Stochastik-Oszillator erst kürzlich zu einem "Verkaufssignal" übergesprungen ist, was möglicherweise auf ein Kurs-Hoch hinweist.

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Applied Materials: Chart 3
Der folgende AMAT-Chart (nach Quartalen) zeigt den 20-Quartals geglätteten Durchschnitt, der 1996, 1998, und sowohl Ende 2000 als auch Anfang 2001 als Unterstützung diente. Aktuell fungiert diese Linie als starker Widerstand. Beachten Sie die Differenz ("Spread") zwischen der blauen MACD-Linie und der roten Signallinie, welche sich nun immer mehr nähern, nachdem der Spread ziemlich groß war und die Aktie somit stark "überkauft" galt. [MACD = Moving Average Convergence/Divergence; dieser Indikator zeigt meistens zwei Linien, obwohl eigentlich drei Linien in die Kalkulation einfließen. Die schnellere, blaue Linie (MACD-Linie genannt) ist die Differenz zwischen zwei geglätteten gleitenden Durchschnitten auf Basis von Schlusskursen. Die langsamere, rote Linie (Signallinie genannt) ist hier ein geglätteter 9-Perioden-Durchschnitt der MACD-Linie. Ein Signal wird ausgelöst, wenn die schnellere MACD-Linie die langsamere Signallinie kreuzt.] Ich glaube, dass der MACD nun soweit ist, sich zu drehen und in Regionen des "Verkaufssignals" zu bleiben. Der RSI schwankt bei der 50er Skala und zeigte während der letzten Rallye keine bemerkenswerte Überzeugung, in eine bestimmte Richtung laufen zu wollen. [Bewegungen des Relative-Stärke-Indexes RSI über 70 werden als überverkauft angesehen, währendhingegen überverkaufte Marktsituationen bei Werten unter 30 vorherrschen. Aufgrund von Verschiebungen, die bei Bullen- und Bärenmärkten zu beobachten sind, wird das 80er Niveau bei Haussen gewöhnlich zum Überverkauft-Niveau und die 20er Linie zum Überverkauft-Niveau in Baisse-Zeiten.]

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Intel Corporation: Chart 1
Gehen wir nun über zu Intel (INTC), erkennen wir die 200-Wochen-Durchschnittslinie als starken Widerstand. Erst neulich prallte INTC ein weiteres Mal von dieser Linie ab.

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Intel Corporation: Chart 2
Die 50-Monate-Durchschnittslinie von INTC äußert sich seit Anfang 2001 als starker Widerstand und die Stochastik scheint aktuell ebenfalls ihr Hoch erreicht zu haben, möglicherweise auf ein Preis-Top hinweisend.

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Intel Corporation: Chart 3
INTC bekam auch mit der 20-Quartals-Durchschnittslinie Schwierigkeiten und die Stochastik sieht ebenfalls "gipfelnd" ("toppy") aus.

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Philadelphia Semiconductor Index (SOX)
Der folgende 5-Jahres-Chart mit monatlichen Notierungen des SOX-Indexes zeigt die monatlich gleitende Durchschnittslinie als Unterstützung Ende 1998 und auch 2000 und 2001. Ende 2002 begann diese Linie sich als starker Widerstand zu präsentieren und behält diese Position aktuell bei, wie man an der rechten Seite des Charts unweigerlich erkennen kann. Während dieser Rallye war der RSI alles andere als "erhebend" und die Stochastik deutet ebenfalls auf einen Höchststand hin.

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Bullen & Bären Stimmung ("Bull & Bear Sentiment")
Der folgende wöchentliche Stimmungs-Chart, welcher aus den Daten des Investors`s Intelligence abgeleitet ist, zeigt die unglaubliche Divergenz zwischen Börsenberatern, die à la Hausse (Bullen, "bulls") eingestellt sind und solchen, die zeitweise eher à la Baisse (Bären, "bears") Ratschläge erteilen. Charttechnisch gesehen wird dieser Rallye nicht nur im SOX-Index eine riesen große rote Flagge gezeigt, sondern auch allen anderen Börsen.

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Bullen minus Bären dividiert durch den S&P 500 Index
Der folgende wöchentliche Stimmungsbarometer zeigt den Markt jedes Mal (ab)stürzend, sobald die Divergenz zwischen "bullish vs. bearish"-eingestellten Beratern vollständig überdehnt war ["Das Gummi platzte"]. Zur Zeit gibt es viel mehr bullige Berater als bärige, die Differenz ist die größte des gesamten Bärenmarktes. Trotz dieser Tatsache stieg der Aktienmarkt weiter. Das Verhalten des Marktes und die Bullen/Bären-Zahlen erinnern an 1987, kurz dem Crash.

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Es sollte noch erwähnt werden, dass der neueste AAII Index 60,3% Bullen und nur 13,8% Bären zählt.

"Die öffentliche Präferenz für Aktien ist nicht nur so bezeichnend [oder "gezeichnet", "as marked as ever"] wie je zuvor, sondern auch der Wille zum Spekulieren ist immernoch ein spekulativer Faktor, den es nicht zu übersehen gilt. Die plötzliche Rückkehr großer Spekulation und die liberale Art und Weise wie Gewinne berechnet werden, indiziert, dass es sich als äußerst schwierig herausstellen dürfte, die Feuer des Börsen -Enthusiasmus für lange Zeit ersticken zu können..."

In einer Ausgabe vom Barron's, 24. März 1930.


Der Wahn ist [noch] am Leben und die Öffentlichkeit wird ein weiteres Mal in den Markt geblasen, genau wie es 1930 der Fall war. Dies signalisiert aller Wahrscheinlichkeit nach ein Top in dieser säkularen Bärenmarkt-Rallye. Es gab nichts aus der volkswirtschaftlichen oder Wert-Perspektive, das die Aktienmarkt-Rallye 1930 legitimiert hätte, und dieser Artikel demonstriert klar und deutlich, dass das Gleiche über die derzeitige Rallye an den Börsen gesagt werden kann.

"Watch out below!"





Stox Dude
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BeuleVonOst:

Quelle zu #1

 
18.12.03 14:32
www.goldseiten.de/ansichten/puplava-01.htm
Stox Dude:

korrekt, Jim Puplava & Eric King

 
18.12.03 14:42
haben diesen Artikel geschrieben.

www.FinancialSense.com

die englische Ausfuehrung

Stox Dude
Wo ist das Fell der Schafe ? (Teil 1) 1312113
jgfreeman:

Bull/Bear nur bis 1999 zurückblickend?

 
18.12.03 14:57
gerade am wechsel bzw ANFANG eines trendmarktes sind die marktteilnehmer natürlich bullish, denn der "rattenschwanz" der öffentlichkeit zieht erst später nach.

denke auch 1998/1999 waren die bullen klar vorne, und die rally lief noch bis ins jahr 2000 hinein.

die charts sind recht "zurechtgebogen", siehe durchschnitte und "sell" signal im intel-MACD (was soll das an dieser stelle?)

nunja, glück auf!


und egal, was in einem jahr passiert, JETZT zeigt der trend nach oben und JETZT macht man auf der long-seite geld, wie schon seit monaten.

dank STOPLOSS kann man noch früh genug die seite wechseln, risiko minimal.

grüße,

chart-me.de
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