Bei Windkraftfonds wird mit zu wenig Luft kalkuliert
Prognostizierte Kosten liegen deutlich unter den Erfahrungswerten - Sicherheitsabschläge beim Ertrag oft zu gering
Düsseldorf - Zahlreiche Windkraftfonds bleiben bei den Ausschüttungen hinter den Prognosen zurück. Ein Initiator sah sich schon veranlasst, die Anteile zurückzunehmen. Es ist offensichtlich: In der Vergangenheit wurden die Anleger mit viel zu optimistischen Vorraussagen über das Windaufkommen und die Erträge geködert. Und offenbar haben längst nicht alle Initiatoren aus ihren Fehlern gelernt. Denn die geschlossenen Windkraftfonds, die derzeit angeboten werden, setzen die Betriebskosten viel geringer an, als dies nach den Erfahrungen mit laufenden Anlagen nötig wäre. Dies ist das Ergebnis eine Untersuchung von acht aktuellen Angeboten durch das Hamburger Analysehaus Fondsmedia. Vor allem die Aufwendungen für Reparaturen und Wartung werden demnach von den Anbietern der Fonds nicht in hinreichendem Umfang berücksichtigt.
Der Bundesverband Windenergie empfiehlt, die laufenden Betriebskosten der Windkraftanlagen mit 4,8 Prozent der Anschaffungskosten oder 0,51 Euro pro Kilowattstunde anzusetzen. Aus der Multiplikation der geplanten Strommenge, die die Anlage nach den Prognosen erzeugen soll, ergeben sich die Betriebskosten. Fondsmedia ermittelte: Nur zwei der geprüften acht Fonds liegen im Bereich dieser Erfahrungswerte; zwei andere lagen sogar mehr als ein Drittel unter dieser Vorgabe.
Ausgeglichen werden könnte dieses Manko durch entsprechende Sicherheitsabschläge bei den prognostizierten Erträgen. Der Bundesverband Windenergie rät den Initiatoren zu Sicherheitsabschlägen bei den Winderträgen von insgesamt 15 Prozent - zehn Prozent für ein möglicherweise geringer als erwartet ausfallendes Windaufkommen und fünf Prozent für Zeiten fehlender Verfügbarkeit der Anlagen, Eigenverbrauch und Leitungsverluste. Wie berechtigt gerade der Abschlag für fehlenden Wind ist, haben gerade zwei schlechte Windjahre in Folge gezeigt. Aber viele Anbieter ignorieren auch diese Empfehlung des Verbandes, stellte Fondsmedia nun fest.
Werden die empirisch ermittelten Betriebskosten zu Grunde gelegt und der Sicherheitsabschlag berücksichtigt, bleiben die Ausschüttungen laut Fondsmedia deutlich hinter den Prognosen zurück. Im Extremfall sinken die Ausschüttungen bis 2022 von prognostizierten 241 auf 133 Prozent. Darin steckt wohlgemerkt auch die Rückzahlung des Kapitals.
Immerhin: Die Tilgungsleistungen könnten laut Fondsmedia in jedem Fall geleistet werden, auch wenn die Betriebskosten realistisch veranschlagt und die empfohlenen Sicherheitsabschläge berücksichtigt würden. Die Existenz der mit viel Fremdkapital arbeitenden Fonds ist demnach also nicht gefährdet.
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Fondsmedia kam auch Analyst Stefan Loipfinger bei einer ähnlichen Untersuchung vor einigen Monaten. Die Renditen sanken demnach bei realistischen Annahmen auf zwei bis drei Prozent jährlich. "Viel zu wenig, wenn man berücksichtigt, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mit spekulativem Charakter handelt", meint Loipfinger. Nicht berücksichtigt sind bei beiden Berechnungen allerdings die Steuervorteile für die Anleger.
Artikel erschienen am 23. Aug 2003