Joop GmbH im Strudel von Wünsche [Links ins WWW] [Aktueller Aktienkurs]
Steuerbescheid über 36 Millionen Euro macht Verkauf nahezu unmöglich
Von Gisela Reiners
Hamburg - Die Mitarbeiter der Joop GmbH und die Lizenznehmer befürchten die Insolvenz der Modefirma. Von der Hand zu weisen ist die Befürchtung nicht, dass die vom Modeschöpfer Wolfgang Joop gegründete Firma in den Strudel ihrer Muttergesellschaft gerät. Die Joop GmbH gehört zu 100 Prozent dem Hamburger Textilkonzern Wünsche AG, der vor ein paar Tagen zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet hat. Wünsche hatte beim Kauf 1998 für das Modeunternehmen rund 77 Mio. Euro gezahlt, die BHF-Bank in Frankfurt gab fast 41 Mio. Euro Kredit und erhielt dafür die Pfandrechte. Nach dem ersten Insolvenzantrag für die Wünsche AG vor Weihnachten 2001 hatte die Handels- und Finanzholding MPC ein Sanierungskonzept entworfen, das neben einem Kapitalschnitt die Übernahme von zwei Handelshäusern vorsah sowie den Verkauf der beiden Modemarken, darunter die Joop GmbH.
Das Sanierungskonzept platzte, weil das Finanzamt der Wünsche AG als Holding Ende Februar einen Steuerbescheid über rund 36 Mio. Euro für die Joop GmbH zustellte. Die Steuerschuld sei entstanden durch eine "verdeckte Gewinnausschüttung" in den Jahren 1990/91, hieß es in einer Wünsche-Mitteilung. Damals gehörte die Joop GmbH noch zu 50 Prozent dem Kosmetikmanager Herbert Frommen und seiner Familie, zu 40 Prozent dem Designer Wolfgang Joop sowie dem Hamburger Wirtschaftsanwalt Philip Buse.
"Unsere Anwälte sind zu der Auffassung gekommen, dass es sich nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung gehandelt hat", sagte Joops Vertrauter Edwin Lemberg dieser Zeitung. Ob sich das Finanzamt dieser Auffassung anschließt, bleibt abzuwarten. Möglicherweise muss prozessiert werden. Unter anderem war diese Rechtsunsicherheit ein Grund für den Ausstieg der MPC-Holding aus dem Rettungsplan für Wünsche.
Je länger sich dieser Zustand hinzieht, desto schwieriger wird es für die BHF-Bank, die Joop GmbH zu verkaufen. Dem Vernehmen nach haben die Gebrüder Holy (Boss, Windsor) und der Luxusmarkenkonzern Egana-Goldpfeil aus Hongkong ihre Interessen gebündelt und treten gemeinsam als Kaufinteressent auf. Das Kaufgebot soll allerdings die geforderte Steuerschuld bereits unterschreiten. Die Joop GmbH ist 2001 tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Außenumsatz sank von 266 auf 230 Mio. Euro, die Lizenzeinnahme von rund 22 auf 20,5 Mio. Euro. "Die Marke birgt aber ein großes Potenzial und könnte 2002 schwarze Zahlen schreiben", sagt ein Branchenkenner. "Es müssen nur die Steuerfrage geklärt und ein paar Entscheidungen getroffen werden. Mit dem Damoklesschwert Steuer über sich will aber niemand die Joop GmbH übernehmen."
Am besten wäre nach Ansicht des Insiders die Stellung von Sicherheiten durch die Altgesellschafter. Dann könne die GmbH verkauft und nötigenfalls ein Prozess um die Steuerschuld geführt werden. Strenge das Finanzamt einen Prozess an, müsse Wünsche möglicherweise in Vorlage für die Joop GmbH treten. Da sie keine Mittel habe, müsste die BHF-Bank einspringen. Sei diese nicht bereit, bliebe der Gang zum Insolvenzgericht mit der Zerfledderung der GmbH in ihre Einzelteile als Folge. Das wiederum würde auch den Modeschöpfer treffen, denn der prozessiert noch mit der Joop GmbH um die von ihm als Unrecht empfundene Kündigung seines Designervertrags. Dabei geht es um rund fünf Mio. Euro. Nun hoffen rund 100 GmbH-Mitarbeiter ebenso wie knapp 20 Lizenznehmer darauf, dass es der Bank gelinget, bald eine tragfähige Lösung zu finden. "Sonst nehmen Image und Marke noch mehr Schaden."