seit langem
München (dpa) - Die Allianz schreckt angesichts immenser Verluste nicht vor radikalen Schritten bei ihrer Tochter Dresdner Bank zurück. Jede Gesellschaft müsse eine angemessene Rendite erreichen, sagte der scheidende Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle der Wochenzeitung «Die Zeit». «Wer diesen Nachweis auf Dauer schuldig bleibt, stellt sich selbst in Frage.» Da die Kapitalmärkte derzeit so schwierig seien, brauche die Dresdner Bank Zeit, um ihre Probleme zu lösen. «Schafft sie das nicht, stehen alle Optionen offen.» Damit ist nach Einschätzung von Branchenkennern auch ein Verkauf der Dresdner Bank kein Tabu mehr.
Allein in den ersten neun Monaten 2002 hatte die Dresdner Bank einen Verlust von zwei Milliarden Euro zum Konzern-Ergebnis beigesteuert. Belastet durch diesen Effekt, die Börsenschwäche und die Hochwasserkatastrophe rutschte der Allianz-Konzern in den ersten drei Quartalen tief in die roten Zahlen und erzielte mit einem Verlust von 924 Millionen Euro das schlechteste Ergebnis seit langem. Diese Entwicklung konnte offenbar auch das vierte Quartal nicht mehr auffangen. «Klar ist, dass 2002 kein gutes Jahr für uns war», sagte Schulte-Noelle. Auf der Hauptversammlung werde er den Aktionären das voraussichtlich schlechteste Ergebnis der Allianz seit längerer Zeit präsentieren. Die Zahlen für das vierte Quartal gibt die Allianz Mitte März bekannt.
Schulte-Noelle wechselt nach der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat. Sein Nachfolger an der Konzernspitze wird Michael Diekmann. Schulte-Noelle hatte seinen überraschenden Rücktritt mit seiner persönlichen Lebensplanung begründet. Allerdings war wegen der Probleme bei der Dresdner Bank auch er in die Kritik geraten.
Um die Dresdner Bank in die schwarzen Zahlen zu führen, hatte die Allianz dem Kreditinstitut einen strikten Sparkurs verordnet. Bis Ende 2003 sollen jährlich zwei Milliarden Euro Kosten gekappt werden. Dazu soll auch der Abbau von 11 000 Arbeitsplätzen beitragen. Zu weiteren Stellenstreichungen äußerte sich Schulte-Noelle nicht. «Ich kann nur diese Zahl bestätigen.»
Besonders stark macht dem größten deutschen Versicherungskonzern wegen des großen Beteiligungsbesitzes auch die Börsenkrise zu schaffen. In den vergangenen Monaten war die Aktienquote bei der Allianz bereits auf rund 17 Prozent gesunken. Diese Entwicklung wird sich nach Worten von Schulte-Noelle fortsetzen. «Die Tendenz unserer Aktienquote geht ganz klar nach unten.» Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten und im Irak hatte auch die Allianz-Aktie in den vergangenen Monaten stark unter Druck gesetzt. Am Montag war die Aktie auf den tiefsten Stand seit 1989 gestürzt. Nach einer Erholung am Dienstag gaben die Aktien am Mittwoch wieder um zeitweise mehr als 2,5 Prozent auf 65,74 Euro nach.