von Stock-World
Der noch vergleichsweise junge Fonds Henderson Pan European Equity (WKN: 982670) gehörte im Jahr 2002 zu den Top 10 der Aktienfonds mit Anlageschwerpunkt Europa. Stock-World traf den Fondsmanager Tim Stevenson zu einem Gespräch über seine Strategie und die Börsenaussichten.
Stock-World: Herr Stevenson, Henderson ist bekannt für sein hauseigenes Top-Down Research und eine Orientierung der Investments an Konjunkturzyklen. An welcher Stelle befinden sich die europäischen Staaten Ihrer Meinung nach momentan im Konjunkturzyklus?
Tim Stevenson: Wir haben Abwärtsphase und Bodenbildung in der Wirtschaftstätigkeit hinter uns gelassen. Der Aufschwung hat begonnen.
Stock-World: Dann können sich die Anleger Hoffnung auf ein gutes Börsenjahr machen?
Tim Stevenson: Wir glauben, dass die wichtigen Börsenindizes in 2003 mit einem kleinen Plus abschließen werden. Man sollte sich aber nicht auf mehr als fünf bis zehn Prozent einstellen. Für den europäischen Raum stimmt uns neben dem Konjunkturzyklus positiv, dass die Aktien im Durchschnitt klar unterhalb ihrer fairen Werte notieren.
Stock-World: Sehen Sie auch negative Aspekte?
Tim Stevenson: Es besteht unserer Meinung nach das grundlegende Problem, dass die Volkswirtschaften der westlichen Welt sehr weit entwickelt sind und in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht mehr stark wachsen werden. Die Zuwachsraten beim Brutto-Inlands-Produkt in Europa dürften sich zwischen 1,5 und 2,5 Prozent bewegen. Damit lässt sich leben, aber große Kurssprünge sind unter dieser Voraussetzung eher die Ausnahme als die Regel.
Stock-World: Und wie reagieren Sie als Manager eines Aktienfonds darauf?
Tim Stevenson: Das Marktumfeld kommt der Investmentphilosophie von Henderson entgegen. In unserem Haus wird zunächst Top-Down analysiert, wie sich Wirtschaft und Branchen entwickeln. Anschließend suchen wir aus den lukrativsten Branchen die aussichtsreichsten Aktien heraus. Wir richten uns nach unserem selbstentwickelten Modell und nicht nach Vergleichsindizes. Wir sind Stock-Picker und halten diesen Ansatz für am besten geeignet, um in dem schwierigen Umfeld überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Unsere Maxime lautet, gute Aktien zu einem guten Preis zu kaufen.
Stock-World: Nach welcher Methode ermitteln Sie die guten Unternehmen?
Tim Stevenson: Es sind hauptsächlich fundamentale Aspekte. Die Finanzkennzahlen müssen natürlich stimmen, Geschäftsmodell und Management überzeugen. Daneben spielen grundsätzliche Gedanken über die möglichen Outperformer der kommenden Jahre eine Rolle bei der Titelselektion.
Stock-World: Was heißt das?
Tim Stevenson: Wir machen uns Gedanken über die Themen der Zukunft, die bestimmen, in welchen Bereichen es weiterhin hohes Wachstum geben kann. Ein wichtiges Thema ist zum Beispiel Outsourcing. Capita, eines der Unternehmen in unserem Portfolio, ist mit dem Aufbau des Verkehrsgebührensystems in London beauftragt worden. Immer mehr Aufgaben, die früher Kommunen übernommen haben, gehen heute und in Zukunft an die Privatwirtschaft. Andere wichtige Themen sind Technologie, Restrukturierung und die sich ändernde Altersverteilung in der Bevölkerung. Aus den interessanten Titeln der verschiedenen Bereiche stellen wir ein auf 40 bis 60 Werte fokussiertes Portfolio zusammen. Darin befinden sich dann Unternehmen mit guten Wachstumsperspektiven zu einem günstigen Preis.
Stock-World: Viele Fondsmanager begeben sich auf die Suche nach guten und günstigen Aktien. Viele scheitern dabei aber auch und schneiden nicht besser als der Gesamtmarkt ab. Wieso glauben Sie, dass der Henderson Pan European Equity erfolgreicher sein sollte?
Tim Stevenson: Wir halten Trotz und Geduld für zwei wesentliche Erfolgsfaktoren. Wenn man gute Aktien gekauft hat, muss man den Papieren eine gewisse Zeit geben bis die Rechnung aufgeht. Wenn sich doch kein Erfolg einstellt, wird irgendwann die Konsequenz gezogen und verkauft.
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Stock-World: Können Sie die Gedankengänge hinter den Entscheidungen an einigen Beispielen erläutern?
Tim Stevenson: Ein Beispiel für ein tolles Unternehmen ist L'Oréal. Der Kosmetikkonzern verfügt über ein ausgezeichnetes Management, die Erfolgsbilanz des Konzerns ist beeindruckend und das Wachstum nachhaltig. Das Wachstum liegt um die 13 Prozent, das KGV um die 25. Das PEG-Ratio von 2 ist wegen des stabilen Wachstums gerechtfertigt. L'Oreal ist deshalb für mich ein Kaufkandidat. Wenn ich dazu SAP vergleiche, komme ich auf ein PEG-Ratio von 4 und wüsste nicht, weshalb ich so viel zahlen sollte, obwohl SAP eine gute Firma ist. Ein Beispiel für eine deutlich unterbewertete Aktie, von der wir uns dennoch trennen ist Fraport. Trotz der Unterbewertung sind wir ausgestiegen, weil wir vom Management nicht voll überzeugt sind. Die Probleme werden nicht schnell genug gelöst und der Markt reagiert deshalb auch nicht auf die Unterbewertung.
Stock-World: Und wann bleiben Sie trotzig?
Tim Stevenson: Bei Fresenius sind wir hartnäckig geblieben. Im letzten Jahr stiegen wir zu früh in den Wert ein. Die Aktie fiel und fiel, wir sind bei der Überprüfung der Daten aber zu dem Schluss gekommen, nicht zu verkaufen. Wir kauften sogar mehrfach nach. Die Geduld hat sich inzwischen ausgezahlt, die Aktie ist wieder deutlich gestiegen und hat weiteres Potenzial. Es gibt keine festen Regeln für die Kauf- und Verkaufsdisziplin, hier spielt die Erfahrung eine wichtige Rolle - und die hat Henderson. Dass wir diesen Ansatz erfolgreich umsetzen, belegt am besten die Performance. Der Henderson Pan European Equity hat seit Auflegung im November 2001 den Vergleichsindex deutlich geschlagen. Der ebenfalls von mir gemanagte Henderson Eurotrust Performance - ein Fonds für institutionelle Anleger - hat mit dem gleichen Investmentansatz auch mittel- und langfristig seine Benchmark übertroffen.
Infos
Fondsgesellschaft: Henderson
WKN: 982670
Auflegung: November 2001
Fondsvolumen: 146 Millionen Euro
Ausgabeaufschlag: 5 Prozent
Jährliche Gebühr: 1,20 Prozent
Einmalanlage: 2500 Euro
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