Donnerstag, 31. März 2005
Ein Szenario, dass Ihnen viel Geld bringen kann ...
von Jochen Steffens
Das ging ja schnell und heftig. Kaum angekündigt, schon kam der
Reversal Day. Das lag natürlich auch an den erwartungsgemäß
gestiegenen Rohölvorräten in den USA, die um 5,4 Mio. Barrel gewachsen
sind. Da war es auch wenig von Bedeutung, dass die Benzinvorräte
erneut um 2,9 Mio. Barrel schrumpften und die Heizölvorräte um
1,1 Mio. Barrel zurückgegangen sind. Der Ölpreis rutschte trotz
seltsamer Äußerungen der Opec in den Keller, die Märkte ihrerseits
schossen daraufhin in den Himmel.
Der uns übrigens hier in Köln schönstes Frühlingswetter verschafft.
Doch auch wenn ich durch die gestrigen Kursgewinne und die
Sonnenstrahlen zu leichter Euphorie verleitet bin, kann ich nicht
umhin, auch auf die Schattenseiten hinzuweisen:
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, passend zur Jahreszeit. Was
wir gestern gesehen haben, ist natürlich ein möglicher "Umkehrpunkt",
man kann auch darauf traden. Doch genauso kann es sich dabei lediglich
um eine kleine Bullentäuschung handeln, die uns weiter in den Keller
schickt. Sie wissen, die Börse geht gerne den Weg des größten
Schmerzes.
Ich habe heute morgen unzählige Charts analysiert, und kam zu einem
sehr uneinheitlichen Bild. Viele Charts haben durchaus noch Potenzial
nach unten, das heißt, sie haben ihre Korrekturziele noch nicht
abgearbeitet. Gut, das müssen sie auch nicht, doch immer wenn solche
Konstellationen zu finden sind, sollten Sie vorsichtig sein.
Wundern Sie sich also einerseits nicht, wenn es noch zu einem weiteren
Rutsch nach unten kommt, einfach, um wirklich auch den letzten Bullen
zu demoralisieren. Gehen Sie jedoch andererseits nicht davon aus, dass
es zu diesem Rutsch kommt. Es heißt nicht umsonst: "Trade what you
see" (Trade was Du siehst) Und zu sehen ist, dass der Markt nun zu
einer Gegenbewegung ansetzt.
Ein mögliches Szenario
Mir sei ein Blick in die nahe Zukunft gegönnt, denn ich habe wieder
einmal ein ganz besonderes Szenario vor Augen, dass höchst lukrativ
sein kann:
Wenn ich mir den Dow und den S&P anschaue, drängt es sich geradezu
auf. Falls es jetzt zu einem stärkeren Anstieg kommt, dann bilden sich
überdeutlich große Umkehrformationen in den beiden Indizes aus, und
zwar in Form einer großen Schulter-Kopf-Schulter-Formationen (SKS).
Die linke Schulter und der Kopf sind bereits fertig. Ein erneuter
Anstieg würde nun die rechte Schulter ausbilden.
Wie ich jedoch vor kurzem schon geschrieben hatte, stimmen hier aber
die Umsätze nicht. Sowohl im Hoch der linken Schulter und in dem
höheren Hoch des Kopfes sind die Umsätze geringer, während sie zu den
Tiefs hin eher ansteigen. Also genau umgekehrt, wie es sein sollte.
Die Hochs sollte von hohen Umsätzen begleitet sein, weil hier große
Adressen ihre Positionen in die Kaufeuphorie der Kleinen
hineinverkaufen. In unserem Fall sieht es hingegen so aus, als sammeln
die großen Adressen in den Tiefs Aktien auf. Mit anderen Worten: Es
ist keine SKS!
Nur die wenigsten Investoren achten bei der Chartanalyse auf die
Umsätze. Was ungefähr damit vergleichbar ist, mit einem Auto durch die
Kölner Innenstadt zu fahren und sich dabei zwar an die übrigen
Verkehrszeichen zu halten, ohne jedoch die Ampeln zu beachten. Das
kann zu vielen Unfällen führen, muss aber nicht.
Oft genug war in der Vergangenheit zu beobachten: Wenn sich solch
augenfälligen Umkehrformationen bilden, dann werden diese gerne dazu
benutzt, einen großen Teil dieser Marktteilnehmer aus dem Markt zu
drücken. Und genau aus diesem Grund kann ich mir vorstellen, dass die
Märkte nun zu einer Erholung ansetzten werden, die im Dow bis zur
10900 Punkte Marke geht und im S&P die 1218 Punkte Marke erreicht, um
dann wieder auf die jetzigen Tiefs runterzuknallen - und ich
verspreche Ihnen, überall wird dann von diesen großen
Umkehrformationen zu lesen/hören sein.
Dann werden diese Tiefs nach unten gebrochen, damit die Nackenlinie,
die entscheidende Signallinie der SKS, nach unten aufgelöst wird. Die
Investoren springen aus dem Markt, wie einst im August letzten Jahres,
als die Seitwärtsbewegung nach unten aufgelöst wurde (Sie erinnern
sich vielleicht, auch damals hatte ich dieses Szenario vorhergesehen
und aus den gleichen Gründen (zu offensichtlich) gefolgert, dass eine
große Rallye folgen wird - und damit war ich zu diesem Zeitpunkt
ziemlich der einzige auf weiter Flur ...).
Diese SKS wäre wieder einmal hervorragend für ein ähnliches Spielchen
geeignet. Auch zeitlich passt alles prima. Immerhin braucht die rechte
Schulter ca. drei Monate, um sich auszubilden, sofern Sie es
regelkonform macht. Das bedeutet Anfang/Mitte Mai ein Hoch bei 10900
Punkte im Dow. Dann hören Sie überall: "Sell in May and go away!". Die
typisch zyklischen Verkäufe setzten ein und drücken den Markt bis in
den Juni in die Knie. Dann wird die Nackenlinie in den umsatzschwachen
Sommermonaten nach unten gebrochen und, welch Wunder, im August
startet die Rallye, mit der kaum einer rechnet, die sich dann bis in
den November hinein fortsetzt.
Die Börse wäre damit wieder den Weg des größten Schmerzes gegangen und
hätte wieder den großen Teil der Investoren in die schiere
Verzweiflung getrieben.
Nun, das ist natürlich ein theoretisches Szenario, es kann auch alles
andere passieren. Zu viele Einflussfaktoren bestimmen das Wohl und
Leid der Börsen, die einfach nicht vorhersehbar sind - denkbar ist
auch, dass die Börsen nun noch einmal tiefer rutschen, ebenso, dass
sie direkt die letzten Hochs nach oben brechen. Sollten sich die
Märkte jedoch bis Juni derart entwickeln, sollten Sie sich an dieses
Szenario erinnern. Denn Sie als Leser des Investor's Daily könnten
dann wieder einmal zu den wenigen gehören, die wie im August letzten
Jahres kaufen, wenn alle anderen panikartig verkaufen ...